Journalistenpreis:Schätzchen, wo ist mein Guccihuahua?

Das Wort muss neu sein und auf den Punkt genau. Powerpointillismus, Großbritánamo, Hartzweh und Knoppaganda - mit dem Medienpreis werden nur die kreativsten Schöpfungen ausgezeichnet. In den Lexika werden sie leider nie auftauchen.

Von Melanie Zerahn

Acht der kreativsten journalistischen Wortschöpfungen des vergangenen Jahres werden vom Pons Wörterbuchverlag prämiert. Es sind Begriffe, "für die man bisher immer nach Worten gesucht hat", erläutert das Jury-Mitglied Tobias Schönpflug von der Maxim.

obs/PONS (Ernst Klett Sprachen GmbH)

Vom Hunde-Sushi bis zur edlen Designerrobe - "Guccihuahua" ist das kleine, verwöhnte Luxushündchen.

(Foto: Foto: obs/PONS (Ernst Klett Sprachen GmbH))

Geschafft hat das Hilmar Schmundt vom Spiegel: "Powerpointillismus" umschreibt wie fehlende Inhalte in Präsentationen oft durch bunte Tortendiagramme in einer Flut von Powerpointcharts ersetzt werden. "Für das Publikum kann Powerpoint eine Plage sein, weil es zu oft die freie Rede durch bunte, dümmliche Schaubildchen ersetzt," erklärt Schmundt seine Kreation.

Von Herzweh zu Hartzweh

Siems Luckwaldt von der Financial Times Deutschland hatte ebenfalls Spaß: Er testete mit Chihuahua-Pfeleghündin Pinousha das angesagte Luxusangebot für kleine Hunde. Vom fischfreien Hunde-Sushi bis zur edlen Designerrobe - "Guccihuahua" ist das kleine, verwöhnte Luxushündchen. Eine wahre "Daisy" eben.

Nein, wir haben kein Bauchweh, sondern "Hartzweh": "Vom Heimweh ist es nur ein kurzer Weg zum Herzweh, und wenn dann ein Begriff wie Hartz IV aktuell in der Luft hängt und einem auf Schritt und tritt begegnet, kombiniert sich das wie von selbst zu Hartzweh," erklärt FAZ-Autor Tobias Rüther seine geniale Eingebung. Auch Christine Dössel von der Süddeutsche Zeitung wird für "Hartzweh" ausgezeichnet.

Duz-Attacke und Knoppaganda

Udo Jürgens Überschwang, der bei seiner eigenen Geburtstagsgala den Widerstand von Sandra Maischberger bricht und ihr das Du aufzwingt, kommentierte Dr. Rainer Moritz mit einer eleganten "Duz-Attacke" - jetzt wird der Autor der Süddeutschen Zeitung dafür prämiert.

Willi Winkler, ebenfalls von der Süddeutsche Zeitung, erhält eine Auszeichung für die schlagkräftige "Knoppaganda" - über das Gottschalk-Komplott und die Sendung 50 Jahre Jahre Rock im ZDF. Die Anspielung auf Guido Knopp spricht da für sich.

Signifikant: Großbritánamo und Massenbelichtungswaffen

Sprache zu reflektieren, lohnt sich immer: "Großbritánamo" schockiert in seiner Schlichtheit und macht die Zustände und Behandlungsmethoden in britischen Gefägnissen im Umgang mit Terrorverdächtigen deutlich. Erfinder ist Dr. Jochen Bittner von der Zeit.

"Massenbelichtungswaffen" schreibt Christian Baulig von der Financial Times Deutschland und erklärt: "Nicht die Massenvernichtungswaffen aus dem Irak rüttelten die Welt auf, sondern die Bilder von Folter und Hinrichtungen, die auf Digitalkameras und Video festgehalten und über Fernsehen und Internet verbreitet werden."

"Charismakler" Bill Clinton: Dietmar Dath von der FAZ fand prägnante Worte für die Autobiografie-Verkaufstour in Deutschland. Der Ex-Präsident bleibt eben ein Charmeur mit Geschäftssinn.

Der undotierte Preis wird zum fünften Mal vergeben. Eingereicht werden können Wörter, die 2004 erfunden und erstmals in einem journalistischen Medium veröffentlich wurden.

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