Kaiser Maximilian I.:Jagd, Altgriechisch und Frauengeschichten

Kaiser Maximilian I.: Maximilian als Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies - © Österreichische Nationalbibliothek

Maximilian als Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies - © Österreichische Nationalbibliothek

(Foto: © Österreichische Nationalbibliothek)

Eine Ausstellung in der Wiener Nationalbibliothek zeigt erstaunliche Dokumente aus dem Leben des Habsburger-Herrschers Maximilians. I.

Von Rudolf Neumaier

Gäbe es so etwas wie die Bunte für Historiker, Kaiser Maximilian wäre unter den Promis der europäischen Geschichte ein Dauerknüller als Cover-Promi. Ein Garant für Glamour, Sex und vielfältigste Abenteuer.

Er liebte Ritterturniere und interessierte sich für Kriege, die übrige Zeit vertrieb er sich mit der Jagd. Und lief ihm eine Frau über den Weg, die ihm gefiel, machte er von seiner kaiserlichen Macht Gebrauch, um großzügig den Samen des Habsburgergeschlechts zu verbreiten. Die Geschichtswissenschaft argwöhnt, eine Geschlechtskrankheit sei's gewesen, die ihn im Jänner 1519 fortraffte.

Mit einem Mann wie ihm kann man aufs Blech hauen, die Rüstkammern sind ja voll mit Turnierzeug von Maximilians besten Schmieden. Doch die Nationalbibliothek in Wien verzichtet im 500. Todesjahr des Habsburgers auf Harnisch und Waffen, sie verlässt sich auf das eigene Magazin.

Genau das macht ihre Ausstellung besonders wertvoll. Was die Kuratorin Katharina Kaska im Prunksaal des Hauses zusammengetragen hat, öffnet den Blick in die Geistesgeschichte des Reichs zu Beginn der Frühen Neuzeit. Es wäre keineswegs vermessen, wenn sie die Ausstellung "Maximilian für Fortgeschrittene" genannt hätten.

Der Buchdruck war nur fünf Jahre älter als er selbst, und Maximilian erwies sich als innovativ genug, die neue Technik für sein Nachleben einzusetzen. So gesehen war er nach den Propaganda-Großmeistern der römischen Antike der erste Medienkaiser des Heiligen Römischen Reiches.

Mit 27 Jahren wurde er 1486 König, 22 Jahre Kaiser. Wer sich zu Lebzeiten "kain Gedechtnus macht", sagte er, "der hat nach seinem Tod kein Gedechtnus". Neben dem Turnierbuch "Freydal" und dem Versroman "Theuerdank" ließ er eine dritte Autohagiografie erstellen: den "Weißkunig".

Wie es sich für eine fürstliche Selbstverherrlichung gehört, übertraf der Protagonist alle anderen in allen denkbaren Disziplinen. Publiziert wurde diese Schrift nie, doch die Nationalbibliothek stellt ein Exemplar aus, das als letzte Korrekturfahne gelten kann. Blatt für Blatt ließ sich Maximilian im Entstehungsprozess vorlegen und von Experten begutachten. Warum es nie gedruckt wurde?

Wohl weil der chronisch klamme Kaiser keinen Sponsor fand. Vielleicht aber auch, weil ständig Fehler auftauchten wie jener Fauxpas auf einem Holzschnitt zur Kindheit des "Weißkunig": Der Bub führt seinen Griffel von rechts nach links. Falsche Richtung. Es fiel rechtzeitig auf.

Maximilian hatte ständig Sekretäre um sich, denen er diktierte. Am vertrautesten diente ihm ein Schreiber mit dem klangvollen Namen Marx Treitzsaurwein. Die Darstellungen solcher Diktate interpretiert der umfangreiche Katalog als "unidirektionale Kommunikation".

Die Nationalbibliothek stellt ein Diarium aus, in dem Maximilian all seine Gedanken und Termine und Pläne und Projekte festhalten ließ.

Es vermittelt den Eindruck, dass er binnen weniger Augenblicke gedanklich von der Jagd zur Astrologie und sogleich von der Befreiung Jerusalems und der Vorbereitung seiner Kaiserkrönung zum Familienstammbaum und zum Umbau der Verwaltung und dann wieder zurück zur Jagd sprang.

Berater, die ihn umgaben, klagten über seine überraschenden Impulse. Und über seine Launen. Wer es ihm nicht recht machte, musste weichen: Beim Genealogen Suntaym gab er einen Stammbaum in Auftrag, damit der eine direkte Linie über die Merowinger zum trojanischen Helden Hektor nachweise. Dies misslang, Suntaym wurde ausgetauscht.

Gleichwohl entfaltete sich unter Maximilian der Humanismus. Das Griechische, soeben in Italien wiederbelebt, breitete sich aus.

Seine erste Ehefrau kam nie nach Österreich, seine zweite Gemahlin wollte der Kaiser nicht so oft sehen

Katharina Kaska gibt solchen Nebenerscheinungen der Zeit Maximilians Raum. Im Jahr 1497 kam Konrad Celtis, einer der maßgebenden Humanisten, aus Regensburg nach Wien. Celtis, der gelehrte Buddy des Kaisers, förderte das Griechische nach Kräften, blieb aber selbst auf Stümperniveau.

Der Tausendsassa Maximilian zeigt sich auch in der Diversität seiner Bibliothek. Für den Katalog sind Listen des Büchernachlasses ausgewertet worden. Der Kaiser setzte weder räumliche noch zeitliche Grenzen in der Forschung. Gerade war Amerika entdeckt worden. Die Geografie und die Kartenkunde unterstützte er ebenso wie die Astronomie und die Philologie.

Seine erste Ehefrau Maria von Burgund kam nie nach Österreich. Sie liebte er, doch sie starb früh nach einem Jagdunfall. Seine zweite Frau Bianca Maria aus reichem Mailänder Adel zog nach Innsbruck. Sie brachte Geld mit, doch sie wollte er selten sehen.

Bianca Maria und ihre Entourage aber prägten den Stil der Habsburger. Plötzlich interessierte sich Österreich für Mode.

Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger. Österreichische Nationalbibliothek, Wien. Bis 3. November. Katalog (240 Seiten) 29 Euro.

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