Jugendliteratur:Protest gegen Preis-Absage

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Das Jugendbuch "Papierklavier" von Elisabeth Steinkellner und Anna Gusella lehnte die Bischofskonferenz als Preisträger ab. (Foto: Anna Gusella/Beltz und Gelberg)

Kirsten Boie, Paul Maar, Anke Kuhl: 222 Kinderbuchautoren protestieren gegen die Absage des Katholischen Jugendbuchpreises. Das von der Jury ausgewählte Buch war den Bischöfen offenbar zu anstößig.

Von Kathleen Hildebrand

222 Kinderbuchautoren und -illustratoren haben in einem offenen Brief an den Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz dagegen protestiert, dass der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis in diesem Jahr nicht vergeben wird. Unter ihnen sind bekannte Schriftsteller wie Kirsten Boie, Paul Maar, Anke Kuhl und Finn-Ole Heinrich. "Mit Entsetzen und Unverständnis", schreiben sie darin, "haben wir von Ihrer Entscheidung gelesen, dem Votum der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises nicht zu folgen und das für preiswürdig befundene Jugendbuch 'Papierklavier' nicht auszuzeichnen." Auch von der 15 Titel umfassenden Empfehlungsliste der Jury wurde das Buch gestrichen. "Diese intentionale Ausgrenzung" wolle man nicht schweigend hinnehmen.

Die zehnköpfige Jury des Preises, die sich aus Theologen, Literaturwissenschaftlern und Pädagogen zusammensetzt, hatte sich für das Buch von Elisabeth Steinkellner als Gewinnertitel entschieden. Doch der Ständige Rat, der der Jurywahl zustimmen muss, sagte Nein: Das Buch entspreche nicht den Kriterien des Preis-Statuts. Weil die Jury nicht bereit war, andere Titel für den Preis vorzuschlagen, fällt die Preisvergabe 2021 aus.

Eine Freundin der Hauptfigur ist transgender.

In ihrem offenen Brief schreiben die Autorinnen: "Die Ablehnung der Jury-Entscheidung verweist auf ein fehlendes Vertrauen in jene Vertreter kirchlicher Institutionen, die mit jungen Menschen arbeiten, ihre Lebenswelten und -realitäten, ihre Sorgen und Hoffnungen kennen." Warum genau der Rat mit "Papierklavier" nicht einverstanden war, hat die Bischofskonferenz nicht erklärt. Das Buch handelt von einem 16-jährigen Mädchen, das in Tagebuchform aus ihrem Alltag berichtet. Es geht um Armut, den Tod einer geliebten Ersatzoma, um Freundschaft und, ja, auch um Sexualität. Eine Freundin der Hauptfigur ist transgender.

In verschiedenen Zeitungsartikeln und in den sozialen Medien wurde vergangene Woche spekuliert, dass diese Nebenfigur den Bischöfen nicht gepasst haben könnte - eventuell aber auch der Umgang mit Fragen der Sexualität als zu explizit empfunden wurde. Offiziell bestätigt wurde nichts davon. Ein Sprecher der Bischofskonferenz sagte nur, dass der Rat in dem Vorgang "keinen Eklat" erkennen könne. Aus den Beratungen des Gremiums werde grundsätzlich nicht berichtet.

"Die Ablehnung", steht im offenen Brief der Autoren, stelle die Glaubwürdigkeit dieses Preises infrage und beschädige das Ansehen der ihn stiftenden Institution. Er endet mit der dringenden Bitte an den Ständigen Rat, seine "Entscheidung noch einmal zu überdenken und der Empfehlung der Jury zu folgen".

Auch der Arbeitskreis für Jugendliteratur und die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen haben sich in einem offenen Brief "mit Erstaunen und Unverständnis" zu den Ereignissen geäußert. Der Arbeitskreis ist zuständig für die Vergabe des Deutschen Jugendliteraturpreises, auf dessen Nominierungsliste "Papierklavier" ebenfalls steht. "Wir hoffen für die Zukunft", schreiben sie, "dass in der Katholischen Kirche ein Umdenken stattfindet und sie sich nicht immer weiter von den Realitäten der Kinder und Jugendlichen entfernt."

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