Kinderlieder:Wann samma denn do?

Café Unterzucker

Eine Runde Eis für das Café Unterzucker: Tobi Weber, Richard Oehmann, Greulix Schrank (sitzend v. l.) und Anton Gruber.

(Foto: La Van Phuong)

Das "Café Unterzucker" stellt sein zweites Album in der Milla vor - diesmal singen die Kindsköpfe über Urlaub und die große Freiheit

Von CHRISTIAN JOOSS-BERNAU

Eine Schicksalsgemeinschaft ist es, sommers, irgendwo auf einer asphaltglühenden Autostrada in einem Blechkistchen. Vorne die Vernunftwesen mit feuchtem Autositzrücken. Hinten die anderen. Die seit Zeiten an einer bacherlwarmen Sunkist zuzeln. Irgendwann hat es sich ausgezuzelt, und es kommt ihnen eine Frage. Wann sind wir da? In einem bayerischen Auto heißt das: "Wann samma denn do?" Ein schicksalhafter Moment. Ist die Frage einmal aus dem Koffer, bringt sie keiner mehr hinein. Es gibt jetzt eine Radikalkur. Lied Nummer Zwei auf der CD "Bitte, Mammi, hol mich ab!" (Trikont) von Café Unterzucker. Dessen Refrain geht: "wannsammadenndosammadosammadosammado". Mandoline, Banjo und die Bläser scheppern, dass einem ganz balkanesisch zu Mute ist. "Autogriiiill" singt der Richard Oehmann da plötzlich - mit so vielen ,i', die findet man auf keiner Tastatur.

Da man weiß: Jetzt wird alles gut. Denn: "bist a Rettung für die Blase und für'd Seele a Oase". Oehmann kennt man von Dr. Döblingers geschmackvollem Kasperltheater, das Kinder und Erwachsene auf ganz unterschiedliche Weise geschmackvoll unterhält. Mit seinem Café Unterzucker, das so heißt, weil hier ungesüßte Lieder für Kinder auf der Karte stehen, hat er das zweite Album aufgenommen: ein Konzept-Album über Urlaub, Reise und Freiheit ganz allgemein. Zweites Gründungsmitglied ist Tobias Weber, zuständig für alles Zupfsaitige: Banjo, Gitarre, Mandoline und Bass. Der Theatermusiker spielte auch beim unlängst beerdigten Avantgarde-Ensemble Piano Possibile. Auch sonst haben im Café Unterzucker aufregende Musiker Spaß. Evi Keglmaier und Maria Hafner von Zwirbeldirn zum Beispiel, Micha Acher von The Notwist und Greulix Schrank, ehemals Metal-Drummer bei Schweisser. So klangkompetent besetzt, bekommt jedes Lied sein eigenes Gesicht: Italo-Schlager, Rock'n'Roll, Country, Seemanns-Shanty. Diese Truppe kann einfach nicht kindlich sein. Sie ist zum Glück irrsinnig kindisch.

Es gibt da das "Freiheitslied". Quasselnd nimmt ein Chor Aufstellung, während ein Leiter mit Zeigefinger versucht, substantielle Gedanken zum Thema Freiheit in die Birnen der Sänger zu bimsen. Das muss entgleisen. Denn Freiheit ist in diesem Schunkler eben auch Cola saufen, "Goethe" rülpsen und - Eltern seid stark - das ist noch nicht das Ende. Erwachsene, die da das Lachen verlernt haben, sollten mal wieder eine Popelkugel durch die Gegend schnalzen. Im Titelsong dieses Albums, mault einer, der ins Feriencamp verbannt wurde: "Stell Dir vor, beim Frühstück, gab's nicht einmal Nutella, stattdessen fiel ein Käfer auf den teuren Outdoor-Teller." Ob Mammi ihn jetzt abholt? Fraglich. Freiheit ist im Café Unterzucker die Möglichkeit, den Quengler in sich zu entdecken oder über ihn zu lachen. So wie über den Rockabilly-Heuler, der einen super Tag am See hatte. Blöd, dass jetzt die "Außenkruste" in großen Schindeln von ihm abfällt. Wenn der Spaß dann rum ist, ist man dem Reiseziel immerhin 47 Minuten nähergekommen. Aber bis die ganze Autobesatzung die Texte mitsingen kann, kann man das ruhig noch bis über den Brenner hören.

Café Unterzucker: "Bitte, Mammi, hol mich ab!" Do., 30. April, 15 Uhr, Milla

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