Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen – und welche nicht

Lesezeit: 4 Min.

Zwei fantastische Hauptdarstellerinnen, geführt von einem Regie-Altmeister: Julianne Moore (links) und Tilda Swinton in Pedro Almodóvars "The Room Next Door". (Foto: Warner)

Eine Statue erzählt vom Kolonialismus, Kida Khodr Ramadan wird Feminist, und über allem schwebt Pedro Almodóvar. Die Filmstarts der Woche in Kürze.

Von Philipp Stadelmaier, Sofia Glasl, Gerhard Matzig, Annett Scheffel, Fritz Göttler, Jakob Biazza, Philipp Bovermann, Josef Grübl

Dahomey

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Philipp Stadelmaier: In ihrem Filmessay dokumentiert Mati Diop die Restitution von sechsundzwanzig während der Kolonialzeit geraubten Kunstobjekten aus Frankreich nach Benin. Dabei lässt sie auch eine Statue zu Wort kommen, gesprochen vom haitianischen Schriftsteller Makenzy Orcel. Der Berlinale-Gewinnerfilm 2024 untersucht eine historische Wunde, die sich nicht ganz schließen lässt.

E.1027 - Eileen Gray und das Haus am Meer

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Gerhard Matzig: Es ist ein schräger Krimi der Moderne: Eine nahezu unbekannte Architektin, Eileen Gray, baut sich ein tolles Haus am Meer – und der Gottvater der Moderne, Le Corbusier, bemalt das Haus in ihrer Abwesenheit. Als würde er es markieren wie ein Hund sein Revier. Dabei ist er nackt. Außerdem lässt er sich fotografieren in triumphaler Pose. Das ist der perfekte Plot für den Film von Beatrice Minger und Christoph Schaub, der Krimi, Liebesgeschichte, Epochenporträ t und Architekturkritik in einem ist. Und der Star ist ein Haus. Wunderbar.

Haltlos

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Sofia Glasl: Martha ist schwanger und weiß nicht, was sie will – das Kind zur Adoption freigeben oder doch alleine erziehen? Ihr Umfeld hat dafür umso mehr Meinungen: Sie soll gleichzeitig Freundin, Geliebte, Tochter und Mutter sein und eine Karriere haben. Schicht um Schicht tragen Regisseur Kida Khodr Ramadan und Hauptdarstellerin Lilith Stangenberg all die widersprüchlichen Erwartungen ab, die von außen auf Frauen hereinprasseln und sie an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifeln lassen.

Hypnose

Philipp Bovermann: Eine junge Frau will mit dem Rauchen aufhören und lässt sich zu diesem Zweck hypnotisieren. Am Ende raucht sie immer noch, dafür liegt ihr Leben weitgehend in Schutt und Asche, denn die Hypnose hat etwas Fremdes, Irritierendes zutage befördert: sie selbst, abzüglich aller Hemmungen. So bestreitet sie, munter dereguliert, einen Business-Workshop mit ihrem irritierten Lebensgefährten, die beiden wollten dort Investoren von ihrer Idee einer App überzeugen. Ein Hauch „Toni Erdmann“ weht durch diese schwarze Komödie, man hätte Ernst De Geer allerdings eventuell hypnotisieren sollen – denn in diesem eigentlich tollen Film muss noch wilderer, wirklich befreiender Spaß verborgen sein.

Münter & Kandinsky

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Annett Scheffel: Das von Marcus O. Rosenmüller inszenierte Biopic über das berühmte Künstlerpaar gibt Einblicke in eine komplizierte, leidenschaftliche und zerstörerische Beziehung. Rosenmüller tut gut daran, erstens die lange unterschätzte Münter in den Mittelpunkt zu stellen und zweitens auf allzu viel Pathos zu verzichten. Sosehr er aber versucht, mit dynamischer Kamera und Farbeffekten einen eigenen Erzählfluss zu finden für das, was er erzählen will, die Entwicklung eines neuen, bahnbrechenden Kunststils und den Kampf gegen die Konventionen des beginnenden 20. Jahrhunderts – es bleibt alles doch zu brav und holzschnittartig.

Tandem – In welcher Sprache träumst Du?

