Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

Lars Eidinger und Bjarne Mädel versuchen in "25 km/h" auf knatternden Mofas ihrer Midlife-Crisis zu entkommen. Und Bruno Ganz gibt in "Der Trafikant" einen altersmilden Sigmund Freud.

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25 km/h

Kinostart - '25 km/h'

Quelle: dpa

Was geschieht, wenn sich zwei Brüder (Lars Eidinger und Bjarne Mädel), zerstritten, tief in der Midlife-Crisis, auf ihre unbekümmerte Kindheit besinnen? Sie besteigen nach viel Alkohol unrasiert, ungekämmt und mit rot unterlaufenen Augen ihre alten Mofas, die seit Jahrzehnten in der Scheune des verstorbenen Vaters herumstehen. Und fahren in dieser Tragikomödie von Markus Goller mit 25 km/h vom Schwarzwald bis zur Ostsee. Auf dem Weg begegnen sie guten und bösen Geistern - vor allem aber ihren eigenen.

Ekaterina Kel

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An den Rändern der Welt

An den Rändern der Welt

Quelle: Markus Mauthe; imFilm

Es sei gut, dass seine Stammesgenossen jetzt Arbeit auf der Zuckerrohrplantage fänden, sagt ein Mursi-Häuptling in die Kamera - und schaut dann furchtbar traurig rüber in die äthiopische Steppe. Ein Filmteam hat den Fotografen und Aktivisten Markus Mauthe auf seiner Reise zu einigen der letzten indigenen Gemeinschaften der Erde begleitet. Alle passen sich langsam an die Zivilisation an, hadern mit Globalisierung und Klimawandel. Manche wehren sich. Zu einem Indiostamm im Urwald des Amazonas gelangt das Team nicht: Die Enawenê-Nawê fordern eine horrende Maut für die Straße durch ihr Reservat.

Kathleen Hildebrand

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Bohemian Rhapsody

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Quelle: dpa

Dieser Spielfilm über Freddie Mercury und seine Band Queen hat schon in der Vorproduktion viele Drehbuchautoren-Nerven verschlissen, weil die überlebenden echten Bandmitglieder wohl nicht ganz unkompliziert bei der Umsetzung ihrer Biografie fürs Kino waren. Und dann floh auch noch der Regisseur Bryan Singer mitten in den Dreharbeiten vom Set und tauchte nicht mehr auf. Aber wie Hauptdarsteller Rami Malek sich in Freddie Mercury verwandelt, ist ein gespenstisch gutes Erlebnis.

David Steinitz

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The Cakemaker

The Cakemaker

Quelle: Karma Films

In Berlin hat der deutsche Café-Inhaber Thomas eine Affäre mit dem Israeli Oren, der nach seinen Geschäftsreisen immer wieder zu Frau und Kind zurückkehrt. Als Thomas erfährt, dass Oren tödlich verunglückt ist, reist er nach Jerusalem, wo er sich sukzessive ins Leben seines Liebhabers schleicht, einen Job im Café von dessen Witwe Anat annimmt und in die Geheimnisse des koscheren Backens eingeweiht wird. In seinem Spielfilmdebüt erzählt Autor und Regisseur Ofir Raul Graizer eine ebenso einfache wie komplizierte Geschichte über die Annäherung zwischen Menschen, Kulturen und Religionen.

Anke Sterneborg

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Hellraiser 3: Hell on Earth

HELLRAISER 3: HELL ON EARTH

Quelle: Drop-Out Cinema

Eine Wiederaufführung - der dritte Teil der Horror-Reihe von 1992, angesiedelt im großstädtischen Ambiente von New York. Eine Fernsehjournalistin (Terry Farrell) muss es mit der inkarnierten Hölle, dem nagelgespickten Pinhead, aufnehmen. Anthony Hickox feiert Oberflächlichkeit, Farben und Nachtclubs im Stil der Neunzigerjahre, seziert aber auch die Körper in Haut und Gedärme. Das kann man einen guten Schocker nennen oder passionierte Medienkritik.

Philipp Stadelmaier

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Genesis 2.0

Genesis 2.0

Quelle: Rise and Shine Cinema

Auf einer kargen, kalten Insel in Nordsibirien graben Männer nach den Elfenbeinstoßzähnen von Mammuts und finden dabei ein außergewöhnlich gut konserviertes Exemplar. Tausende Kilometer entfernt wollen Forscher es mit Gentechnik zu neuem Leben erwecken. Die Filmemacher Christian Frei und Maxim Arbugaev erzählen diese Geschichten mit dem Pathos der Langsamkeit. Ihre vielfältigen ethischen, technischen und kulturellen Aspekte führen sie aber nicht zusammen.

Kathleen Hildebrand

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Le Grand Bal - Das große Tanzfest

Le Grand Bal

Quelle: Pyramide Distribution

Jedes Jahr treffen sich Tausende Menschen in einer französischen Gemeinde, um zu tanzen. Eine Woche, von den Morgenstunden bis tief in die Nacht. Die Regisseurin Laetitia Carton fährt seit fünfzehn Jahren zu "Le Grand Bal". In ihrer Dokumentation fängt sie den besonderen Geist der Veranstaltung ein. Protagonisten oder einen roten Faden hat der Film nicht, er wird allein von der Atmosphäre getragen. Einige Längen inklusive. Erkenntnisse: Um die historischen Tänze zu beherrschen, braucht es Zeit. Und nicht jeder tanzt gern mit Anfängern.

Jesper Klein

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Der Klang der Stimme

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Quelle: Verleih

Was der Jazzsänger Andreas Schaerer aus seinem Kehlkopf an Geräusch, Gesang, Rhythmus und musikalischer Leidenschaft herausholt, verblüfft und macht neugierig. Und wie schafft die Brasilianerin Georgia Brown diese übermenschlichen Spitzentöne? Bernard Weber spürt in seinem munteren Dokumentarfilm den Ausdrucksformen der menschlichen Stimme nach, zeigt Forscher und Therapeutinnen bei der Arbeit, begleitet Selbstverwirklichungsgruppen und die wunderbare Opernsopranistin Regula Mühlemann. Am Ende bleiben viele Fragen offen, aber aus der Neugierde für die Stimme ist schiere Begeisterung geworden.

Helmut Mauró

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Mandy

Mandy

Quelle: Koch Media GmbH

Das ist der schlimmste Horror für einen Mann, er entblößt sich vor der Frau, die er verehrt, und die lacht unbeherrscht los. So ergeht es Jeremiah, der sich als Guru aufspielt und mit einer Horde debiler Jünger durch die Berge zieht. Andrea Riseborough ist die Frau, Mandy, in dem dämonischen Thriller von Panos Cosmatos. Mandys Ende wird schrecklich, und schlimm ergeht es auch Red Miller, der mit ihr zusammenlebt und -liebt in den Bergen des amerikanischen Nordwestens. Aber er nimmt Rache, fürchterlich. Red, das ist Nicolas Cage, ein Holzfäller, man sieht ihn mit einer Motorsäge in der Hand. "Mandy" ist vom Horrorkino der Achtziger inspiriert, Wes Craven und Tobe Hooper, die rituelle Langsamkeit, gesteht der Regisseur, hat er von Tarkowski.

Fritz Göttler

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Nur ein Tag in Berlin

Nur ein Tag in Berlin

Quelle: déjà-vu film UG

Zwei Freundinnen verbringen einen Tag in Berlin. Was nett anfängt, wird bald zu einem bösen Gefühls- und Beziehungschaos. Die Männer, über die sie sprechen, tauchen selbst nur in Form von Textnachrichten rechts und links am Bildrand auf. Das eigentliche Geschehen läuft in einem schmalen Format dazwischen ab, als sei mit dem Smartphone gedreht worden. Die improvisierten Dialoge driften teils ins Banale ab. Dennoch gelingen Malte Wirtz' 24-Stunden-Experiment gelegentlich Momente der Unmittelbarkeit.

Ana Maria Michel

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Der Nussknacker und die vier Reiche

DER NUSSKNACKER UND DIE VIER REICHE

Quelle: Laurie Sparham

Damit Disney die Weihnachtsfilmsaison eröffnen kann, pimpen Lasse Hallström und Joe Johnston die Nussknacker-Vorlage von E. T. A. Hoffmann zum Märchenblockbuster auf. Das Mädchen Clara (Mackenzie Foy) erlebt an Heiligabend in der Zauberwelt der vier Reiche wilde Abenteuer und muss sich als würdige Königstochter erweisen. Das reicht nicht für den vordersten Platz im Kinoprinzessinnen-Ranking, aber fürs solide Mittelfeld.

David Steinitz

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The Other Side of the Wind

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Quelle: José María Castellví/Netflix

Wer diesen Film nichts ahnend anschaut, hat trotz einer eher mystifizierenden als erklärenden Vorrede aus dem Off das Gefühl, da habe sich wer im Fieberwahn an einem Berg Siebzigerjahrefilmmaterial vergriffen. Wir sehen dank der filmhistorischen Ambitionen von Netflix einen Film über einen Film im Film und die Havarie von dessen Regisseur. Man versteht sofort, warum Orson Welles daran gescheitert ist, es geht einem schließlich genauso. Zugegeben, physisch wie künstlerisch boxte Welles in einer anderen Gewichtsklasse. Aber Fakt ist nun mal: An diesem Metaepos ging er k. o. Nun darf man mitleiden (Netflix, ab 2.11.).

Juliane Liebert

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Touch Me Not

Kinostart - 'Touch Me Not'

Quelle: dpa

Es gibt Filme, die sollte man sehen. Nicht weil sie irgendwann mal zum feinen Club der Dinge gehören werden, die man gesehen haben sollte, um Bildung zu simulieren, sondern weil sie etwas machen, das wichtig ist. Dieser semidokumentarische Essayfilm von Adina Pintilie über die in unseren Körpern wirkenden Ängste und Lüste gehört zu dieser Kategorie. Manchmal erstickt er ein bisschen am eigenen Ernst, aber Sex ist nun mal eine ernste, unendlich komplizierte Angelegenheit. Auf der Berlinale gab's dafür den Goldenen Bären.

Philipp Bovermann

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Der Trafikant

Kinostart - 'Der Trafikant'

Quelle: dpa

Nikolaus Leytners Verfilmung von Robert Seethalers Roman ist das, was man wohl Geschichtsleistungskurs-Kino nennen muss. Ein hübsch ausgestattetes, moralisch ambitioniertes, aber schablonenhaftes Drama, das einem Jungen 1937 vom heimeligen Attersee ins ferne Wien folgt, wo er in einer Trafik eine Lehre beginnt und sich die europäische Geschichte finster über seinem jungen Leben zusammenbraut. Für die Figuren bleiben die Kulissen aber stets ein starrer Spielraum - auch wenn Bruno Ganz seiner Rolle als altersmilder Sigmund Freud mit seinen Sinnsprüchen über Frauen und Zigarren einen stolzen Charme abringt.

Annett Scheffel

© SZ.de/doer
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