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Kino:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Actionhelden, die in der Wüste miteinander herumkumpeln: das muss der neue Star-Wars-Film sein. Überzeugend ist dagegen "The Farewell", in dem eine Familie die Oma belügt.

Aus der SZ-Redaktion

Cunningham

Als er zum ersten Mal in Paris mit seiner Truppe auftrat, schmissen die Pariser, damals ohne Sinn für Avantgarde, mit Tomaten. Erst später, in den Sechzigern, wandte sich das Blatt, Merce Cunningham wurde der vielleicht wichtigste Schöpfer des modernen Tanzes. Alla Kovgan macht in ihrem Film, in 3D gedreht, die diskrete Ironie der Moderne erfahrbar, die all die Körper der Tänzer im Raum bestimmt, ihre Präsenz: Wir interpretieren nichts, wir zeigen etwas, wir tun etwas... Merce Cunningham, der sich und die anderen in Bewegung bringt - John Cage, Robert Rauschenberg, Andy Warhol haben begeistert mit ihm gearbeitet -, selbst über seinen Tod hinaus, 2009, im Alter von neunzig Jahren.

The Farewell

Die Oma in China ist sterbenskrank, aber niemand will ihr die Wahrheit sagen. Man sterbe nicht am Krebs, heißt es in China, man sterbe an der Angst. Um die Oma noch einmal zu sehen, reisen ihre Kinder und Enkel aus Japan und den USA an, den Vorwand liefert eine Fake-Hochzeit. Lulu Wangs Film begeistert durch seine Lebendigkeit, durch die Genauigkeit und Zuneigung, mit der er die Figuren ansieht. In der Matriarchin Nai Nai porträtiert Wang liebevoll das alte China, ihre Gegenspielerin ist Enkelin Billi (gespielt von der Rapperin Awkwafina), die in New York aufwuchs und in China eine fremdgewordene Heimat wiedersieht. Ein toller Familienfilm: melancholisch, dabei wunderbar leicht und immer wieder komisch.

Einsam zweisam

Cédric Klapischs unterhaltsame Romanze funktioniert trotz Tinder und Co. nostalgisch analog: Die beiden Thirtysomethings Rémy und Mélanie wohnen eigentlich Wand an Wand, gehen beide zum Psychotherapeuten, fühlen sich einsam und kaufen im selben Laden ein. Trotzdem kennen sie sich nicht - und das ändert sich auch erst in den letzten Minuten des Films. Unterdessen begleitet man die beiden Großstadtneurotiker dabei, wie sie ihre Egos auf Vordermann bringen, damit es auch endlich mit der großen Liebe klappt.

The Peanut-Butter Falcon

Exzentrisch und überschäumend vor Lebenslust ist diese verschrobene Buddy Comedy von Tyler Nilson und Michael Schwartz. Eine Mark Twainsche Floßfahrt und Wrestling im Sumpfland North Carolinas, das ergibt einen der liebenswürdigsten Filme des Jahres. Der Hauptdarsteller Zack Gottsagen ist eine Entdeckung und lässt wünschen, dass Schauspieler mit Behinderungen zur Normalität werden. Denn der Film lebt von seiner unverkrampften Performance und dem entwaffnenden Zusammenspiel mit Co-Star Shia LaBeouf. Hollywoods einstiger Satansbraten scheint obendrein eine Demut gefunden zu haben, die ihm den authentischsten Auftritt seiner Karriere entlockt.

Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers

Es geht immer wieder in die Wüste zurück in den "Star Wars"-Geschichten, seit der Lucas-Ära, die Einsamkeit der Wüste ist der Vorhof zur Leere des Weltraums. Hier werden Beziehungen durchgespielt und variiert, unbekannte Verwandtschaften verkündet, manche überhaupt nicht ungewollt, traditionelle Verpflichtungen übernommen. Solche mystischen Momente sind auch das Spannendste im der neuen Episode von J. J.Abrams. Oscar Isaac und John Boyega sind die vollkommenen Actiongenre-Kumpel, selbst beim finsteren Adam Driver blitzt Kumpelhaftes auf, und Daisy Ridley schlägt sich tapfer mit einem konsequenten Gesichtsausdruck zwischen Begriffsstutzigkeit und Trotz.

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