Batman wird 80:Der gehetzte Held

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Batmans Gegner wurden im Laufe der Jahrzehnte immer radikaler - er selbst blieb zutiefst menschlich. (Foto: N/A)
  • Die Figur des dunklen Comic-Helden Batman aus dem DC-Universum wird 80 Jahre alt.
  • Gesellschaftskritische Themen (und die filmische Umsetzung des Comics durch große Schauspieler und Regisseure) haben Batman zum vielschichtigsten Superheld des DC-Universums gemacht.

Von Fritz Göttler

Er ist wie ein Diamant, erklärt der Comicautor Frank Miller über seinen dunklen Helden Batman und die diversen Gestaltungen, die dieser in den 80 Jahren seiner Existenz erfahren hatte. "Man kann ihn an die Wand schmeißen oder mit dem Hammer draufklopfen, aber man kann ihn nicht brechen. Jede Interpretation scheint zu funktionieren." Frank Millers eigene düstere natürlich, aber auch die bunten Adam-West-Variante im amerikanischen Fernsehen der Sechziger, die Comics von Dennis O'Neil und Neal Adams, Richard Sprang und Bob Kane.

Von allen Superhelden des DC-Universums ist Batman am vielschichtigsten, unergründlichsten, menschlichsten (er hat keine übermenschlich magische Beimischung in seiner DNA), auch am meisten gefährdet. Sein Handeln wird bestimmt von einem jugendlichen Trauma - der junge Bruce Wayne hat erleben müssen, wie seine Eltern brutal getötet wurden - daher rührt sein Entschluss, die Verbrecher der Großstadt Gotham City zu verfolgen, die Einzeltäter und die Syndikate, und die Opfer zu beschützen. Und: Batman ist der wendigste von allen. Während Superman gern auf eine kraftmeierische Pose hinarbeitet, vibriert Batman vor Dynamik und Eleganz. Früh hat er den jungen Robin an seine Seite gekriegt, auch dieses Zusammenspiel steigert die Dynamik - und hat ihrer Beziehung in den Fünfzigern den Vorwurf homoerotischer Elemente eingebracht.

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Anders als Superman oder Spider-Man, die in klassischen amerikanischen Mittelstandsfamilien aufwuchsen, entstammt Batman dem Großbürgertum, er ist Milliardär und hat einen Butler, der nicht nur den Haushalt führt, sondern auch organisatorisch ein Genie ist. Der maskierte Rächer hat eine lange romantische, feudale Tradition: Batman , the Dark Knight.

1939 erschien die erste Batman-Geschichte, in Heft 27 der Detective Comics. (Foto: Detective Comics 27, Cover art: Bob Kane, May 1939 ©2019 DC Comics; All related characters and elements © & TM DC Comics, aus dem Buch "The Golden Age of DC Comics" von Paul Levitz, erschienen im Taschen Verlag Köln)

1939 veröffentlichten Bob Kane und sein Autor Bill Finger die erste Batman-Geschichte, in Heft 27 der Detective Comics (die datiert vom Mai 1939, dennoch gilt der 21. September offiziell als der Batman Day). Amerika hatte die wilde Prohibition überstanden und die große Depression, aber dieser Kampf hatte die Großstädte verändert, sie waren anonymer geworden, unwirtlicher, im Griff der Kriminellen, die auch die Ordnungskräfte unterwanderten. Das Verlangen nach Selbsthilfe steht am Anfang der Superhelden. Batman ist ein Pulp-Noir-Produkt, dementsprechend düster waren auch die frühen Storys.

Ende der Fünfziger brachte die Fernsehserie einen neuen Schub

In den Fünfzigern, nach Kriegsende zumal, driftete Batman aus der grimmigen Finsternis in ferne, eher utopische Gefilde. Die Auflagezahlen sanken, und DC dachte daran, Batman aufzugeben. Dann brachte die Fernsehserie einen kräftigen neuen Schub, 1955 bis 1968, 120 Folgen, mit Adam West als Batman und Burt Ward als Robin. Und prominent besetzten Gegenspielern, Cesar Romero als Joker, Eartha Kitt als Catwoman, Burgess Meredith als Pinguin, George Sanders, Eli Wallach oder Otto Preminger als Freeze, Vincent Price als Egghead. Die Serie war poppig, und ironisch, ein Lollipop-Batman, und bei Kämpfen blitzte im Bild oft ein geschriebenes "Zack" auf, um die Schläge zu markieren. In den Batman-Filmen der Neunziger, mit Michael Keaton und George Clooney, wirkt noch einiges von dieser Sechziger-Sophistication nach. Ende der Sechziger versuchten Dennis O'Neil und Neal Adams, die Serie wieder in dunkle Regionen zurückzuführen, in der Tradition von Kane und Finger. Dennis O'Neil träumte von einer Comic-Kunst, die es dem New Journalism von Tom Wolfe oder Norman Mailer gleichtun, im Imaginären Aktuelles reflektieren sollte. Eine Dialektik, die subversiv sich ergibt, wenn Leute ihre Arbeit ernst nehmen. "Meist interessiert sie nur der nächste Abgabetermin, der normalerweise unmittelbar bevorsteht. Aber das Geniale an der Popkultur ist, dass sie liefert, was das Publikum wünscht oder tatsächlich braucht, und dieses Geniale", so O'Neil, "manifestiert sich dank der Instinkte jener Gehetzten, die die alltägliche Arbeit verrichten."

Frank Miller hat Batman radikal erneuert, in „The Dark Knight Returns“, 1986. (Foto: Abb.: The Dark Knight Returns, February 1986. ©2019 DC Comics; All related characters and elements © & TM DC Comics, aus dem Buch "The Golden Age of DC Comics" von Paul Levitz, erschienen im Taschen Verlag Köln)

Der Radikalste dieser Gehetzten war dann Frank Miller, der den Batman für die Neunziger schuf, 1986 mit seinem "The Dark Knight Returns". Bruce Wayne taucht viele Jahre unter, vereinsamt, tritt darin als 55-Jähriger erst wieder zum Kampf an, der nun wirklich albtraumhaft und grausam wird und psychopathischer - was auch den rächenden Vigilanten mit einschließt. Das Kino ist von Charles Bronson, dem Mann, der rotsieht, und von Clint Eastwoods Dirty Harry nachhaltig geprägt. Dennoch, sagt Frank Miller: Ein Faschist ist Batman sicher nicht. Nach der Jahrhundertwende arbeitete Miller an seinem ultimativen Batman-Stück, "Holy Terror", in dem der crusader gegen islamistische Terroristen in den Kampf ziehen muss - ein Buch, "das darauf angelegt ist, wirklich jeden zu attackieren und beleidigen". Miller hat für die brutale Radikalität, mit der sein Held da operiert, schwerste Kritik von Kollegen, Kritikern und den Fans einstecken müssen - den Kämpfer hat er allerdings selber nicht mehr Batman genannt, er agiert nun als The Fixer.

Radikal war auch Christopher Nolan mit seiner Kino-Trilogie. Batmans Gegner, der Joker - Heath Ledger in seiner letzten Rolle - und Bane - Tom Hardy - verkörpern hier das totale Böse, führen das System des Kapitalismus ad absurdum. Der Joker verbrennt einen Haufen Dollars auf dem Scheiterhaufen, Bane mobilisiert das Volk wie in der Occupy-Bewegung in der Finanzkrise. Aber diese Anarchie, diese Ahnung von Chaos, erklärt Christopher Nolan, das ist auch zutiefst menschlich.

© SZ vom 21.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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