Der Mann versprach gegen Ende des 18. Jahrhunderts ungeahnte Einsichten in den menschlichen Geist. Mit einem Blick auf seine Probanden wollte Franz Joseph Gall erkennen, wie ehrgeizig, kinderlieb oder obrigkeitshörig sie seien. Denn die Form ihres Schädels verrate, wer gut oder böse, ehrenhaft oder niederträchtig sei. Gall nahm Gipsabdrücke von Hunderten Probanden, erstellte elaborierte Schädelkarten, er tourte durch Europa, fand zahlreiche Schüler und praktizierte vor gekrönten Häuptern, auch Goethe war ein Fan. Die Phrenologie war entstanden. Es sei schon auffällig, "dass alle Stänkerer unmittelbar hinter und im Niveau der Ohren den Kopf viel breiter hatten als die Feiglinge", schrieb Gall.
Künstliche Intelligenz und Charakter:Ins Gesicht geschrieben
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Kann man die Charaktereigenschaften von Menschen an ihrem Äußeren erkennen? Wie eine alte Idee dank Künstlicher Intelligenz wiederbelebt wird.
Von Michael Moorstedt
Doku auf Netflix:Code und Vorurteil
Der Film "Coded Bias" zeigt, warum die schöne neue Welt der Algorithmen genauso rassistisch ist wie die alte: Was sie weiß, hat sie von weißen Männern gelernt.
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