„Juliette im Frühling“ im Kino:Charmantes Familienchaos

Lesezeit: 2 Min.

Auf Familienbesuch: Izia Higelin als Juliette und Salif Cisse als Pollux in „Juliette im Frühling“. (Foto: Verleih)

Blandine Lenoir erzählt die autobiografische Graphic Novel von Camille Jourdy als tragikomische, liebevoll witzige Familiengeschichte: „Juliette im Frühling“.

Von Josef Grübl

Erste Zwischenbilanz des Kinojahres 2024: Taucht ein Hund namens Jean-Claude auf, wird’s lustig. Das war in „The Fall Guy“ so (wo Ryan Goslings tierischer Begleiter nur Französisch verstand), das ist in „Juliette im Frühling“ nicht anders. Beide Filme punkten mit vierbeinigen Jean-Claudes, die gute Laune machen. In Blandine Lenoirs Komödie bekommen sogar alle Beteiligten ihre Lacher, Menschen wie Tiere. Hier fliegen Katzen vom Dach, flüchten Entenküken vor Staubsaugern und werden pummelige Hunde zu Fotomodels.

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Alles passiert gleichzeitig, alles ist irgendwie miteinander verbunden, so wie im wahren Leben auch. Der Film basiert auf einer Graphic Novel von Camille Jourdy, diese hat autobiografische Züge: Die Illustratorin aus Lyon erzählt von einer Kinderbuchillustratorin aus Paris, die ihre in einer Kleinstadt lebende Familie besucht. Richtig willkommen fühlt sich Juliette (gespielt von der Rocksängerin Izïa Higelin) nicht, dafür sind alle anderen viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt: der Papa mit seiner Schusseligkeit, die von ihm geschiedene Maman mit einer geschlechtsteilorientierten Gemäldeausstellung, die Oma mit dem Umzug ins Altersheim und Juliettes Schwester mit ihrer Familie und einem Liebhaber. Letzterer ist ein gemütlicher Typ mit Bart, der sich gerne verkleidet (als Braunbär, Papagei oder Gespenst) und die stark übergewichtige Marylou (Sophie Guillemin) nackt durch den Garten jagt.

Warum ihre Familie so ist, wie sie nun mal ist – die Oma weiß es

Da in diesem Film alles mit allem zusammenhängt, kommt das Gespensterkostüm nicht von ungefähr: Blandine Lenoir, die ihre mäandernde Erzählweise bereits in „Madame Aurora und der Duft von Frühling“ (2017) etablierte, die sehr beiläufig und ganz nah an den Figuren entlang inszeniert, legt eine Gespensterkomödie vor, mit vielen lebenden und toten Geistern. Das ist mal lustig, etwa wenn sich der Gespenster-Bär unter einem Kinderschreibtisch versteckt und trotzdem entdeckt wird. Das ist berührend, wenn ausgerechnet die demente Oma Juliette den entscheidenden Hinweis gibt, warum ihre Familie so ist, wie sie nun mal ist – und was ein totes Familienmitglied damit zu tun hat.

Und dann wäre da noch Pollux (Salif Cissé), das Herrchen von Jean-Claude (dem Hund) und Norbert (dem Entenküken). Der große schwarze Mann lebt im Haus der Oma und ist der Einzige, der Juliettes Sorgen ernst nimmt. Diese hadert mit ihrem unsteten Leben, weiß nicht, wohin es führen soll. Vermutlich ist das auch der Grund ihres Familienbesuchs. Nachts könne sie nicht schlafen, tagsüber sei sie unruhig, erzählt sie ihm, ihre Depression sei wie aus einer anderen Dimension. „Ich nenne sie die tragische Dimension“, sagt er und lächelt. Die Verbindung von Tragik und Komik ist bekanntlich schwer, diesem kleinen französischen Film aber gelingt sie – und scheinbar vollkommen mühelos.

Juliette au printemps, F 2024 – Regie: Blandine Lenoir. Drehbuch: Maud Ameline, Camille Jourdy, Blandine Lenoir. Mit: Izïa Higelin, Sophie Guillemin, Jean-Pierre Darroussin. Pandora Film, 95 Minuten. Kinostart: 18. Juli 2024.

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