Kinderbuch:Der Himmel im Widerstand

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Wie Holly und Frida für eine bessere Welt kämpfen, als sie im Himmel zwischen den Engeln gelandet sind.

Von Roswitha Budeus-Budde

Aus dem Lautsprecher scheppert eine Durchsage: Achtung, alle frisch Verstorbenen der Linien 3 und 18 bitte zur Station D. Ihr Bus fährt in wenigen Minuten."

Gerade noch rannte die zehnjährige Holly über die Straße und achtete, voller Wut auf ihre Mutter, nicht auf den Lieferwagen, der sie erfasste. Zu ihrem großen Schrecken befindet sie sich plötzlich in einer riesigen Halle. In dem unglaublichen Gewimmel von Menschen und Tieren, die ihre Busse suchen, spricht sie Frida, ein seltsames Mädchen an, das hier schon seit 100 Jahren herumirrt und ihr erklärt, was sie jetzt erwartet.

Micha Lewinsky setzt in seinem Debüt "Holly im Himmel" seine Erfahrungen als Drehbuchautor und Filmemacher ein, und seine Fantasie scheint zwischen Himmel und Erde keine Grenzen zu kennen. Alle Verstorbenen werden mit Bussen zu ihren Zimmern gefahren, hinter denen sich die Welt befindet, die sie sich schon auf der Erde gewünscht haben und in der sie nun hier im Himmel für alle Ewigkeit leben werden. Holly und Frida beobachten, wie die Passagiere den Bus verlassen, die alte Dame von ihren Freunden begrüßt wird, und ein Eisbär und ein Inuit in der Arktis verschwinden.

In einer Art literarischer Montagetechnik wechselt der Autor in seinen Szenen nun zwischen Himmel und Erde

Aber ob Hollys Wunsch, dass sie hinter ihrer Tür wieder beide Eltern trifft, die sich getrennt hatten, und der blöde Uwe, der Freund der Mutter wieder verschwunden ist, Wirklichkeit werden soll? Sie beginnt nachzudenken und möchte zur Erde zurückkehren, aber dazu muss sie ein Engel werden - erklärt ihr Frida - und vorher die Engelschule besuchen. Warum das schwierig ist, erzählt der dramatische Teil der Handlung, mit manchen realsatirischen Bezügen zu aktuellen Problemen auf der Erde. Denn im Himmel herrscht der Diktator Bortel, der brutal für Ordnung und Gehorsam sorgt und bald Jagd auf die beiden Kinder macht.

In einer Art literarischer Montagetechnik wechselt der Autor in seinen Szenen nun zwischen Himmel und Erde, denn Frida und Holly, nach einigen Schwierigkeiten beste Freundinnen, gelangen mit Hilfe einer Widerstandsgruppe der Engel auf die Erde. Um nicht erkannt zu werden, als altes Ehepaar, das nun von Hollys Familie aufgenommen wird. Was natürlich Holly mit ihren kindlichen Wünschen als vermeintliche Erwachsene in Schwierigkeiten bringt. Das endet oft in Komik, denn verbunden werden beide Welten mit Slapstick und Humor, mit Spannung und Überraschung, und der Erzähler bringt sich selbst ein, wenn er Fragen stellt und Hinweise auf den Verlauf der Geschichte gibt.

Die wird immer turbulenter, bis sie mit einem filmreifen Showdown, im Himmel und auf Erden endet, bei dem der Diktator mit einer Bratpfanne, geschwungen von einem Widerstandsengel, außer Gefecht gesetzt wird. Doch vorher gibt der Autor Holly die Möglichkeit, ihrer Mutter und dem Bruder bei der Trauer über ihren Tod zu helfen. "Ich würde mich sehr freuen, wenn das Buch tröstet, wenn es Mut macht. Und vielleicht, das wäre wundervoll, wenn es Lust macht zu leben", sagte Micha Lewinsky in einem Interview. (ab 10 Jahre)

Micha Lewinsky: Holly im Himmel. Mit Illustrationen von Lawrence Grimm. Diogenes 2022. 208 Seiten, 14 Euro. (Erscheinungsdatum 24.8.)

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