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Fritz Göttler: Fanny aus Straßburg und Lena aus Leipzig, per Schüleraustausch kommen sie sich näher. „Langue étrangère“ heißt der zweisprachige Film ganz einfach in Frankreich, und mit schöner emotionaler Einfachheit schildert Claire Burger den Übergang von einer spröden Freundschaft in eine zaghafte Liebe. Politik ist in diesem Coming-of-Age-Film immer im Spiel: Mauerfall, Rassismus und Neonazis, Klimawandel und die Antifa. Gegen die Einsamkeit werden, auf fast natürliche Weise, ersehnte Familien erfunden. Auch die Mütter leiden bis zur Paranoia, Nina Hoss und Chiara Mastroianni.

Road Diary: Bruce Springsteen and the E Street Band

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Jakob Biazza: Für zwei Dinge, sagt Bruce Springsteen, seien Proben da: um die Spinnweben wegzufegen, die sich über eine inaktive Band legen – und um die Setlist zu entwickeln, die Songauswahl und Reihenfolge für die Tour also. Letzteres ist die Geschichte, die Thom Zimny in seiner Doku erzählen will. Vermutlich. Eine klassische Dramaturgie (Problem, Weg, Lösung/Scheitern) gibt es nämlich nicht, stattdessen: viele, lange Schlaglichter. Von ebenjenen Proben. Von Konzerten. Dazu Backstage-Szenen und Interviews mit der E-Street-Band. Einen richtigen Film ergibt das nicht. Aber dafür hat die Musik viel Platz und das dürfte – gerade für Fans – ja entscheidend sein.

The Room Next Door

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Philipp Bovermann: Unfassbare 17 Minuten lang wurde der neue Film von Pedro Almodóvar bei den Filmfestspielen von Venedig beklatscht, dann gewann er auch noch den Goldenen Löwen. Dem Applaus kann man sich nur anschließen: Tilda Swinton spielt eine an Krebs im Endstadium erkrankte Autorin, Julianne Moore eine alte Freundin, die ihr dabei hilft, so würdevoll aus dem Leben zu scheiden, wie die Kranke das möchte. Sehr geschickt ruft der Film außerdem eine zweite Deutungsebene auf – auf der geht es um die durch Kräfte des Hasses und des Wahns bedrohte, des Kämpfens müde Gegenwart. Wenn Sterbehilfe, dann bitte so: mit zwei fantastischen Hauptdarstellerinnen, einem Regie-Altmeister, der sich ständig weiterentwickelt, und einem zum Zerbrechen schönen Soundtrack von Alberto Iglesias.

Venom: The Last Dance

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Fritz Göttler: Ein bizarrer Buddy-Film – mit Tom Hardy als Reporter Eddie Brock, der zum dritten Mal das symbiotische Wesen Venom in seinem Körper beherbergt. Mit seinem Eigenleben sorgt es für derbe Dialoge und formt Eddie gelegentlich mit rasanter Tricktechnik in ein zähnefletschendes Alien-Wesen um. Der zweite Venom-Film war extrem düster und depressiv, dieser mutet an wie ein von Steven Spielberg inszenierter Familienausflug. Eddie/Venom werden gejagt von einer fiesen, dunklen Existenz, die auf die Auslöschung des Universums sinnt, und vom US-Militär, das gerade seine ominöse Area 51 schließen muss. Zuvor gibt es noch mal High Life in Las Vegas, wo Venom sich als flotter Tänzer erweist. Es ist die erste Regiearbeit von Kelly Marcel, die die Drehbücher schrieb zu „Saving Mr. Banks“, dem ersten „Shades of Grey“-Film und den beiden ersten „Venoms“-Teilen.

Woodwalkers

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Josef Grübl: Die einen werden zum stolzen Puma, andere zum Kaninchen oder Stinktier: Es geht nicht immer gerecht zu unter den Gestaltwandler-Kindern einer magischen Schule. Die erfolgreiche Jugendbuchreihe von Katja Brandis soll im Kino ebenfalls zum Hit werden, Damian John Harper hat den ersten Teil einer geplanten Trilogie inszeniert. Das Ergebnis kann zwar mit schönen Naturaufnahmen, echten Tieren und Stars wie Martina Gedeck oder Oliver Masucci aufwarten, kommt aber recht holprig und ungelenk daher.

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