Kino:"Der Garten ist für mich ein Sehnsuchtsort"

Die junge Münchner Regisseurin Sonja Maria Kröner über ihren Spielfilm "Sommerhäuser"

Interview von Josef Grübl

Wenn die Rede auf ihre neuen Filme kommt, sprechen Regisseure oft von ihren Babys. Nimmt man diesen Vergleich wörtlich, dann ist Sonja Maria Kröner in den vergangenen Monaten zweimal Mutter geworden: Im Juni feierte ihr Spielfilmdebüt "Sommerhäuser" Premiere auf dem Filmfest München (wo es mit dem "Förderpreis Neues Deutsches Kino" in den Kategorien Regie und Produktion ausgezeichnet wurde), drei Monate später kam ihr zweiter Sohn zur Welt. Zum Interview in einem Café in der Altstadt bringt sie ihn mit. Während der fünf Wochen alte Säugling schläft, erzählt die Münchner Regisseurin von ihrem zweiten Baby, dem Film, der auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit ist. "Sommerhäuser" startet heute in den deutschen Kinos. Im Rahmen ihrer Kinotour stellt Sonja Maria Kröner den Film auch in Bayern vor: Am 31. Oktober im Monopol Kino München, am 3. November im Kino Breitwand in Seefeld und am 4. November im Casablanca in Nürnberg.

SZ: Sie scheinen ein gutes Gespür für Timing zu haben: Beim Filmfest waren Sie schwanger, jetzt haben Sie Ihren Sohn dabei. Lassen sich Familie und Beruf immer so gut planen?

Sonja Maria Kröner: Nein, das war natürlich Zufall. Ehrlich gesagt wäre es mir momentan auch lieber, noch schwanger zu sein, da wir auf Tour gehen und den Film in mehreren deutschen Städten vorstellen. Das ist mit einem Baby schwieriger, aber wir haben das gut geplant.

Wie bereitet man denn so eine Tour vor?

Wir sind im Wohnmobil unterwegs, mein Mann und meine beiden Söhne kommen mit. Das ist angenehmer, als jeden Tag von Hotel zu Hotel umzuziehen, vor allem für die Kinder.

Sie sind gebürtige Münchnerin und blicken zurück auf eine Münchner Familie. Wieviel Wirklichkeit steckt in Ihrem Film?

Die Geschichte ist nicht autobiografisch, aber sehr persönlich. Die eigentliche Handlung des Films habe ich mir ausgedacht, die ist so nicht passiert. Einige Charakterzüge der Figuren und viele der Konflikte sind aber etwas, was ich aus meiner Familie kenne. Autobiografisch ist auch der Ort, meine Familie hatte auch ein Grundstück an der Peripherie von München. Dort habe ich als Kind viel Zeit verbracht.

Gibt es die Sommerhäuser Ihrer Familie noch?

Nein, das Grundstück wurde irgendwann bebaut. Damals gab es in Forstenried diese kleinen Häuschen, nicht weit weg von unserer Wohnung. Wir waren an den Wochenenden da und haben auch in den Ferien viel Zeit dort verbracht. Dieser Garten ist für mich bis heute ein Sehnsuchtsort.

Der Film spielt im Sommer 1976, da waren Sie noch nicht geboren. Warum haben Sie sich für diesen Zeitpunkt entschieden?

Sonja Kröner

Sonja Maria Kröner, 1979 in München geboren, hat Literaturwissenschaften und Philosophie an der LMU sowie Drehbuch und Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München studiert. Sie lebt in Dießen am Ammersee.

(Foto: privat)

Stimmt, wenn es nach meiner eigenen Kindheit gegangen wäre, hätte ich die Achtziger- und frühen Neunzigerjahre wählen müssen. Aber in dieser Zeit waren die Familienstrukturen schon aufgebrochener, man konnte sich mehr entziehen. In den Siebzigern war diese familiäre Unbedingtheit noch stärker. Man hat einfach viel Zeit mit der Familie verbracht, auch wenn man es gar nicht wollte. Das fand ich spannend und deshalb bin ich in der Erzählung um ein Jahrzehnt zurückgegangen. Würde das Ganze später spielen, hätte man sich vielleicht gefragt: Warum hängen die immer noch dort rum?

