Kino:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Jake Kasdan verpasst dem Actionwirbel "Jumanji 2" emotionalen Tiefgang und Grit Lemke vermittelt in "Gundermann Revier" das Lebensgefühl einer Generation, die weder in der DDR noch in der BRD zum Zuge kam.

Aus der SZ-Redaktion

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All I Never Wanted

"All I Never Wanted"
Regisseurinnen LIVE zu Gast im Cineplex Erding

Quelle: oh

Die beiden Dokumentarfilmerinnen Leonie Stade und Annika Blendl spielen sich selbst, wie sie zwei Dokumentarfilme gleichzeitig drehen. Denn, so die erstaunlich geistesschlichte Idee: Man könne in einem Dokumentarfilm tiefere Wahrheiten zeigen, wenn man sie so ähnlich selbst erlebt hat - und dann einfach inszeniert. Weil Blendl auch als Schauspielerin arbeitet und Stade früher gemodelt hat, geht es in den fiktiven Dokus um eine Schauspielerin und ein Fotomodel. Beide kämpfen, reichlich hölzern erzählt, mit Sexismus. Eigentlich ein wichtiges Thema. Vielleicht sollte darüber mal jemand einen Dokumentarfilm drehen.

Philipp Bovermann

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Alva

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Quelle: Steppenwolf

Ico Costa folgt in seinem Spielfilm einem Mann, der im Norden Portugals allein mit seinen Tieren in den Bergen lebt, ein Verbrechen begeht, sich in den Wäldern versteckt und noch einsamer wird. Bilder sagen mehr als tausend Worte, aber manchmal, wie hier, sagen sie auch einfach nichts. Ein Film, der weniger etwas zeigt, als dass er zeigt, dass er zeigt. Traurig, wortkarg, nasskalt.

Philipp Stadelmaier

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Aquarela

Aquarela

Quelle: Neue Visionen

Ein Film über das Wasser und seine Aggregatzustände - klingt doch irgendwie nett, oder? Nach einer Feier der bedrohten Natur, wie sie das Kino immer wieder gerne ausrichtet. Tatsächlich ist Victor Kossakovskys Doku ungefähr so nett wie die Offenbarung des Johannes. Das Wasser ist hier ein zum Fürchten schöner Hauptdarsteller, sein Porträt ein unmittelbar körperliches Erlebnis mit einem Adrenalinausstoß wie beim Blockbusterkino. Man kann die Bilder von abbrechenden Eisbergen in Wohnblockgröße, von Monsterwellen und einem verheerenden Hurrikan als Warnung vor den Folgen des Klimawandels sehen. Oder sich der elementaren Erfahrung auf der Leinwand einfach aussetzen.

Martina Knoben

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Black Christmas

Black Christmas Film

Quelle: Universal Pictures; Aleyse Shannon/Universal Pictures France

Am verschneiten Hawthorne-College herrscht kurz vor Weihnachten Diversity-Horror: Der alte weiße Prof will im Literaturkurs nur alte weiße Männer durchnehmen, der Unigründer steht unter Rassismusverdacht, die Studentinnen singen in kurzen Santa-Röckchen gegen Rape Culture an. Und dann taucht auch noch ein maskierter Killer auf. Sophia Takal inszeniert diese Geschichte mit großer Lust an der Splattersubversion, ohne die Befriedigung der Genregelüste zu vernachlässigen.

David Steinitz

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Gundermann Revier

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Quelle: Barnsteiner Film/Grit Lemke

Sozialist, singender Baggerfahrer, Stasispitzel: Der Kohlearbeiter Gundermann sang sich in den Achtzigern mit seinen poetisch-hellsichtigen Versen in die Herzen der DDR-Bevölkerung, Andreas Dresen setzte ihm mit seinem Spielfilm "Gundermann" letztes Jahr ein Denkmal. Grit Lemke fängt das Phänomen "Gundi" in ihrem Dokumentarfilm auf persönliche Weise ein, spickt es mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen, Archivmaterial und Interviews und vermittelt das Lebensgefühl jener laut Gundermann "übersprungenen Generation", die weder in der DDR noch in der BRD zum Zuge kam.

Anna Steinbauer

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Jumanji 2: The Next Level

Kinostart - 'Jumanji: The next level'

Quelle: dpa

Wüste, Dschungel, Eishänge. Willkommen zurück im Videogame Jumanji. Das Ding ist inzwischen defekt, aber die Jungs und Girls können einfach nicht die Finger davon lassen, schon sind sie wieder eingesaugt vom Spiel. Das Who's Who mit den Interferenzen von jugendlichen (und auch nicht ganz so jugendlichen) Spielern und ihren Spielfiguren - darunter Jack Black, Dwayne Johnson, Karen Gillan - ist noch mal einen Grad verrückter geschraubt. Die Identitäten purzeln. Opa Danny DeVito, wacklig auf den Beinen nach einer Hüftoperation, wird fit und flink. Jake Kasdan verpasst dem Actionwirbel emotionalen Tiefgang, in der Wüste klingt es nach "Lawrence von Arabien". Und man lernt eine Menge, zum Beispiel, dass Strauße in Rudeln daherkommen.

