Kabarett:Pointen in der Schlinge

Dodge City Lustspielhaus

Bekannt wurde das in Kansas gelegene Dodge City Ende des 19. Jahrhunderts als Rinderstadt.

(Foto: Lustspielhaus)

Jochen Malmsheimer, Sven Kemmler, Mathias Tretter und Freunde vergnügen sich im Lustspielhaus als Cowboys in einer Western-Witz-Revue

Von Thomas Becker

Die Bilder waren schon im Kopf: Shootout vorm Saloon, Sheriff MacMalms gegen den Pistolero Kid Kemmler, bangendes Weibsvolk hinterm Fenster, der in Gedanken schon Maß nehmende Sargbauer vor seinen Holzlatten, und die Musi spielt dazu, irgendwas von Morricone. Bis ein Schuss die Stille zerreißt und der Böse, ungläubig blickend, in den Staub sinkt. Was man sich nach einer Western-Sozialisation in den Sechzigern und Siebzigern halt so einbildet, wenn man "Dodge City" hört und die Besetzungsliste liest: Jochen Malmsheimer, Sven Kemmler, Mathias Tretter & friends, die wunderbar durchgeknallte Truppe, die schon Schotten und Musketiere zum großen Gaudium der Fans auf die Bühne gewuchtet hatte. Zum Ritt in den Wilden Westen muss man allerdings sagen: Da war mehr drin.

Das hat Gründe. Natürlich ist die größte Leistung allein schon die Tatsache, dass diese vier Abende im Lustspielhaus überhaupt zustande kommen, dass sich diese insgesamt elf Vielbeschäftigten ein paar Löcher in den Tourkalender geschnitten haben. Dass da nicht viel geprobt und abgestimmt werden kann, erklärt sich von selbst. Doch dass die Truppe auf der Bühne so wenig miteinander spielt, ist schade. Vielmehr hockt das Westerner-Rudel in vollem Ornat im stilisierten Saloon und schaut und hört dem jeweils Vortragenden zu. Das wirkt statisch, zuweilen bräsig, beinahe so abwechslungsreich wie der Llano Estacado (Winnetou III, Kapitel 2). Wenn nicht gerade Ulan & Bator über die Bühne derwischen, tut sich da recht wenig, nicht mal eine klitzekleine Saloon-Schlägerei ist drin. Immerhin wird auf den Pianisten (Michi Sailer) geschossen, aber selbst das noch nicht mal mit Platzpatronen.

Hochkomisch ist das alles trotzdem. Dagmar Schönleber als Calamity Jane oder als durchs Bild wehender Präriebusch, Werner Brix als Philosoph mit Cowboyhut, Till Hofmann als lispelnder Sombrero-Träger, der einen vom Pferd erzählt, Martina Schwarzmann als leichtes Mädchen Angie, die Oralverkehr auf besonders schwer reimt, Mathias Tretter als Klaus Kinski ("Ist ganz einfach: Zunge unter die Oberlippe und so gucken wie Erdoğan, wenn er Extra 3 schaut") und Willy Michl als Willy Michl: Das ist ganz großer Bühnensport. Dazu die herrlich haarsträubenden Deklamationen von Kemmler und Malmsheimer, der den stilechten Bohnen-Furz als Running Gag etabliert und es schafft, Old Shatterhands Pferd Hatatitla ins Ruhrpöttische zu verpflanzen: "Hat dat Hitler eigentlich gewusst?" Ergo: Nicht ganz die versprochene "bleihaltige Soiree", aber immer noch zum Schießen.

Dodge City, Donnerstag und Freitag, 9. und 10. Juni, 20 Uhr, Lustspielhaus

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: