Süddeutsche Zeitung

KI:Endlich

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Auf dem langen Weg zur kurzen Pointe: Zum ersten Mal ist es einem Roboter gelungen, ein Publikum mit Witzen zu amüsieren. Naja, mit einigen Witzen. Was jetzt nur noch fehlt, sind Spontaneität, Selbstbewusstsein und Sprachgewandtheit.

Von Jens-Christian Rabe

Das Witze-Erzählen gilt als eine der großen Hürden für die künstliche Intelligenz. Um Witze so zu erzählen, dass Menschen auch über sie lachen, sind Selbstbewusstsein, Spontanität, Einfühlungsvermögen und Sprachgewandtheit nötig, lauter Eigenschaften also, die Computern schwer beizubringen sind. Der ernste Hintergrund der AI-Komikforschung ist, dass Humor bei der menschlichen Interaktion mit Technologie als immer wichtiger angesehen wird. Konzerne wie Apple und Google investieren erhebliche Summen, um in ihre sprachgesteuerten Alltagsassistenten Siri oder Alexa Gags zu programmieren. Sie gehen davon aus, dass Witze ihre Geräte weniger unheimlich erscheinen lassen und die Nutzer dann bereit sind, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen. Gags als sozialer Leim, je spontaner, desto besser.

Bis zum wirklich spontan witzigen Computer ist es noch ein weiter Weg. Der Robotik-Forscherin Heather Knight von der Oregon-State-Universität ist es laut dem britischen Economist nun allerdings immerhin schon mal gelungen, einen Roboter namens "Data" von der Größe eines Kobolds mit 200 Gags zu füttern und so zu programmieren, dass er ein Publikum im International Trade Center in Washington zum Lachen brachte. Zum Beispiel mit diesem Witz: "Sagt ein Arzt zum Patienten: ,Ich habe eine schlechte und eine noch schlechtere Nachricht für Sie. Die schlechte ist, dass Sie nur noch 24 Stunden zu leben haben.' Fragt der Patient: ,Das ist ja furchtbar, was soll denn noch schlechter sein als eine solche Nachricht?' Der Arzt: ,Ich versuche schon seit gestern, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen.'"

Der Algorithmus von Data funktioniert dabei ähnlich wie die Algorithmen, die Nutzer von Netflix oder Youtube mit Empfehlungen versorgen. Welchen Witz er als nächsten zum Besten gibt, entscheidet Data auf der Basis der Stärke des Gelächters über den je letzten Witz und anhand der Reaktion eines Teils des Publikums, das seine Wertschätzung zeigt, indem es nach einer Pointe einen roten oder einen grünen Zettel hochhebt. Um den Auftritt weniger schematisch wirken zu lassen, plant Knight, Data beizubringen, reumütig zu reagieren, wenn ein Witz danebengeht.

Alles in allem kann man also sagen, dass der AI-Humor inzwischen das Niveau deutscher Comedy erreicht hat. Im Umkehrschluss gilt allerdings auch, dass es - siehe ZDF-"Heute-Show" oder Mario Barth - bis auf Weiteres unendlich effizienter sein dürfte, Menschen so zu trainieren, dass sie roboterhaft lausige Gags erzählen als umgekehrt. Nimm das, Amerika.

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Quelle:
SZ vom 24.10.2018
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