Keanu Reeves im Interview:"Am Ende sind alle drei Helden"

Keanu Reeves im Interview: Keanu Reeves in "Threesome - Eine Nacht in New York"

Keanu Reeves in "Threesome - Eine Nacht in New York"

Eigentlich sind ausverkaufte Kinos seine Bühne, doch nun ist Keanu Reeves in einer Arthouse-Produktion zu sehen. In Deutschland wird der Film unter dem Titel "Threesome - Eine Nacht in New York" nur auf DVD veröffentlicht. Ein Gespräch über "Big Apple", die heutige "Generation X" und den Sinn des Lebens.

Von Paul Katzenberger

Er gilt als "Einsiedler unter Hollywoods Idolen", doch seine "asketischen Züge" und die "Aura von Verletzlichkeit und Unnahbarkeit" haben Keanu Reeves bei vielen Kinofreunden zum Kult gemacht. In seinem neuen Film "Threesome - Eine Nacht in New York" ist er nun an der Seite von Bojana Novakovic und Adelaide Clemens in einer - für seine Verhältnisse - ungewöhnlich kleinen Produktion zu sehen. Der Film kam in Deutschland vor kurzem als DVD auf den Markt, noch bevor er in den US-Kinos angelaufen ist. Das Spielfilmdebüt von Regisseur Mark Mann stieß hierzulande auf eine durchwachsene Resonanz - Reeves erklärt im Interview, was ihn dazu veranlasst hat, die für ihn ungewöhnliche Rolle anzunehmen.

SZ.de: Herr Reeves, mit der Matrix-Trilogie oder Filmen wie "Speed" haben Sie das Massenpublikum erreicht. Mit Ihrem neuen Film "Threesome - Eine Nacht in New York" dürfte das eher schwierig werden.

Reeves: Ja, dieser Film ist wohl ein Teil jenes Kinos, das wir "Independent Cinema" nennen. Wenn Sie mal etwas anderes sehen wollen als die "Avengers" oder andere Genre-Filme, die ja auch ihren Reiz haben. Aber dieser Film hat ein anderes Anliegen.

Dieses Anliegen ist gar nicht so leicht zu erkennen. Es geht um zwei junge Frauen und einen etwas älteren Mann, den Sie darstellen, die in New York in den Tag hineinleben und dabei nicht immer glücklich wirken. Das ist mehr oder weniger schon die ganze Handlung, zumindest nach Auffassung einiger Kritiker.

Der Film ist in seiner Herangehensweise tatsächlich unkonventionell. Aber ich würde schon sagen, dass es einen Handlungsstrang gibt. Da ist dieses Geheimnis, mit dem "Threesome" anfängt. Wir sehen, wie diese drei Leute am Morgen nach Hause kommen, und wir fragen uns, wer diese Leute sind, wo sie herkommen. Der Film begleitet die drei Protagonisten dann einen Tag und eine Nacht, und wir erfahren etwas über sie, und sie lernen auch etwas von einander.

Das Geheimnis wird im Film aufgelöst, das will ich hier nicht vorwegnehmen. Nur so viel: Sex, Alkohol und Drogen spielen eine Rolle, und die drei Hauptfiguren des Films scheinen Schwierigkeiten zu haben, einen Sinn im Leben zu erkennen. Ist das typisch für unsere Zeit?

Ja, ich denke, dass der Film eine gewisse Allgemeingültigkeit hat, besonders für das Leben in westlichen Großstädten. Aber "Threesome" weist über diese Aspekte hinaus. Allen drei Figuren ist das Verlangen nach Vertrauen und Innigkeit gemein.

John, die Figur, die Sie darstellen, ist derjenige, der das Vertrauen in der Gruppe festigt, indem er anfängt, sich für die schwierige Vergangenheit der Frauen zu interessieren. War es diese Funktion des Brückenbauers, die Sie an dieser Rolle gereizt hat?

Ja, als ich das Drehbuch gelesen habe, hat es mich sehr berührt. Wenn ich die Protagonisten am Anfang sehe, und ihre Situation am Schluss damit vergleiche, hat sich für mich ihr Leben verändert. Am Anfang spürt man ihre Verzweiflung, und am Schluss haben sie zu einer inneren Verbundenheit gefunden. Das hätte nicht gelingen können, wenn sie nicht all das hätten durchmachen müssen, was an dem Tag und in der Nacht passiert. Ich fand das ziemlich heldenhaft.

"New York ist für viele Menschen ein Ziel"

Das sind starke Worte für ein vergleichsweise lapidares Ende.

An dem menschlich aber etwas entstanden ist. Wenn man John zunächst in seiner emotionalen Isolation sieht und sich die schwierige Vergangenheit der Frauen vor Augen hält, sind die drei am Ende richtige Helden.

Ich nehme an, dass der Ort der Handlung mit New York bewusst gewählt wurde.

Absolut. New York ist für viele Menschen ein Ziel. Es hat eine Vergangenheit und eine spezielle Patina. Außerdem ist Regisseur Mark Mann mit New York durch seinen Lebenslauf verbunden.

Keanu Reeves

Keanu Reeves: "New York ist für viele Menschen ein Ziel."

(Foto: AFP)

Spielte es auch eine Rolle, dass New York oft als Raum für unbegrenzte Möglichkeiten gesehen wird?

Überhaupt nicht. In dem Film geht es um eine menschliche Geschichte, und einer der Aspekte, der sie einmalig macht, ist diese besondere Stadt.

In Amerika trägt der Film den seltsamen Titel "Generation Um ...". Das erinnert an "Generation X", was ja auch zum Inhalt des Filmes passen würde. Wie kam es zum amerikanischen Titel?

Er ist eine Erfindung des Regisseurs und keine geläufige Bezeichnung. Der Bezug, den man zu "Generation X" herstellen kann, war Mark Mann natürlich bewusst. Ich finde, es ist ein klasse Titel. In Deutschland haben sie diese künstlerische Entscheidung offenbar nicht gemocht. Der Film ist im Original auch viel grobkörniger, weil er mit einer Super-16-mm-Kamera gedreht wurde. Doch für Deutschland haben sie ihn sauber gemacht.

Der Film wirkt teilweise trotzdem wie ein Home Movie. Vor allem ab dem Punkt, an dem John auf der Straße eine Videokamera stiehlt, und damit anfängt, seine Umgebung einzufangen.

Das stimmt. Diese Aufnahmen habe alle ich gemacht. Der Regisseur wollte es so. Er wollte, dass ich mehr von John durch John verstehe.

Das heißt, Sie sind jetzt auch Kameramann?

Ich weiß nicht, ob ich in den Berufsverband aufgenommen werde. Aber es hat wirklich Spaß gemacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: