Süddeutsche Zeitung

Karikaturen im Ersten Weltkrieg:Dienst mit der Zeichenfeder

Eigentlich ist die Karikatur ein Instrument der Machtkritik. Aber während des Ersten Weltkriegs stellten sich deutsche Zeichner in den Dienst des Kaiserreichs. Vom patriotischen Nationalismus beseelt, diffamierten sie ihre Feinde und verharmlosten die Auswirkungen des Kriegs.

Von Philipp Obergaßner

Eigentlich ist die Karikatur ein Instrument der Kritik an der Macht. Während des Ersten Weltkriegs aber stellten sich die deutschen Zeichner in den Dienst des Kaiserreichs. Vom patriotischen Nationalismus beseelt, diffamierten sie ihre Feinde und verharmlosten die Auswirkungen des Kriegs. Nationaler Chauvinismus in Reinform: Der übergroße deutsche Michel nimmt gelassen die Kriegserklärungen der Entente an - während deutsche Soldaten bereits Gegner aus Großbritannien, Frankreich, Belgien, Rußland und Japan vertreiben.

Dieser Reim ist teilweise heute noch bekannt. Durch die verharmlosende Darstellung erscheint Krieg fast als etwas lustiges - eine Kugel in den Hintern oder ein kleiner Piekser, was macht das schon?

Sehr viel drastischer zeichneten die Franzosen: Hier eine Karikatur, die den deutschen Hungerwinter 1916/17 abbildet. Ausgemergelte Kinder und Alte werden vom schwarzen Hunger gen Westen getrieben.

Auch die Briten trieben ihre Scherze mit dem Hunger: Durch reine Konzentration auf die Bilder könnten die Deutschen auch weiterhin zu Weihnachten Bier, Leberwurst und Sauerkrut genießen.

Die deutsche Propaganda hingegen verschleierte die Engpässe. Wie hier wurden Bilder von wohlgenährten deutschen Soldaten gezeigt, die auf große Fleischvorräte zurückgreifen können. In der Bevölkerung führte diese Verzerrung bald zu Protesten.

Die ersten militärischen Erfolge Deutschlands. Der deutsche Michel sackt sie ein.

Hier ist "die böhmische Hundswut" dargestellt. Unten zu lesen: "Ist denn kein Hundefänger da? Ich will doch mein Schwert nicht beschmutzen." Die Karikatur stammt allerdings aus den Vorkriegsjahren und spielt auf Krawalle in Prag an. Im Krieg hielt gab es solche Schmähungen der slawischen Untertanen des österreichischen Kaisers nicht: Denn Wien brauchte die Tschechen als Soldaten für den Krieg.

Diese Postkarte warb zum Zeichnen von Kriegsanleihen. Motiv ist der tapfere Soldat im Feindesland, der Unterstützung von zu Hause braucht.

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