Die Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

"Shoplifters" ist ein wunderbarer und politischer Film über selbst gewählte Bindungen. Und "Killing God - Liebe deinen Nächsten" changiert zwischen Slapstick und Endzeitgrübelei.

Von den SZ-Kinokritikern

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Drei Gesichter

Kinostart - 'Drei Gesichter'

Quelle: dpa

Ein Mädchen schickt das Video ihres scheinbaren Selbstmords an die Schauspielerin Behnaz Jafari. Diese bricht daraufhin mit Jafar Panahi in die iranischen Berge auf, um herauszufinden, was geschehen ist. Erneut dreht der noch immer unter Berufsverbot stehende Regisseur Panahi mit einfachsten Mitteln einen Film, in dem sich Sozialrealismus, Witz und Reflexion über das Kinoerzählen wie selbstverständlich verbinden. Respekt vor der Tradition und Sehnsucht nach (westlicher?) Freiheit zeigt er gleichermaßen. 100 vordergründig unspektakuläre Minuten Film, die heller leuchten als manche überfrachtete Millionenproduktion.

Juliane Liebert

2 / 8

Der Junge muss an die frische Luft

Der Junge muss an die frische Luft

Quelle: Warner Bros.

Das Komische ist bekanntlich eine ernste Sache, davon erzählt Hape Kerkeling in seiner Autobiografie. Oscar-Preisträgerin Caroline Link hat das Buch ganz wunderbar verfilmt, komisch und traurig, in Wirtschaftswunderfarben. Liebevoll malt sie die Atmosphäre im Ruhrpott der Sechziger- und Siebzigerjahren aus und das Nest einer Großfamilie mit gleich zwei tollen Großmüttern. Darin das selbstbewusste Pummelchen Hans-Peter (Hape), der ein Talent hat, andere Menschen zum Lachen zu bringen. Das braucht er auch, als seine Mutter depressiv wird: Er singt und tanzt und blödelt um ihr Leben.

Martina Knoben

3 / 8

Killing God - Liebe deinen Nächsten

Killing God - Liebe deinen Nächsten

Quelle: Festival Films

Gott ist nicht tot in dieser schwarzen Komödie - aber vielleicht kann man ihn ja ermorden. Am Silvesterabend taucht ein Landstreicher bei einer spanischen Familie auf, verkündet, dass er Gott sei und die Menschheit bei Sonnenaufgang auslöschen werde. Bis dahin zwingt er alle zu dem düsteren Silvesterspiel, die zwei einzigen Überlebenden auszuwählen. Da Gott nicht unverwundbar zu sein scheint, favorisieren sie bald eine brutalere Lösung. Das Debüt von Caye Casas und Albert Pintó changiert - manchmal etwas zäh - zwischen Slapstick und Endzeitgrübelei, versöhnt aber durch die Hoffnungslosigkeit seines Finales.

Kathleen Hildebrand

4 / 8

Der kleine Drache Kokosnuss

Kinostart - 'Der kleine Drache Kokosnuss - Auf in den Dschungel'

Quelle: dpa

Zum ersten Mal fahren Feuer- und Fressdrachen zusammen in die Ferien. Für den Feuerdrachen Kokosnuss und den Fressdrachen Oskar ist klar: Ihre Freundin, Stachelschwein Matilda, muss mit. Als sie eine andere Drachenart treffen, verhält sich Oskar plötzlich komisch. Kindgerecht erklärt Anthony Power, was hinter seinem Problem mit den Fremden steckt. Doch nicht erst, als über dem Feriencamp die Feuerdrachen-Fahne weht, fragt man sich, ob der Animationsfilm selbst richtig begriffen hat, was er vermitteln will.

Ana Maria Michel

5 / 8

The Last Movie

The Last Movie

Quelle: kinofreund eG 2018

Nach dem Erfolg von "Easy Rider" verschwand Dennis Hopper erst einmal nach Peru, für einen Film über das Filmemachen. Mit dabei hatte er coole Freunde wie Peter Fonda und Kris Kristofferson. Das Werk floppte in einer Handvoll Kinos in Amerika, fast 50 Jahre später bekommt es nun noch einen Kinostart. Es geht um Frauen und Rauschzustände und die Dreharbeiten an einem Western, während denen zunehmend die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verwischen. Dazwischen gibt es zum Verschnaufen Postkartenmotive aus den Anden.

Nicolas Freund

6 / 8

Mary Shelley

Kinostart - 'Mary Shelley'

Quelle: dpa

Eine zu Filmbeginn erst 16-jährige Schriftstellerin, die gleich mit ihrem Erstlingsroman "Frankenstein" in die Literaturgeschichte eingehen wird, gespielt von Elle Fanning. Dazu ein romantischer Dichter als Lover und Ehemann, freie Liebe und Dekadenz unter Poeten, Umsturz und große Ideen - Mary Shelleys Jugendjahre sind ein wilder Filmstoff. Haifaa Al Mansour wirft einen eher konservativen feministischen Blick darauf - und sieht vor allem eine Leidensgeschichte.

Tobias Kniebe

7 / 8

Shoplifters - Familienbande

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Quelle: AP

Im diesjährigen Goldenen-Palmen-Gewinner erzählt Hirokazu Kore-eda von einer Gruppe von Armen, die in einem Suburb von Tokio lebt und sich durch Ladendiebstähle ernährt. Sie leben als Familie, ohne eine zu sein - ihre Mitglieder werden "adoptiert". Ein wunderbarer (und politischer) Film über die Schönheit selbst gewählter Bindungen ohne Blutsbande, die noch bis in ihre unvermeidliche Auflösung hineinragt.

Philipp Stadelmaier

8 / 8

Sibel

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Quelle: Arsenal Filmverleih

Mit dem Gewehr über der Schulter streift Sibel durch die Wälder, wie eine schöne, wilde Amazone auf der Jagd nach dem Wolf, der die Gegend in Angst versetzt. Sie kann sich nur mit der für ihre Heimatregion typischen Pfeifsprache verständigen, das macht sie zur Außenseiterin im türkischen Bergdorf, eröffnet ihr aber auch Freiräume. In der Landschaft der Schwarzmeerküste entfacht das türkisch-französische Filmemacherpaar Cagla Zencirci und Guillaume Giovanetti das Feuer einer Selbstermächtigung, gegen die restriktiven Traditionen der Türkei.

Anke Sterneborg

© SZ vom 27.12.2018/cag
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