Kino:Ihr Schöpfer nennt die Minions "liebenswerte Idioten"

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Zwei Minions feiern in London das Erscheinen des neuen Films. (Foto: Getty Images for Universal Pictu)

Erfunden hat Pierre Coffin die "Minions" zufällig. Dabei mutet die Lebensgeschichte des französischen Trickfilmzeichners fast so chaotisch und weitschweifig an wie die seiner Geschöpfe.

Von Titus Arnu

Sie sehen aus wie die Plastikhüllen von Überraschungseiern und heißen Kevin, Stuart und Bob. Oft tragen sie blaue Latzhosen und Taucherbrillen, wuseln betriebsam durch die Gegend und brabbeln dabei wirres Zeug, das in etwa so klingt, als hätte jemand Helium inhaliert und würde dann auf dilettantische Weise Esperanto sprechen. Die kapselförmigen Kleinlebewesen können extrem nerven, gelten aber wegen ihrer naiven Trotteligkeit und ihres unerschütterlichen Lakaientums auch als Sympathieträger.

Eigentlich hatte sich der französische Trickfilmzeichner Pierre Coffin seine Minions nur als dekorative Nebendarsteller für den Superschurken Gru ausgedacht, die Hauptfigur im Animationsfilm "Ich, einfach unverbesserlich" (2008). Doch die gelben Gnome machten sich irgendwie selbständig, schwärmten aus - und waren bald populärer als die Hauptfigur. Nun erscheint schon der dritte Kinofilm der Reihe, es gibt Nebenprodukte mit den Minions, Computerspiele, Apps, Bücher und Minion-Attraktionen in Themenparks in Los Angeles und Japan. Die Typen haben mehr als 35 Millionen Fans bei Facebook, sie haben die Unterhaltungsindustrie auf subversive Art unterwandert, und schuld an allem ist Coffin.

Pierre Coffin (Foto: AFP)

Geplant hatte der Franzose den Siegeszug der hyperaktiven Wichte nicht unbedingt, es war eher Zufall. Coffin und sein Kollege Eric Guillon skizzierten bei der Arbeit für "Ich, einfach unverbesserlich" simple Ovale mit Stummelbeinen und Glotzaugen - die Minions waren geboren. Ein Volltreffer. Das komödiantische Potenzial der Eierkopffüßler liegt in ihren begrenzten geistigen Fähigkeiten, denn sie sind bei Weitem nicht so clever und böse, wie sie selbst sein wollen. "Liebenswerte Idioten", nennt Coffin seine Gelblinge deshalb. Aber warum gibt es zu den kleinen gelben Männchen keine kleinen gelben Frauchen? "Als ich merkte, wie dumm sie sind, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass Minions Mädchen sein sollen", sagte Coffin einmal, womit er sich bei der weiblichen Hälfte seines Millionen-Publikums auf geschickte Weise beliebt machte.

Coffin, 50, hat eine Lebensgeschichte, die fast so chaotisch und weitschweifig anmutet wie die seiner Geschöpfe. Anders als die Minions, die sich aus Einzellern zu gemeinen Gehilfen entwickelten, hat er eine kreative Vorbildung. Coffin wurde 1967 als Sohn eines französischen Diplomaten und einer indonesischen Schriftstellerin geboren. Als Kind lebte er in Kambodscha und Japan, bevor die Familie in den 1970er-Jahren in einen Vorort von Paris zog. Coffins Vater wünscht sich bis heute, sein Sohn hätte "etwas Vernünftiges" gelernt, irgendetwas, das nicht mit diesen gelben Nervensägen zu tun hat. Aber vernünftig war Coffins Ausbildung ganz bestimmt. Er studierte Filmwissenschaften an der Pariser Sorbonne, besuchte die Animationsschule Gobelins und arbeitete anschließend für Steven Spielbergs Animationsstudio Amblimation in Großbritannien, unter anderem für den Film "Vier Dinos in New York". Zwischendurch bastelte er Computeranimationen fürs französische Fernsehen. Mittlerweile ist er nicht mehr nur Zeichner, sondern auch Regisseur der Minions-Filme. Einige Charaktere spricht er selbst, auch in der deutschen Version, zum Beispiel Stuart.

Obwohl die kleinen gelben Männchen seit zehn Jahren jeden Tag präsent sind im Leben Coffins, gehen sie ihm nach eigener Aussage noch nicht auf die Nerven. Seine beiden Kinder, eine 13-jährige Tochter und ein zehnjähriger Sohn, tauchen nicht in seinen Filmen auf, auch nicht verfremdet in Kapselform. Aber sie beraten ihn, wenn Coffin nicht sicher ist, worüber Kinder lachen. Er selbst findet sich am ehesten in Stuart wieder, dem einäugigen Minion mit dem stets gekämmten Haar: "Er ist oft mürrisch und sarkastisch, wie ich." Oder, wie es Stuart selbst ausdrücken würde: "Yoba ladi lo badi!"

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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