Jubiläum:Wirklich statt virtuell

Johannes Tonio Kreusch

Leitet das Festival seit 14 Jahren: Johannes Tonio Kreusch.

(Foto: Detlef Schneider)

Johannes Tonio Kreusch über das 20. Gitarrenfestival Hersbruck

Interview von Oliver Hochkeppel, Hersbruck

Zum 20. Mal findet vom kommenden Samstag an das Internationale Gitarrenfestival Hersbruck bei Nürnberg statt. Der Münchner Gitarrist Johannes Tonio Kreusch hat als künstlerischer Leiter aus einem vom Gitarre-begeisterten Bürgermeister-Sohn angeregten Treff ein wichtiges Festival mit internationaler Strahlkraft gemacht - dank seiner guten Kontakte zu vielen berühmten Kollegen, aber auch mit seiner gewinnenden Persönlichkeit.

SZ: Wie sind Sie vor 14 Jahren zur Leitung des Gitarrenfestivals gekommen?

Johannes Tonio Kreusch: Ich war vor 15 Jahren dort als Musiker eingeladen. Ich kannte damals weder den Ort noch das Festival. Der damalige Leiter, ein venezolanischer Gitarrist, musste aus gesundheitlichen Gründen aufhören und fragte mich, ob ich mir seine Nachfolge vorstellen könnte. Ich habe später erfahren, dass er mich beim damaligen Bürgermeister schon vorher vorgeschlagen hatte, weil ich Musiker, Organisator und Deutscher sei, also das Publikum besser zu deuten verstünde.

Sie haben gleich Ja gesagt?

Ich brauchte schon eine Bedenkzeit. Aber mich hat schon immer die andere Seite des Musikmachens interessiert. Ich hatte zuvor in München das "Festival der Gitarre" mit dem Gasteig Kulturkreis und dem BR veranstaltet. Also dachte ich mir, ich kann es ja mal in Hersbruck versuchen.

Was waren die Ziele? Und was war am Wichtigsten, um sie zu erreichen?

Ich wollte etwas Größeres entwickeln, bei dem die verschiedensten Stile präsentiert werden, um die Gitarre damit bekannter zu machen. Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Von den finanziellen Möglichkeiten; von der Zusammenarbeit vor Ort, die immer sehr schön war, weil die Bürgermeister und das Team hundertprozentig dahinter standen und stehen; aber auch davon, wie attraktiv man das Festival für Künstler von internationalem Rang machen kann. Der vielleicht wichtigste Moment am Anfang war, als ich das erste Mal die Zusage von Pepe Romero hatte. Als so ein Weltstar an Bord war, wusste ich: Jetzt haben wir die Möglichkeit, auch andere große Musiker hierher zu bringen.

Der Nachzieheffekt sozusagen.

Ja, und so kam es auch, wir hatten ja seitdem die bekanntesten Gitarristen da. Aber, und das war mir immer ebenso wichtig, auch immer vielversprechende Newcomer. Yamandu Costa zum Beispiel, heute ein Star der Szene, hat hier eines seiner ersten Deutschland-Konzerte gegeben. Oder Carlos Barbosa-Lima, in Gitarrenkreisen wirklich eine Legende, feierte in Hersbruck sein Deutschland-Debüt. Es soll immer auch Neues zu entdecken geben.

Seinerzeit war das Konzept eines Stil- und Genre-übergreifenden Gitarrenfestivals noch recht neu, oder?

Ja, mir war das vor allem auch für die Studenten wichtig: Ich habe meine Ausbildung als einseitig empfunden, wie im Elfenbeinturm. Hier sollen die Klassiker die Möglichkeit haben, bei einem Jazz- oder Flamenco-Gitarristen zu lernen und umgekehrt. Das ist wirkliche Weiterbildung.

Sie erwähnen die Studenten: War beim Festival von vorneherein geplant, dass Konzert- und Akademiebetrieb verschränkt und gleichrangig sind?

Ja, das war von Anfang an ein wichtiger Punkt. Wir haben schnell die Hersbruck-Musik-Akademie gegründet, um ein breit aufgefächertes Seminar-, Vortrags- und Workshop-Programm zu bieten. Wir haben heuer 20 Angebote von durchweg renommierten Musikern und Dozenten.

Zum Jubiläumsprogramm: Was sind die Highlights?

Mir war wichtig, kein Klassentreffen zu veranstalten, also alle einzuladen, die schon da waren. Es sollte auf keinen Fall ein Best-of werden. Im Gegenteil, ich wollte ganz viele neue Gesichter präsentieren, als Zeichen, dass hier immer etwas Ungewöhnliches, etwas Neues passiert. Wir haben ganz junge Künstler wie Alexandr Misko aus Russland, ein faszinierender Typ, der die Gitarre ganz neu definiert und Popsongs völlig anders spielt. Wenn nur ein Prozent seiner Youtube-Follower käme, wäre der Saal schon überfüllt. Zum ersten Mal kommt auch Atanas Ourkouzounov, ein bulgarischer Komponist und Gitarrist, mit einer Uraufführung. Auch zum ersten Mal ist Stochelo Rosenberg da, der legendäre Gypsy-Swing-Erbe eines Django Reinhardt.

Ebenso wie die Assad-Brüder, ein großer Name im Klassik-Betrieb.

Ja, für Liebhaber der klassisch-lateinamerikanischen Gitarre ein absolutes Highlight. Wichtig sind mir die abwechslungsreichen Bögen: Zum Beispiel beim "Guitar Evolution"-Abend, der mit dem Lautenisten Eduardo Egüez beginnt und dann über die Romantik mit Pavel Steidl bis zum modernen Julian-Bream-Repertoire eines Jan Depreter führt. Eine enorme Bandbreite, um die Gitarre noch mal ganz anders kennenzulernen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Festivals?

Dass wir unserer Idee treu bleiben. Und immer mehr Menschen erreichen, die dann merken, dass die virtuelle Konkurrenz nichts gegen das wirkliche Konzerterlebnis ausrichten kann.

20. Int. Gitarrenfestival Hersbruck, Mittelfranken, Samstag, 10., bis Samstag, 17. August, Infos und Programm: www.gitarre-hersbruck.de

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