Biographie:Rabauken in der Sänfte

Biographie: Illustration aus Dalai Lama / Bao Luu: Lass die Liebe wachsen. Meine Kindheit in Tibet.

Illustration aus Dalai Lama / Bao Luu: Lass die Liebe wachsen. Meine Kindheit in Tibet.

Der Dalai Lama erzählt aus seiner Jugend, vom Tag an, als er als Kind zum neuen Oberhaupt der des tibetischen Buddhismus ausgewählt wurde

Von Fritz Göttler

Er ist ein Wegeweiser, er gibt die Richtung an, zeigt, wo's lang geht, schon als kleines Kind. Da sieht man ihn auf den Schultern der Mutter sitzen, die Hand an ihrem Ohr. "Wenn ich nach links wollte, brauchte ich meine Mutter nur am linken Ohr zu ziehen, wollte ich nach rechts, am rechten. Wenn sie nicht verstand - oder nicht verstehen wollte -, was ich meinte, strampelte ich wie wild mit den Füßen!"

Der 14.Dalai Lama wird am 6.Juli 1935 in Taktser in der tibetischen Region Amdo geboren. Im Juli 1939 wird er von einer mönchischen Findungskommission zum neuen Dalai Lama erklärt, das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus, und in die Hauptstadt Lhasa gebracht, im Februar 1940 beginnt seine Mönchsausbildung. Im November 1950 wird er das politische Oberhaupt von Tibet. Im März 1959, nach dem von chinesischen Truppen niedergeschlagenen Aufstand in Lhasa, flieht er nach Indien. Im Mai 2011 verzichtet er auf die Rolle als politisches Oberhaupt, die Macht geht an gewählte Vertreter.

Jede Religion ist auch politisch, das macht der Konflikt zwischen China und Tibet um den Dalai Lama deutlich, und jede Politik hat religiöse Momente. Die meisten Führerfiguren der Weltreligionen, von Moses bis Mohammed, sind strenge alte weißbärtige Männer, der Dalai Lama hat dagegen eine Kindlichkeit bewahrt, lächelnd und umgänglich. Die hat der vietnamesische Künstler Bao Luu hier ganz zauberhaft naiv gezeichnet.

Im Mittelpunkt steht eine Kindheit auf dem Lande, die Eltern sind Bauern und Pferdezüchter. Die Aufgabe des Jungen - die Eier der Hühner einzusammeln. Er spielt mit Skorpionen, gern sitzt er auf dem Dach, um "den Bergen dabei zuzusehen, wie sie sich dem Himmel entgegenstreckten". Von der Mutter kommen wichtige Impulse: "Durch ihr Vorbild brachte sie auch das Pflänzchen der Freundlichkeit in mir zum Wachsen." ("The Seed of Compassion" heißt das Buch im Original.) Eine natürliche Autorität, voller Verständnis und Mitgefühl.

Als neuer Dalai Lama wird der Bub, nicht mal vier, in einer Sänfte in die Hauptstadt Lhasa gebracht. Bao Luu macht aus diesem ungewöhnlichen Event eine fantastische Totale. Sein Bruder ist dabei, die beiden sind ziemliche Rabauken, "und immer, wenn wir in der gemütlichen Kabine herumtobten, geriet sie aus dem Gleichgewicht und kippte. Irgendwann wurden wir getrennt und ich musste für den Rest der Reise allein in meiner Sänfte sitzen."

Die Mechanik interessiert den jungen Mönch, "wie die Dinge um mich herum funktionierten", es gibt eine Lust, Sachen zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen, Spielsachen und Uhren, Filmprojektoren oder Autos.

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