Kino:Dabei sein ist alles

Acht Tage

Auf der Berlinale laufen auch Serien: In "8 Tage" rast ein riesiger Asteroid auf die Erde zu, Deutschland liegt in der Todeszone. Während ihre Eltern fliehen oder sich in Bunkern verstecken, feiern Leonie (Lena Klenke, links) und Nora (Luisa-Céline Gaffron) eine exzessive Endzeit-Party.

(Foto: Stephan Rabold/Neuesuper/Sky)

An diesem Donnerstag beginnt die 69. Berlinale. Mehrere Filme aus Bayern haben es ins Programm geschafft, darunter eine vielversprechende Serie. Im Wettbewerb um Goldene und Silberne Bären spielen die Werke allerdings keine Rolle

Von Josef Grübl

Die Stunde der Sieger schlägt erst ganz am Schluss, wenn alle Filme gelaufen sind. Dann werden die Bären verliehen, in Gold oder Silber, für die besten Produktionen des Festivals. Bis dahin dauert es aber noch: An diesem Donnerstag werden in Berlin die 69. Internationalen Filmfestspiele eröffnet, Sieger sind aber bereits alle Regisseure und Produzenten, die überhaupt zum größten deutschen Festival - und einem der wichtigsten der Welt - eingeladen worden sind. "Dabei sein ist alles", lautet das inoffizielle Motto, nicht nur auf der Berlinale. Nachdem sich die Branche bereits Ende Januar zur Filmwoche in München traf, geht es die nächsten elf Tagen nach Berlin - dort ist alles noch ein bisschen größer und wichtiger, vor allem aber internationaler.

Um den Goldenen Bären konkurrieren drei deutsche Filme (und zwei weitere deutsche Co-Produktionen) im Wettbewerb. Aus Bayern ist in dieser Reihe kein Film dabei, auch das "Panorama" muss ohne bayerische Beteiligung auskommen. Fragt man bei potenziellen Kandidaten nach, heißt es, ihre Filme seien noch nicht fertig oder erst gar nicht eingereicht worden. Nicht dabei sein, taugt eben nicht so sehr als Berlinale-Motto.

Dafür wurden Filme ausgewählt, mit denen man nicht unbedingt rechnen konnte: Die Bavaria-Fiction-Produktion "Brecht" etwa, die als Zweiteiler für die ARD entstanden ist und dort im März auch zu sehen sein wird. Premiere hat sie aber auf der Berlinale, als "Special Gala" im Haus der Berliner Festspiele. Tom Schilling und Burghart Klaußner spielen den jungen und den alten Bertolt Brecht. Wie in den meisten seiner Arbeiten vermischt der Regisseur Heinrich Breloer Spielszenen mit dokumentarischen Aufnahmen.

Ebenfalls bald im Fernsehen laufen wird "8 Tage" von der Münchner Produktionsfirma Neuesuper. Die Serie erzählt eine Weltuntergangsgeschichte von einem Asteroiden, der auf die Erde zurast und von Menschen, die vor eben jenem Asteroiden flüchten. Die Hauptrollen sind mit Christiane Paul, Mark Waschke, Devid Striesow und Nora Waldstätten prominent besetzt, in Berlin werden die ersten zwei Folgen in der Reihe "Berlinale Series" gezeigt. Von 1. März an ist auch der Rest zu sehen, dann allerdings bei Sky. Als "Berlinale Special" wird der Dokumentarfilm "Es hätte schlimmer werden können - Mario Adorf" angekündigt, der gebürtige Münchner Dominik Wessely lässt darin den Schauspieler aus seinem Leben erzählen. Es geht um Adorfs Anfänge an den Kammerspielen, um seine internationale Filmkarriere und die Arbeit mit Münchner Regisseuren wie Rainer Werner Fassbinder oder Helmut Dietl. Der Film soll im Laufe des Jahres auch ins Kino kommen. Adorf feiert 2020 seinen 90. Geburtstag, die Protagonisten von Nina Wesemanns Film "Kinder" sind 80 Jahre jünger.

Die Absolventin der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF) hat es mit ihrem Abschlussfilm zur Berlinale geschafft, sie begleitet vier Großstadtkinder durch Berlin, erzählt vom Erwachsenwerden und dem Abschied von der Kindheit. "Es ist ein rein beobachtender Film", sagt sie, "es gibt keine Interviewszenen. Die Kinder stehen im Mittelpunkt, man sieht auch keine Eltern." Emine, Marie, Christian und Arthur kennen sich nicht, im wahren Leben würden sich ihre Wege vermutlich nie kreuzen. "Kinder" läuft in der Sektion "Generation Kplus", in der junge Menschen im Zentrum stehen, die Reihe spricht aber nicht nur ein junges Publikum an. Nina Wesemann freut sich über die Einladung und hofft, dass ihr Film viele Zuschauer erreicht - vielleicht auch regulär im Kino, solche Themen werden auf der Berlinale, die ja gleichzeitig ein großer Marktplatz ist, ebenfalls verhandelt.

Die diesjährige Retrospektive widmet sich dem Filmschaffen von Regisseurinnen in der Zeit von 1968 bis 1999: Die Bandbreite reicht von May Spils' Schwabing-Komödie "Zur Sache, Schätzchen" (1968), über Ula Stöckls feministischen Klassiker "Neun Leben hat die Katze" aus demselben Jahr, bis hin zu Katja von Garniers Musikfilm "Bandits", der drei Jahrzehnte später die Clip-Ästhetik des Musikfernsehens aufgriff. Auch Nina Grosses 1987 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichneter Mystery-Thriller "Der gläserne Himmel" und Doris Dörries zwei Jahre zuvor entstandenes Road Movie "Im Innern des Wals" sind im Rahmen der Retrospektive zu sehen.

Digital neu restaurierte Filme werden in der Reihe "Berlinale Classics" aufgeführt, etwa Dominik Grafs Polizei-Thriller "Die Sieger" (1994). Der Film war damals an der Kinokasse trotz guter Kritiken ein Flop, jetzt hat ihn der Regisseur um drei Szenen ergänzt. Das Restaurierungsteam der Bavaria Film hat in mühseliger Kleinarbeit Bild und Ton angepasst und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Einen Preis gibt es dafür auf der Berlinale nicht, ein Sieger ist Grafs Film aber auch so.

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