Jubiläumsband: Asterix wird 50:Was nun, kleiner Mann?

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Ein Mann von 50: Asterix stemmt im neuen Bildband eine monströse Geburtstagsparty, ist im Bildungsbürgertum angekommen und neigt zu Größenwahn.

Fritz Göttler

Das Titelbild des neuen Asterix, Band 34 (Asterix & Obelix feiern Geburtstag - Das Goldene Album, Egmont Ehapa, Stuttgart 2009, 56 S., 5,95 Euro), ist monströs, ein Meisterstück des ästhetischen Totalitarismus. Eine unförmige Goldplastik, die unsere Gallier zeigt - plus Idefix - und das Geheimnis ihres Erfolgs andeutet, Bücherstapel und Wildschwein, die Vereinigung von Geist und Körper. Im Sozialismus hatte man so einst Heldenkult betrieben. Asterix und Obelix als Helden der Arbeit, das Heft hat die Anmutung einer Mosfilm-Produktion.

Dass man sich seit einigen Jahren nicht mehr so recht freuen mag an neuen Asterix-Bänden, hat sicher mit dem Tod des einen der beiden Schöpfer zu tun, René Goscinny, der im Jahr 1977 gestorben ist, an einem Novembermorgen.

Angefangen hatte das Projekt Asterix vor fünfzig Jahren als labour of love. Die Plots, die Goscinny in den ersten Bänden anlegte, waren einfach und hintersinnig zugleich, sie boten seinem Kompagnon, dem Zeichner Albert Uderzo, zahllose Ansatzpunkten für liebevoll boshafte Pointen und Miniaturen. Die epische Brise, die man in diesen Bildern spürte, wuchs sich nie zum erzählerischen Wirbelwind aus, die Hefte blieben, was man in der Literaturwissenschaft "kleine Formen" nennt.

Mit den Miniaturen ist es nun vorbei, mit der Kunst des Comic-Minimalismus. Von allen persönlichen Festen ist der Geburtstag ja das schlimmste, mit seiner schamlosen Versöhnlichkeit. Alle haben sich plötzlich lieb auf der Asterix-Fete, nur der alte Cäsar kommt griesgrämig gegen Ende mit einem Purgiermittel gegen die platte Harmoniesüchtigkeit daher.

Ansonsten dominiert in diesem Heft der Größenwahn. Das Bildungsbürgerliche, das in den ersten Bänden genial karikiert wurde - ohne dass die Bildungsbürger, aus denen sich die Asterix-Fangemeinde vor '68 rekrutierte, das irgendwie genierte -, hat die Serie nun voll erwischt. Asterix ist ein Medienspektakel geworden, in dem alles verhackstückt wird, der neue Band ein pompöses Museum, in dem die Kunst, von Mona Lisa bis Munch und Abbey Road, die Schablone liefert für exzessives Morphing.

Der Wendepunkt mag damals Band 15 gewesen sein, ein fieser schwarzer Intrigantenstadl mit dem unvergessenen Tullius Destructivus. Die EU hat womöglich dann das Ende des kleinen Dorfes bedeutet, das uns die Wonnen des Provinzialismus demonstrierte, als politische Utopie. All die derben nationalen Marotten und Klischees, und den Stolz, mit dem man sich dazu bekannte, ohne Furcht vor der Lächerlichkeit. Nun ist alles nivelliert und globalisiert und politisch korrigiert, und ohne Gegner weit und breit kann auch das Gefühl des Umzingeltseins als Stimulus nicht mehr wirken.

Sogar zu einem Grußwort seines Helden versteigt sich der Band, Asterix sagt "Ich". Aber ein wahrer Held hat kein Innenleben, er ist, was er tut. Action is character, das gilt auch für Asterix.

© SZ vom 22.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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