Kammerspiele:Theater ohne Grenzen

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Die Hamburger Performancegruppe "Hajusom" spielt beim Kongress ihr Stück "Paradise Mastaz"- mit Schaumstoffpuppen und Marionetten. (Foto: Lutz Saure)

Der "Open Border Kongress" an drei Tagen

Von christiane lutz, München

Ein Theater muss mehr sein, als ein Ort, an dem Kunst gemacht wird. Es muss sich für aktuelle Themen und sowieso für alle Menschen öffnen. Matthias Lilienthal macht gleich zu Beginn seiner Intendanz klar, wie ernst es ihm mit dieser Ansicht ist. Der "Open Border Kongress", der von Freitag bis Samstag in den Kammerspielen stattfindet, ist ein Zeichen. "Unser Anliegen ist es, das Thema Flucht und Geflüchtete ins Zentrum unserer Arbeit zu rücken", sagt Björn Bicker, der mit Malte Jelden den Kongress leitet. Die Tage tragen jeweils die thematischen Titel "Refugee, Asylum Seeker, Citizenship" - also: Geflüchteter, Asylbewerber, Bürger. Die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, wird sprechen, ebenso die Aktivisten von "Bellvue di Monaco", der französische Migrationsforscher François Gemenne verkündet zehn Thesen, warum die Grenzen geöffnet werden sollen. Es wird Lesungen geben und künstlerische Performances. Politiker oder Vertreter einer strengeren Asylpolitik haben Bicker und Jelden bewusst nicht eingeladen, "weil die Stimmung im Land nicht kippen darf". Dass man Geflüchtete aufnehmen müsse, sei für sie unstrittiger Fakt, der nicht mehr diskutiert werden müsse. Der "Open Border Kongress" soll der Beginn einer Entwicklung sein, an deren Ende ein "Munich Welcome Theater" steht. Die Kammerspiele wollen Geflohene konkret in die Arbeitsprozesse am Theater einbeziehen und auf sie zugehen.

Für Wirbel im Vorfeld sorgte die "Schlepper- und Schleusertagung", die der bayerische Flüchtlingsrat im Rahmen des Kongresses an dem Wochenende veranstaltet um - urteilsfrei - über Fluchthilfe zu sprechen. Diese habe auch deutschen Flüchtlingen einst während des Zweiten Weltkriegs genutzt. Die provokant als "Fachtagung" verkleidete Veranstaltung hatte die Polizei und sogar den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) alarmiert. Man vermutete kriminelle Machenschaften und Verharmlosung der Fluchthilfe. Inzwischen ist das Missverständnis weitgehend aufgeklärt.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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