"Picknick mit Bären" im Kino:Im Wanderwahn

Picknick mit Bären, Robert Redford und Nick Nolte

Verwittert, verlebt: Robert Redford (links) und Nick Nolte.

(Foto: Alamode Film)

Robert Redford will nicht wahrhaben, dass er alt ist. Nick Nolte ruht in seinem Moppel-Ich. Die Komödie "Picknick mit Bären" besticht darin, wie sich die beiden Akteure selbst darstellen.

Von Susan Vahabzadeh

Was sagt man auf einer Beerdigung zur Witwe des Verstorbenen? Schwierige Frage; klar ist aber: "Es ist ein Vergnügen, hier zu sein" kommt nicht gut an. Der Satz rutscht Bryson (Robert Redford) heraus, dem es zutiefst missfällt, dass ihn neuerdings alle behandeln, als sei sein Leben bald zu Ende. Abends überrascht er dann seine Frau (Emma Thompson) mit einem Campingausflug in den Garten - er baut ein altes Zelt auf und kündigt an, auf eine ganz große Wandertour zu gehen. Sie erklärt ihn für verrückt, und er schleudert ihr entgegen: Du glaubst, ich würde das nur machen, weil ich denke, ich wäre alt! Nein, sagt sie ganz ruhig, du bist alt.

Darum geht es in "Picknick mit Bären" von Ken Kwapis: Wie einer, den man tatsächlich nicht mehr richtig jung nennen kann (Redford wird nächstes Jahr achtzig), mit den Grenzen hadert, die ihm das Alter setzt, einen kurzen Kampf gegen die Zeit führt - und sich dann, sogar einigermaßen zufrieden, geschlagen gibt.

Die Figuren sind Nebensache

Bryson muss, das verlangt die Gattin, einen Freund mitnehmen auf den Appalachian Trail, der mehr als 2000 Meilen lang ist und quer durch die USA führt. Weil alle ihn für bekloppt halten, muss er letztlich mit seinem altem Kumpel Katz losziehen, mit dem er sich eigentlich schon vor dreißig Jahren zerstritten hat. Mit den Figuren aus Bill Brysons Buch, das hier als Vorlage diente, haben die beiden übrigens wenig gemein - "A Walk in the Woods" ist halb Öko-Monolog und halt Reisebericht, geschrieben hat er es mit Mitte vierzig, das Thema Alter spielt da eine untergeordnete Rolle.

Im Film ist vor allem wichtig, wer die beiden spielt, Redford und Nick Nolte, der eine drahtig verwittert, der andere, wie soll man es nennen? Vielleicht am besten: verlebt. Das ist ganz schön, wie Nolte, einst "sexiest man alive", hier in seinem Moppel-Ich ruht, statt mit seinen knackenden Knien zu hadern, als ob Altern eine Krankheit wäre. Er schnauft vielleicht beim Laufen - aber, hey! Er ist noch da, und er lässt sich nicht den Spaß verderben.

Und so laufen sie dann los, was manchmal lustig ist, aber nicht zum Schreien komisch; sie verkrachen sich, vertragen sich,erholen sich in Motels am Wegesrand und laufen sich die Füße wund, bis sie sich schließlich an den Gedanken gewöhnt haben, dass sie die verheißungsvollen Berge noch weiter nördlich auf dem Appalachian Trail nicht sehen werden. Was in ihrem Fall heißt: nicht beim nächsten Mal, sondern nie.

Bitter, wenn manche Dinge einfach nicht mehr möglich sind

Sie richten sich in der Endlichkeit ein; und da ist dann Katz im Vorteil, der viel besser weiß, dass manche Dinge keine Frage der Disziplin sind. Man muss ja nicht siebzig oder achtzig sein, um nachzuvollziehen, dass es ein bisschen bitter schmeckt, wenn manche Dinge - einfach nicht mehr möglich sind.

"Picknick mit Bären" war mal, vor fünfzehn Jahren, ein Großprojekt und wurde nun als kleiner Film gedreht. Redford wollte daraus ein drittes Buddy-Movie mit Paul Newman machen, noch einmal die legendäre Paarung aus "Butch Cassidy und Sundance Kid" und "Der Clou" auf eine gemeinsame Reise schicken. Aber Newman wurde krank, bevor etwas daraus wurde, die Dreharbeiten erschienen ihm zu strapaziös - es wurde ja tatsächlich einiges auf dem Appalachian Trail gedreht, und auf dem herrscht Fahrverbot, was auch für alternde Superstars bedeutet, dass sie zu Fuß zur Arbeit müssen.

Die ökologischen Exkurse, die den Umweltaktivisten Redford sicher dazu bewogen haben, die Rechte an diesem Buch zu kaufen, kommen nun gar nicht mehr vor. Vielleicht wäre damals ein besserer Film draus geworden, witziger und weiser - auf jeden Fall wäre er ganz anders gewesen.

In ihren Rucksäcken haben sie ihre ganzen Karrieren

Trotzdem ist "Picknick mit Bären" vergnüglich, auf eine Art, die nicht im Drehbuch steht: Als dürfe man zwei Stunden lang Mäuschen sein, während zwei ältere Herren ächzend vor sich hin wandern, die eben nicht Katz und Bryson heißen, sondern Nick Nolte und Robert Redford. Und in ihren Rucksäcken haben sie ihre ganzen Karrieren. Diese beiden Figuren, die sie spielen - der Film-Bryson ist emeritierter Professor, der Loser Katz hat es nicht einmal zu einem Beruf gebracht, in dem er scheitern konnte - verschwinden irgendwie im Hintergrund. Sie reden über Frauen und übers Trinken und darüber, was es heißt, etwas geschafft zu haben, und es wirkt zumindest so, als klängen diese Gespräche ohne Drehbuch ungefähr genauso.

Ken Kwapis hätte mit dieser Idee, dass es eigentlich mehr um die Schauspieler als um die Charaktere geht, vielleicht ein bisschen spielen können - einmal beispielsweise sitzen die beiden auf einem Felsvorsprung fest und blicken in die Tiefe, das ist schon sehr nah dran an der berühmtesten Szene aus "Butch Cassidy und Sundance Kid" von 1969 ; und man erwartet geradezu, dass Redford irgendetwas sagt, was leise daran gemahnt, "Ich kann nicht schwimmen" vielleicht oder etwas in der Art.

Andererseits, und das ist auch in Ordnung, hatte er wohl einfach keine Lust, in der Vergangenheit zu wühlen, als wäre die ganze Gegenwart schon aufgebraucht.

A Walk in the Woods, USA 2015 - Regie: Ken Kwapis. Drehbuch: Bill Holderman, Rick Kerb. Kamera: John Bailey. Mit: Robert Redford, Nick Nolte, Emma Thompson, Mary Steenburgen. Verleih: Alamode, 104 Minuten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: