Kabarett:Albern mit Niveau

Sven Kemmler und Lisa Eckhart im Duett

Von Oliver Hochkeppel

War ja klar, dass der sprach- und stimmgewaltige Busenfreund von Sven Kemmler nicht fehlen durfte: So führte einen im Prolog Jochen Malmsheimers sonores Organ dort hin, wohin man "in Deutschland stets gelangt" - in den Wald. Dort also trifft Kemmler als neuer "finsterer Förster" auf die Österreicherin Lisa Eckhart, die mit ihrer extravaganten Erscheinung eine 3091 Jahre alte Nymphe verkörpern darf. Ein Spiel beginnt, in dem Märchen, Mythen und Sagen ebenso durch den Wolf gedreht werden wie Hochliteratur, Filmklassiker und Popkultur.

Beide bringen dabei ihre besonderen Steckenpferde ein: Eckhart ihre Vorliebe für den provozierenden Tabubruch und die einzigartige Fähigkeit, wienerische Morbidität und rabenschwarzen Humor in Poesie zu kleiden, Kemmler seine kulinarischen Neigungen und sein überbordendes, herrlich abstruses Spiel mit Klischees aller Art - was sogleich mit seiner besonderen "Hege des Waldes" anhebt, die hauptsächlich im Abmurksen von - mehr als sieben - Zwergen und der Jagd auf das unvermeidliche Untier besteht. Letzteres eine Schildkröte, die sich "zu langsam für das menschliche Auge bewegt". Beide passen sehr gut zusammen, ergänzen sich perfekt in den Szene für Szene wilder wuchernden Assoziationsketten, die von Falcos "Jeannie" über Thomas Manns "Zauberberg" bis zu Quentin Tarantinos "Kill Bill" reichen und in einer langen, vertrackten Todesszene mit offenem Ausgang endet.

Alles zusammen also eine hinreißende Alberei, bei der es Eckhart und Kemmler als Autoren wie Protagonisten mühelos gelingt, das ganz Schwere mit dem sehr Leichten zusammenzuführen. Im Saal ist das nicht ganz so mühelos mitzuverfolgen. Es geht einem mitunter wie einem Kind, das gebannt und fasziniert einem Text lauscht, obwohl es seinen Sinn gar nicht ganz verstehen kann. Sven Kemmler und Lisa Eckhart zeigen, dass man sich auch über seinem Niveau bestens amüsieren kann.

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