Kinoindustrie reagiert auf Ukraine-Krieg:Licht aus

Kinoindustrie reagiert auf Ukraine-Krieg: Russland-Start gestoppt: Robert Pattinson and Zoe Kravitz bei der Londoner Premiere von "The Batman".

Russland-Start gestoppt: Robert Pattinson and Zoe Kravitz bei der Londoner Premiere von "The Batman".

(Foto: Tom Nicholson/Reuters)

Filmakademien rufen zum Boykott gegen Russland auf, Hollywood stoppt Kinostarts.

Von Susan Vahabzadeh

Die Europäische Filmakademie hat sich dem Boykottaufruf der Ukranischen Filmakademie angeschlossen, die Sanktionen gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine auch gegen das russische Kino selbst anzuwenden. "Die Akademie verurteilt den Krieg, den Russland begonnen hat, aufs Schärfste - die Souveränität und das Territorium der Ukraine müssen respektiert werden", steht in einer Stellungnahme, die die Europäische Filmakademie auf ihrer Website veröffentlicht hat. Es sei der Akademie bewusst, dass Mitglieder derzeit in den bewaffneten Kampf gegen den Aggressor gezogen seien - also werde man russische Filme von den diesjährigen European Film Awards ausschließen. Auch andere Filmakademien haben sich dem Aufruf bereits angeschlossen, unter anderem die lithauische, die dänische, die italienische und die polnische.

Die Ukrainische Filmakademie hatte auf Change.org eine Petition gestartet, die zu einem umfassenden Boykott der russischen Filmwirtschaft aufruft: Der Europarat solle Russland vom Förderprogramm Eurimages ausschließen, Festivals sollten keine Filme mehr aus der Russischen Föderation zeigen, Produzenten alle Verträge aussetzen und keinerlei Filmrechte mehr an russische Verleihfirmen vergeben, und die westlichen Verleiher ihrerseits keine russischen Filme mehr zeigen oder in ihr Programm aufnehmen. Der Boykottaufruf der ukrainischen Filmakademie verlangt sogar, auch solche Filme nicht mehr zu vertreiben, in denen "Schauspieler und öffentliche Personen" auftreten, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Das Filmfestival von Cannes hat sich schon geäußert - russische Delegationen und Personen, die der russischen Regierung nahestehen seien beim nächsten Festival nicht willkommen. "Wir möchten aber", heißt es dort weiter, "den Mut all jener in Russland begrüßen, die Risiken auf sich genommen haben, um gegen den Angriff auf die Ukraine zu protestieren. Unter ihnen sind Künstler und Filmemacher, die nie aufgehört haben, gegen das gegenwärtige Regime zu kämpfen, und die man mit dem unerträglichen Vorgehen und den Leuten, die die Ukraine bombardieren, nicht in Verbindung bringen kann." Beim Festival von Venedig sieht man das ganz ähnlich, man werde, heißt es seitens der Biennale, bei voller Unterstützung für die Ukraine nicht Künstlern die Tür verschließen, die sich gegen das russische Regime stellen.

Disney hatte erfolgreiche Co-Produktionen mit Russland - alles gestoppt

Auch die amerikanischen Filmstudios wollen die Sanktionen jetzt umsetzen - bereits am 3. März sollte "The Batman" in den russischen Kinos anlaufen, Warner Bros. konnte einen Start aber doch noch verhindern. Disney hatte schon gestern Abend alle Geschäftsbeziehungen mit Russland gekappt, in der nächsten Woche sollte der Pixar-Trickfilm "Rot" in die russischen Kinos kommen. Künftige geschäftliche Entscheidungen hingen von der Entwicklung ab, hieß es in einer Stellungnahme, "im Angesicht der Größe der Flüchtlingskrise, die gerade entsteht" wolle man sich aber lieber zusammen mit NGOs für humanitäre Projekte engagieren.

Disney hat in Russland sehr erfolgreich Co-Produktionen auf den Weg gebracht, wie andere Studios auch - unter anderem einen der erfolgreichsten russischen Filme des vergangenen Jahres, "Upon the Magic Roads". Inzwischen haben auch Paramount ("Sonic the Hedgehog 2") und Sony alle Produktionen aus Russland zurückgezogen, der nächste große Sony-Film, der in Russland hätte anlaufen sollen, wäre "Morbius" mit Jared Leto als Marvel-Bösewicht gewesen.

Der Verband der amerikanischen Filmindustrie, die Motion Picture Association (MPA) hat ebenfalls eine Stellungnahme veröffentlicht: "Die MPA steht an der Seite der internationalen Gemeinschaft, das Recht aufrecht zu erhalten und Russlands Invasion der Ukraine zu verurteilen. Im Namen unserer Mitglieder, die die Film-, Fernseh- und Streaming-Industrie anführen, möchten wir der lebhaften kreativen Gemeinde der Ukraine, die wie alle Menschen das Recht hat, in Frieden zu leben und zu arbeiten, unsere Unterstützung aussprechen." Die großen Filmstudios sind in der MPA organisiert, und auch Netflix gehört dem Verband an.

Für die amerikanischen Studios ist der russische Markt in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden, wenn auch nicht maßgeblich, fast alle großen Blockbuster sind dort mit Erfolg gelaufen. "Spider-Man: No Way Home" beispielsweise hat in Russland seit Dezember 44,5 Millionen Dollar eingespielt, allerdings beläuft sich der Gesamtumsatz des Films auf 1,8 Milliarden Dollar. Trotzdem haben die Studios in den ersten Kriegstagen zurückhaltend reagiert. Inzwischen sind die Sanktionen aber so umfassend, etwa bei Banktransfers, dass sie ohnehin kaum noch eine Möglichkeit hätten, an russischen Einspielergebnissen beteiligt zu werden.

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