Fritz Göttler

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The Kindness of Strangers

Kinostart - 'The Kindness of Strangers'

Quelle: dpa

Clara schleicht sich nachts aus dem Ehebett, packt ihre beiden Kinder ins Auto und flieht heimlich aus der Provinz nach New York. Dort schlägt sich die mittellose Mutter trickreich durch und wird von einem Netz hilfreicher Menschen aufgefangen. Elegant verbindet die dänische Regisseurin Lone Scherfig verschiedene Geschichten, in einem Sozialdrama mit märchenhaften Elementen.

Anke Sterneborg

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Der kleine Rabe Socke - Suche nach dem verlorenen Schatz

´Der kleine Rabe Socke 3": Kinderspaß rund um schwarzen Vogel

Quelle: dpa

Der freche Rabe Socke sorgt mal wieder für Chaos. In seinem dritten Kinoabenteuer fällt er in die Torte fürs Waldfest. Außerdem will Socke auf Schatzsuche gehen und König werden. Dabei bekommen er und seine Begleiter es mit einigen Hindernissen zu tun. Doch auf Sockes Übermut ist stets Verlass, auf die liebevolle Animation von Verena Fels und Sandor Jesse auch. Und Freundschaft zählt am Ende mehr als Gold.

Ana Maria Michel

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Madame

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Quelle: Salzgeber & Co. Medien/ Stephane Riethauser

Zwei Widerständler, aus zwei Generationen. Caroline, die Madame aus dem Titel, läuft in der Hochzeitsnacht aus dem Schlafzimmer, verbringt die Nacht auf einer Bank im Park. Die Familie, und auch die Gesellschaft der Stadt Genf, hat kein Verständnis dafür. Klavierunterricht wird ihr verweigert, auch das Lesen, sonst, schlussfolgert der Vater, hat sie keinen Sinn mehr für den Haushalt. Caroline malt, spielt Theater, hat Erfolg mit einem Korsettunternehmen. Ein halbes Jahrhundert später sieht sie dann ihren Enkel kämpfen, den Filmemacher Stephane Riethauser. Als der, vom Vater strikt erzogen nach den Regeln des starken Geschlechts, merkt, dass er eine "Schwuchtel" ist. In seinem Film spiegelt er den Kampf der Großmutter mit seinem eigenen. Der Film ist diskret, aber deutlich, er zeigt, wie es sein soll: die Liebe als eine Eruption, wie Lava.

Fritz Göttler

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Motherless Brooklyn

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Quelle: Verleih

New York war in den Fünfzigern eine andere Stadt, eine Metropole der Arbeiter und Jazzkneipen. Wie das moderne New York daraus wurde, erzählt Edward Norton in einem Krimi über die Ursprünge der Gentrifizierung. Der Detektiv Lionel Essrog, den er selbst spielt, trauert um seinen Chef und Freund, in seiner Einsamkeit beginnt er, den Mord an ihm aufzuklären. Alle Spuren führen in das Umfeld eines mächtigen Baureferenten. Nortons Film noir ist wie ein Jazzstück, aufregend und komplex.

Susan Vahabzadeh

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Supervized

Supervized

Quelle: Kinostar

Vor nicht so langer Zeit waren Superheldenfilme für Comicfans. Dann kamen die Hollywoodstudios und machten Effektspektakel für den Weltmarkt daraus. Auf die Anfänge des Genres bezieht sich Steve Barron, der von alternden Superhelden in einer irischen Seniorenresidenz erzählt. Ein Wiedersehen mit Tom Berenger, Beau Bridges und Louis Gossett Jr. Diese Herren waren Helden, vor gar nicht so langer Zeit.

Josef Grübl

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Die Wache

Kinostart - 'Die Wache'

Quelle: dpa

Quentin Dupieux gehört zu einem neuen Autorentypus, der sich weniger der realen Welt zuwendet als Fantasiereichen. Die Kulisse dieses komischen, absurden Kammerspiels ist eine aus der Zeit gefallene Polizeiwache, auf der ein Kommissar einen Mordverdächtigen verhört. Kann auch als Kritik an französischer Polizeigewalt gelesen werden. Anschauen!

Philipp Stadelmaier

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Wild Rose

Kinostart - 'Wild Rose'

Quelle: dpa

"Drei Akkorde und die Wahrheit", hat Country-Legende Harlan Howard das Genre einst in Worte gefasst. Die draufgängerische Sängerin Rose-Lynn trägt sie als Tattoo auf dem Arm. Dabei ist der Sehnsuchtsort Nashville weit entfernt von ihrem Leben: im tristen Glasgow, gerade aus dem Gefängnis entlassen, als Singlemutter zweier Kinder. Zwischen Sozialdrama und Musikfilm erzählt Tom Harper vom großen Traum einer vom Alltag gebeutelten Frau. Fesselnd ist das wegen Hauptdarstellerin Jessie Buckley, die Honky-Tonk-Balladen genauso viel Wahrhaftigkeit verleiht wie Kneipenprügeleien.

Annett Scheffel

© SZ.de/luch
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