"Stirb langsam"-Regisseur wird 70:Und es hat bumm gemacht

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John McTiernans bester Film: Bruce Willis und Bonnie Bedelia in "Stirb Langsam" (1988).

(Foto: Peter Sorel/imago/Cinema Publishers Collective)

Der geniale Hollywoodregisseur John McTiernan wird 70. Er erfand mit "Stirb langsam" das moderne Actionkino und drehte Blockbuster - bis er im Gefängnis landete.

Von David Steinitz

Hollywoodregisseure können mindestens genauso paranoid sein wie eifersüchtige Ehepartner. Das beste Beispiel dafür ist John McTiernan, der mit Blockbustern wie "Stirb langsam" das moderne Actionkino erfand, durch seinen Status als Star-Regisseur aber ein bisschen verrückt wurde - und deshalb im Gefängnis landete.

Während er um die Jahrtausendwende ein Remake des Sci-Fi-Klassikers "Rollerball" vorbereitete, entwickelte McTiernan die fixe Idee, dass sein Produzent Charles Roven gegen ihn intrigiere, ihn vielleicht sogar loswerden wolle - was beide aber nicht daran hinderte, den Film fertigzustellen. Dennoch tat McTiernan, was man als besorgter Regisseur eben so macht: Er engagierte einen Privatdetektiv.

Dieser Detektiv, Anthony Pellicano sein Name, war unter zwei Berufsgruppen sehr bekannt. Erstens unter verzweifelten Filmemachern, die ihn einen "Hollywood Fixer" nannten, einen Kerl, der Probleme löst. Und zweitens unter Ermittlungsbeamten der Bundespolizei, die sich für Pellicano unter anderem wegen seiner selbstgebastelten Handgranaten interessierten.

Ebenfalls auf großes Interesse stieß bei den Behörden die Tatsache, dass Pellicano in McTiernans Auftrag dessen Produzenten abhörte, was rechtlich ungefähr genauso legal war wie die selbstgebastelten Sprengsätze. McTiernan belog bei seiner Befragung dann auch noch die FBI-Beamten über das genaue Ausmaß der Bespitzelung, die ihm vielleicht selbst etwas peinlich wurde. Also landete er, genau wie sein Hollywood Fixer, nach ewigem juristischem Hickhack 2013 im Knast.

Zwar insgesamt nur für ein knappes Jahr - 328 Tage, um genau zu sein, den Rest der Strafe verbüßte er als Hausarrest mit Fußfessel auf seiner Ranch in Wyoming -, aber seine Karriere erlitt doch einen sanften Knick.

John McTiernan - Tribute - 40th Deauville American Film Festival

Actionspezialist John McTiernan.

(Foto: Etienne Laurent/picture alliance / dpa)

Seit knapp zwanzig Jahren hat er keinen Film mehr gedreht. Dabei bräuchte Hollywood bei der ganzen zuckerwattigen Disneypampe, die heute die Kinos verklebt, einen Actionhandwerker wie ihn dringender als je zuvor.

McTiernan, Jahrgang 1951, ist ein Kind der Ostküsten-Künstlerszene. Sein Vater war Opernsänger, der Sohn studierte Filmwissenschaft an der legendären New Yorker Julliard School. Die einzig wahre Filmhochschule, sagt er, könne aber nur das Kino selbst sein: "Ich habe mir Truffauts 'Die amerikanische Nacht' drei Tage hintereinander für jeweils acht Stunden am Stück immer wieder angeschaut, bis ich jede Einstellung auswendig konnte."

Einen Namen als Regisseur machte er sich zunächst in der Werbung, seinen Durchbruch in Hollywood hatte er 1987 mit der Schwarzenegger-Schlammschlacht "Predator". Dieser Film war noch ein typisches Kind des Actionkinos der Achtzigerjahre, eine fiese Testosteron-Party.

Die besten Kinoeffekte bekommt man nicht durch eine große Show, sondern durch winzige Details

Seine wahre Kunst konnte McTiernan erst ein Jahr später zeigen, mit "Die Hard/Stirb langsam". Dabei wollte er den Film zuerst gar nicht machen, er fand die Geschichte blöd und das Drehbuch schlecht. Dann aber hatte er das Gefühl, dass das vielleicht die idealen Voraussetzungen sein könnten, einmal alles anders zu machen, als es die behäbigen Hollywoodarbeiter sonst machten.

Der Mangel an Komik im amerikanischen Actionkino wurde von ihm durch sanften Slapstick gebrochen, indem er das echte Leben in das artifizielle Genre holte. Mit Bösewichten, die ihre Waffe ablegen, um Süßigkeiten zu naschen. Oder Spezialeinheiten, die beim Anpirschen in Rosenbüschen hängen bleiben.

Und der Held, gespielt vom damals nur als Romcom-Star bekannten Bruce Willis, brach mit so ziemlich allen Männlichkeitsidealen, die Hollywood ein knappes Jahrhundert lang so fleißig zementiert hatte: Ein Held mit Eheproblemen, der eigentlich keinen Bock auf Schlägereien hat. Während er widerwillig in einem Hochhaus gegen deutsche Terroristen kämpft und Geiseln befreit, geht er mehrmals fast drauf und hat die Sache nie so richtig im Griff - sehr sympathisch, aber damals auch sehr ungewöhnlich.

Formal verpasste McTiernan dem Film einen deutlich authentischeren Look, als es vielen Regisseuren heute gelingt, obwohl die Spezialeffektkünste damals noch in den Kinderschuhen steckten. Aber als echter Handwerker wusste er natürlich, dass der eigentliche Trick nicht der große Spezialeffekt, sondern das kleine Detail ist, das die Pyro-Show rechtfertigt.

Das beste Beispiel dafür ist das Finale von "Stirb langsam", in dem der Oberschurke Hans Gruber, gespielt von Alan Rickman, vom Hochhaus durch die Flammenhölle in die Tiefe stürzt. Der explodierende Hintergrund ist mehr schlecht als recht per Bluescreen ins Bild hineingeschnitten. Aber McTiernan, der seinem Darsteller sagte, man würde bis drei zählen und ihn dann erst zwölf Meter ins weiche Stuntkissen stürzen lassen, wies die Crew an, ihn schon bei eins loszulassen. Die kurze Schrecksekunde in Rickmans Gesicht, wenn er in den Abgrund fällt, ist vollkommen echt und beglaubigt so auch die billige Szenerie um ihn herum.

Am Freitag wird John McTiernan siebzig Jahre alt.

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