Konzert auf dem Maidan:Kyiv Classic Orchestra spielt im Zentrum Kiews

Konzert auf dem Maidan: Dirigent Herman Makarenko beim Konzert auf dem Maidan, dem zentralen Platz der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Dirigent Herman Makarenko beim Konzert auf dem Maidan, dem zentralen Platz der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

(Foto: Gleb Garanich/Reuters)

Die Musiker wollen ein Zeichen der Resilienz setzen, einen Ruf nach Frieden erklingen lassen - und ein politisches Signal ans Ausland senden.

Von Moritz Baumstieger

Streicher im Wintermantel, Hornisten mit Baseball-Caps und Daunenkapuzen, ein Dirigent mit Rollkragen und Baskenmütze: Der Aufzug des Kyiv Classic Orchestra entsprach nicht der normalen Arbeitskleidung, die Orchestermusiker gemeinhin bei Auftritten tragen. Doch das kurze Konzert, das das Ensemble am Mittwochmittag auf dem Maidan in Kiew spielte, war auch kein normales, und das nicht nur, weil sich die Temperaturen um den Gefrierpunkt bewegten: Die Ukraine befindet sich im Krieg, russische Truppen bereiten sich nur wenige Kilometer entfernt auf den Sturm auf die Hauptstadt vor, der Platz, auf dem das Unabhängigkeitsdenkmal und zu seinen Füßen nun die Musiker stehen, ist mit Panzersperren abgeriegelt.

Konzert auf dem Maidan: Das Kyiv Classic Orchestra spielt unter dem Motto "Free Sky" bei Temperaturen um den Gefrierpunkt vor dem Unabhängigkeitsdenkmal in Kiew.

Das Kyiv Classic Orchestra spielt unter dem Motto "Free Sky" bei Temperaturen um den Gefrierpunkt vor dem Unabhängigkeitsdenkmal in Kiew.

(Foto: Youtube/Screenshot/Suspilne)

In diesem Setting wollte das Orchester natürlich nicht wirken wie die legendär gewordene Kapelle der Titanic, die bis zum sprichwörtlichen Untergang spielte. Die Musiker wollten eher ein Zeichen der Resilienz setzen, einen Ruf nach Frieden erklingen lassen - und ein politisches Signal ans Ausland senden. "Free Sky" hatte der Dirigent, Orchestergründer und "Unesco-Friedenskünstler" Herman Makarenko die Darbietung überschrieben, die live im Fernsehen übertragen wurde. Mit der Forderung nach einem freien und vor allem sicheren Himmel wollten Makarenko und die Musiker nun dafür werben, dass die internationale Gemeinschaft eine Schließung des ukrainischen Luftraumes erzwingt, um die Gefahr durch russische Kampfflugzeuge zu bannen. Ein solcher Schritt könnte zwar den Ukrainern Leid ersparen, er birgt aber auch große Risiken: Ein Eingreifen etwa der Nato könnte aus dem bislang auf die Ukraine beschränkten Konflikt schnell einen kaum mehr zu kontrollierenden Krieg werden lassen.

Konzert auf dem Maidan: Ein Bassist vor den Panzersperren im Kiewer Zentrum.

Ein Bassist vor den Panzersperren im Kiewer Zentrum.

(Foto: Gleb Garanich/Reuters)

Doch wie um dem Anliegen des Dirigenten Nachdruck zu verleihen, heulten Berichten zufolge die Sirenen des Luftalarms, kurz bevor Makarenko den Taktstock erhob. Dann erklang die ukrainische Nationalhymne, es folgten ukrainische Volkslieder und Fragmente von Opern heimischer Komponisten. Seine Darbietung schloss das Orchester mit einer musikalischen Reverenz an Europa. Im Zentrum des Landes, das nun, mitten im Krieg, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt hat, erklang die EU-Hymne, Beethovens "Ode an die Freude".

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