Kino: Der entsorgte Vater:Frauen sind Schweine

Das Kind als Waffe: Douglas Wolfspergers Dokumentarfilm "Der entsorgte Vater" liefert einen parteiischen Frontbericht aus dem Geschlechterkampf.

Martina Knoben

Nein, Frauen sind ganz und gar nichts Wunderbares, sie sind nicht einmal besser als Männer. Im Gegensatz zu diesen aber haben sie jahrhundertelange Erfahrung mit der Opferrolle und verstehen es meisterhaft, diese zu instrumentalisieren, sobald die Familie erst einmal zerbrochen ist. Mit Ausreden und üblen Tricks verhindern etwa zahllose Mütter, dass Väter ihre Kinder nach der Trennung noch regelmäßig sehen können. Für die Kinder ist das verheerend, für die Väter (und Mütter) auch. Douglas Wolfsperger porträtiert fünf Männer, die auf diese Weise "entsorgt" wurden - er selbst ist einer von ihnen.

"Frauen sind andere Geschöpfe, sie sind nicht von dieser Welt. Wenn es nach mir ginge, ich würde sie alle auf den Mond schicken." Mit diesem Statement eines Mannes, dem wohl fälschlicherweise der Missbrauch seiner Tochter vorgeworfen wurde, beginnt der Film. Eine Erinnerung daran, wie schmutzig der Krieg ist, der seit einigen Jahrzehnten im Namen der Gleichstellung der Geschlechter geführt wird.

"Der entsorgte Vater" ist ein trauriges und zorniges Pamphlet dazu. Objektiv und analytisch will oder kann der Regisseur vermutlich gar nicht sein. Mit grobem Gerät sticht er in einen riesigen Misthaufen; und was da aufgewühlt wird, erzählt so viel von moderner Liebes-Ideologie und vom Stand der Geschlechterbeziehungen in unserer Gesellschaft, dass dieser kleine, parteiische, formal nicht weiter auffällige Dokumentarfilm hochbrisant wird.

Wie Gefühle, zumal zum eigenen Kind, in diesen Krisenzeiten Ersatzreligion geworden sind, identitätsbildend und sinnstiftend, ist zu spüren. Und natürlich, was für eine Waffe solch ein wertvolles Kind sein kann, wenn eine Beziehung zerstört ist. Weiß Wolfsperger eigentlich, wie die Männer wirken, die er als seine Leidensgenossen präsentiert? Ein Realschullehrer für Musik und Ethik, Sprecher eines Vereins "Väteraufbruch", der zu seiner älteren Tochter seit über zehn Jahren keinen Kontakt mehr hatte, ist beim Holzfällen im Wald zu sehen. Wäre dies kein Dokumentarfilm über den Schrecken des Geschlechterkampfes, sondern ein "richtiger" Horrorfilm, wäre dieser Mann mit dem dunklen Blick und der Kettensäge in der Hand wohl ein Serienkiller.

Ein anderer wird bei Leibesübungen im Fitnessstudio gezeigt, ein Dritter beim Fliegen seines Segelflugzeuges. Fast parodistisch mutet die Sequenz an, in der der Realschullehrer mit Stirnlampe und Taucheranzug eine Höhle erkundet. Der Mann als großes Kind mit seinen Riesenspielzeugen, als Höhlenmensch - wollte Wolfsperger das wirklich erzählen? Wenn dann der Höhlenforscher auch noch stolz berichtet, wie er seine damals noch "gepamperte Tochter" durch einen besonders niedrigen Stollen trug, meint man zu ahnen, warum die Mutter des Kleinkindes mit diesem Vater nicht glücklich werden konnte.

