Mehr als 50 000 Kinderbücher hat eine SZ-Datenanalyse untersucht. Sie zeigt, dass Kinderbücher immer noch voller Geschlechterklischees stecken. Aus diesem Anlass wollten wir von unseren Lesern und Leserinnen wissen, welche Bücher sie als Kinder am liebsten gelesen haben. Hier ist eine Auswahl:
Eines meiner absoluten Lieblingsbücher als kleines Mädchen war die "Struwwelliese" von Cilly Schmitt-Teichmann. Meine Mama las mir damals aus ihrem zerfledderten Exemplar aus den 1950ern vor und, genauso wie ich, hegte auch sie große Sympathie für die Struwwelliese: das Kleidchen verdreckt und zerrissen vom auf die Bäume klettern, das Schulheft vollgeschmiert und nicht in Schönschrift, und Gemüse mochte sie zudem auch nicht. Diese Liese war zweifelsfrei eine coole Socke und dass ich eine wilde Punkzeit in meiner Jugend hatte, ist bestimmt auch dieser Buchfigur zu verdanken. Struwwelliese hätte genau wie ich statt Lackschühchen Doc Marten's getragen. Natürlich wird Struwwelliese am Ende geläutert, aber das war für meine Mama und mich nebensächlich. Wir mochten beide das schlampige Lieserl. Als ich dann in meinen Zwanzigern bereits ausgezogen war, bekam ich von meiner Mama einmal zum Geburtstag mein eigenes Struwwelliese-Exemplar. Bleib so lieb, schlampig und unangepasst wie du bist, so mag ich dich am liebsten, sollte das wohl heißen.