Es ist eine große Familie, von der Sie da erzählen, mit vielen Onkeln, Tanten, Schwestern und Cousins. Haben Sie eine Vorliebe für Ensemblefilme?

Ja, ich finde diese Lebendigkeit toll, wenn viele Figuren und ihre Bedürfnisse eine Rolle spielen. Es gefällt mir, wenn man von jedem etwas mitkriegt, die Figuren aber nicht komplett auserzählt werden und es noch Geheimnisse gibt. Auch die Mischung aus Komik und Drama mag ich, diese ganzen Verwicklungen, Feindschaften und Eifersüchteleien innerhalb einer Familie sind ja eigentlich recht lustig. Naja, wenn man nicht gerade selbst beteiligt ist.

Sommerhäuser

Da staunt der Sommerfrischler: Christine Schorn, Günther Maria Halmer und Thomas Loibl bewundern in "Sommerhäuser" einen knallgelben Ferrari.

(Foto: PROKINO)

Wie konnten Sie als Anfängerin Film- und Theaterstars wie Günther Maria Halmer, Mavie Hörbiger oder Thomas Loibl überzeugen, in Ihrem Film mitzuspielen?

Es lag hauptsächlich am Drehbuch, glaube ich. Vor allem die älteren Damen waren begeistert von der Figurenkonstellation. Die Dreharbeiten waren zwar nicht einfach, weil die Schauspieler noch andere Verpflichtungen hatten, auch vom Wetter her war es schwierig. Es hat viel geregnet, teilweise stand das ganze Grundstück unter Wasser. Aber soweit ich das beurteilen kann, hatten die Schauspieler viel Spaß.

Haben Sie mit Ihren Darstellern vorher geprobt?

Das hätte ich gerne, aber ehrlich gesagt kam nur eine Leseprobe zustande. Da muss man als Regisseur vermutlich etwas etablierter sein, dass man alle Leute vorher zusammen bekommt.

Und wie war es bei den Dreharbeiten mit den Kindern?

Mit Kindern arbeitet man anders, die machen sich zum Beispiel keine Gedanken darüber, wie sie aussehen oder rüberkommen. Bei ihnen geht es eher um Sachen wie: "Ich habe Hunger. Ich muss aufs Klo. Mir ist jetzt langweilig." Wenn man diese Probleme löst, ist alles gut. Ich versuche, spielerisch mit ihnen umzugehen, gebe ihnen auch vorher keine Texte. Wenn die Eltern zuhause mit ihnen Texte proben, kann man es vergessen. Kinder können sich ja schnell etwas merken, deshalb habe ich ihnen immer erst kurz vor der Szene verraten, worum es geht. Sie haben es dann so gesagt, als ob sie es sich in dem Moment ausgedacht hätten.

Wie gehen Sie mit den Eitelkeiten der Schauspieler um?

Das ist ein ständiges Ausloten oder Herantasten, wie weit jemand gehen mag oder kann. Aber es geht ja auch um Authentizität, in den Siebzigerjahren gab es andere Eitelkeiten als heute. Da hatten Frauen kein Problem damit, ihre Cellulite-Arme zu zeigen - dafür aber mussten die Frisuren perfekt sitzen.

Damals haben Frauen auch noch nicht ihre Achselhaare rasiert.

Genau. Deswegen haben wir die Schauspielerinnen gebeten, sie wachsen zu lassen. Das sieht man auch in einigen Einstellungen.

Sie haben den Film geschrieben und inszeniert, jetzt vermarkten Sie ihn und geben Interviews. Wie gefällt Ihnen das?

Das ist etwas Neues für mich, dazu habe ich noch keine Meinung. Aber ich glaube, dass ich es nicht ganz so gerne mag. . .

War unser Gespräch denn so schlimm?

Nein, aber als Künstler möchte ich nicht so sehr im Vordergrund stehen. Ich hoffe, dass der Film für sich steht und sich jeder seine eigene Meinung dazu bildet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: