Kino:Düstere Aussichten

Flimmern und Rauschen, Filmfestival

Fragen zur Identität und Männlichkeit stellt der Spielfilm "Alpha Junge" des Teams "Münchner Schule".

(Foto: oh)

Dystopien prägen das junge Filmfest "Flimmern & Rauschen"

Von FLORIAN HOLLER

In einer bedrohlichen Zukunftsvision irrt eine Frau durch den Wald. Gegen ihren Willen wird sie die Hauptakteurin einer Fernsehshow, in der es um Leben und Tod geht. Das ist nicht etwa der Plot einer Folge von "Black Mirror", sondern die Handlung des Kurzfilms "Final Call-In" von Daniel Off und Leo Goll, den die beiden beim Festival "Flimmern & Rauschen" eingereicht haben. Und nicht nur "Final Call-In" verfrachtet seine Charaktere in dystopische Settings. Eine Vielzahl der mehr als 70 Filme, die von diesem Mittwoch an bis Freitag in München zu sehen sein werden, beschwören albtraumhafte Zukunftsvisionen herauf. In der Welt von "In Thy Image" von Neon Somnium beispielsweise existiert kein menschliches Leben mehr auf der Erde. Nur ehemalige Roboter-Sklaven, menschenähnliche Androiden, fristen ein karges Dasein und erhoffen Erlösung von einem ominösen Schöpfer-Gott.

Zum ersten Mal findet das älteste Kinder- und Jugendfilmfestival Deutschlands in der Black Box des Münchner Kulturzentrums im Gasteig statt. Viele Jahre lang traf man sich zuvor in der Muffathalle. "Nach so vielen Jahren tut ein Wechsel gut", findet Thomas Kupser, Pressesprecher und Jury-Mitglied. Dass karge Zukunftsvisionen bei den diesjährigen Produktionen so stark vertreten sind, ist auch ihm aufgefallen. Gerade der Klimawandel und die technologischen Umwälzungen werden von den jungen Filmschaffenden zunehmend kritisch in den Blick genommen. Davon zeugen auch die vielen Filme, die sich mit den Mechanismen und Auswirkungen des Internets und den sozialen Medien beschäftigen. Zum Beispiel der Experimentalfilm "Jeffreys First Breath". Dort wird gezeigt, wie Smartphones das Leben der Menschen beherrschen.

Der Dokumentarfilm "We Are Data" dagegen thematisiert die Macht der großen Internetkonzerne und sucht Alternativen zur digitalen Datenausbeutung. Neben Dystopien und Filmen zur digitalen Gegenwart stehen auch Identitätsfragen und Liebesgeschichten im Vordergrund. Ob in "Fame", das die beiden Hauptcharaktere Ferdi und Tschaki zeigt, die davon träumen, dem bayerischen Hinterland zu entfliehen und die großen Laufstege der Welt zu erobern, oder in "Change", der eine Liebesgeschichte zweier Ausreißer erzählt. Auch in diesen Filmen werden typische Coming-of-Age-Stoffe mit gesellschafts- und sozialkritischen Elementen verbunden.

Thomas Kupser zeigt sich schon jetzt begeistert von der Qualität der Filme: "In diesem Jahr hat sich die Jury bei der Preisvergabe so schwer getan wie noch nie. Das spricht für das hohe Niveau." Sieben Filme werden am Freitagabend bei der Preisverleihung ausgezeichnet. Verdient hätten es bei so viel mutiger Gesellschaftskritik sogar noch mehr.

Flimmern & Rauschen, Mittwoch, 27., bis Freitag, 29. März, Black Box im Kulturzentrum Gasteig, Rosenheimer Straße 5, Programm unter www.jufinale.de/muenchen

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