Ist der Filmemacher also ein Doppelagent? Einer, der die Position der Frauen versteht, auch wenn sie kaum zu Wort kommen? Dagegen spricht nicht nur die flammende Eindeutigkeit seiner Statements im Presseheft; dagegen spricht vor allem die Widmung des Films an Wolfspergers Tochter. "Der entsorgte Vater" ist seine Flaschenpost an das Kind, das er seit zwei Jahren nicht sehen durfte, deren Inhalt allerdings so merkwürdig ist, dass man die Tochter nicht beneidet, die sie einmal öffnen wird. Am Ende ist der Regisseur mit angeklebtem Schnurrbart auf dem Schulhof seiner Tochter zu sehen. Verzweiflung geht seltsame Wege.

So muss man auch die Porträts der übrigen Väter ansehen, als Bilder von Menschen, die einen Krieg überlebt haben - die sich, wie viele Veteranen, von den Folgen aber nie erholen werden. Diese Männer werden alleine gezeigt, in höhlenartigen Wohnungen, denen jede Anmutung von Zuhause fehlt.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, was die einzige Frau in dem Film zu erzählen hat.

Auf halbem Weg

Es gibt überhaupt vieles, das Wolfsperger ausspart, ja der Film scheint um eine große Leerstelle herum aufgebaut. Es ist die Frage, warum die Mütter dieser Kinder ihre ehemaligen Lebenspartner offenbar so sehr hassen, dass sie den Streit vor Gericht, vor allem die seelische Verstümmelung ihrer Kinder in Kauf nehmen, nur um jede Beziehung zum Vater zu verhindern. Wolfsperger stellt die Frage nicht; und die Männer selbst äußern so gut wie keine Selbstkritik. Der Dialog der Geschlechter, der hier vielleicht hätte hergestellt werden können, wird gar nicht erst versucht.

Eine einzige Frau darf erzählen, warum sie keinen Wert darauf legt, dass ihre Tochter ihren Vater trifft. Sie soll ein Zerrbild sein, schiebt am Ende des Films ein neugeborenes Baby im Kinderwagen. Dessen Vater ist, wie man da erst erfährt, schwer krank und lebt in einer anderen Stadt. Weniger Vater geht nur mittels Samenspende - eine böse Pointe. Wie eine Kriegsgewinnlerin oder Psychopathin aber wirkt diese Frau nicht. Es ist vielmehr die alte Rollenverteilung, die in ihren Aussagen anklingt, wenn sie vom Vater erzählt, der immer nur "der Größte" sein wollte, der alles erlaubt hat, während die Mutter auf klaren Regeln bestehen musste.

Vielleicht muss man die verzweifelte Lage der "entsorgten Väter" auch einmal als Zeichen des Fortschritts sehen. Wenn sie vor der Kamera weinen oder auf Spielplätzen traurig ins Leere blicken, sind sie zweifellos Opfer. Aber auch Wolfsperger wünschte sich wohl kaum eine Gesellschaftsordnung wie vor fünfzig Jahren zurück. Dass alles so zerstörerisch geworden ist, liegt wohl eher daran, dass die Gleichstellung der Geschlechter irgendwo auf halbem Wege stehengeblieben ist. Immer noch "investieren" Mütter meist sehr viel mehr in ein Kind als Väter, verzichten oft auf ihren Job, fast immer auf eine Karriere - der Unterschied zu früher aber ist, dass Frauen gelernt haben, diese "Investition" im Streitfall auch so zu sehen. Die im Film zurecht angeprangerte Ungleichbehandlung beim Sorge- und Umgangsrecht spiegelt diese Tatsache, aber befördert sie natürlich auch. "Der entsorgte Vater" ist nicht der Film, der Wege aufzeigen könnte, die aus diesem heillosen Krieg herausführen. Seine vielen Leerstellen sind ein Manko - aber auch eine starke Aufforderung: sie selbst zu füllen.

DER ENTSORGTE VATER, D 2008 - Regie, Buch: Douglas Wolfsperger. Kamera: Tanja Trentmann, Inigo Westmeier. Verleih: GMFilms, 86 Minuten.

Außerdem laufen an: "Che - Revolución" , von Steven Soderbergh "Dragonball Evolution", von James Wong "Obsessed", von Steve Shill

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