Kino-Festival:Bayerns Bärinnen der Berlinale

Zur Filmpolitik am Rande der Wettbewerbe

Von Susanne Hermanski, Berlin

Jeder erlebt seine eigene Berlinale. Für die Filmschaffenden aus Bayern etwa ist der Empfang des Film-Fernseh-Fonds (FFF) in der Bayerischen Vertretung der wichtigste Pflichttermin. Und das beileibe nicht nur, um an der Spree mit Weißwurst Lokalpatriotismus zu feiern. Heuer hat der Empfang die Branche erstmals ihrer neu für sie zuständigen Digitalministerin Judith Gerlach näher gebracht. Dass die 33-Jährige weniger bekannt ist als viele der 600 Gäste, nützte sie geschickt für den Auftaktlacher ihrer Eröffnungsrede. An den neuen Glamour und die vielen roten Teppiche in ihrem Leben müsse sie sich erst noch gewöhnen, sagte sie: "In letzter Zeit bin ich viel angeschrien worden. Von Fotografen: ,Gehen Sie aus dem Weg!' - Ich stand vor Jenny Elvers."

Ähnlich gut kommen die Beteuerungen der Ministerin für Digitales an, in Filmen mehr zu sehen "als Bits und Bytes", nämlich ein "Kulturgut", das der Freistaat weiterhin fördern wolle, wie 2018 mit 36,9 Millionen Euro. Dass dieses Geld nicht nur der Produktion von Filmen zugute kommt, sondern auch Festivals, daran hat Diana Iljine (ebenfalls im Publikum) ein gesteigertes Interesse. Der Chefin des Münchner Filmfests hatte Ministerpräsident Söder im Juni recht spektakulär die Verdoppelung des freistaatlichen Zuschusses versprochen. Er tat dies just am selben Tag, an dem die Kulturstaatsministerin des Bundes Monika Grütters in Berlin ihr Nachfolgeteam für Dieter Kosslik bekannt gab, und verband das Geschenk gleich mit einer Kampfansage an die übermächtige Konkurrentin "Berlinale". Im April wird nun freilich erst der Bayerische Landtag darüber abstimmen, ob er das versprochene Geld auch bewilligt. Bis dahin schwebt über Diana Iljine noch die Ungewissheit, ob sie die vielen hübschen Ausbaupläne für ihr Festival auch tatsächlich wird umsetzen können.

Zunehmend klar blickt auch eine andere Münchnerin in ihre Zukunft: Mariette Rissenbeek, die von Grütters an besagtem Junitag zur kaufmännischen Leiterin der Berlinale ausgerufen wurde. Denn bevor Rissenbeek diesen Job an der Seite des künstlerischen Leiters Carlo Chatrian anritt, wird sie Anfang März selbst noch einmal kuratorisch tätig sein. In ihrer bisherigen Funktion als Geschäftsführerin von German Films ist sie vom Museum of Modern Art in New York (MoMa) eingeladen, in der Reihe "Carte blanche" Filme zu präsentieren, die für sie besondere Bedeutung haben. "Ich habe elf Filme ausgesucht, die deutsche Kamerafrauen gedreht haben", sagt Mariette Rissenbeek. Zu ihrer Auswahl gehören bildgewaltige Werke wie "Elser", gefilmt von Judith Kaufmann, und "Poll" von Daniela Knapp. Und wer nun immer noch Zweifel hegt an der zunehmenden weiblichen Dominanz in Bayerns Filmwelt, der höre, wie die neue Ministerin über ihre neue Chefin der FFF Dorothee Erpenstein spricht: "Sie ist unsere Löwin der bayerischen Filmförderung - oder hier in Berlin wohl besser: unsere Bärin."

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