"Joe the Plumber" wird Kriegsreporter:Ein Klempner im Krieg

Im US-Wahlkampf wurde der Klempner Joe Wurzelbacher zum Inbegriff des konservativen kleinen Mannes. Jetzt will er als Kriegsreporter in den Gaza-Streifen reisen.

Hans Hauert

Ein Kriegsreporter, das wissen wir seit Ernest Hemingways Tagen, erhält tiefen Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele. So tief, dass er oft ein ganzes Leben lang vergeblich versucht, diese Eindrücke zu verkraften. Nun hatte Hemingway das Problem, dass er auf seinen Job nicht optimal vorbereitet war. Wäre er in seinem Vorleben etwa Klempner gewesen, wäre ihm vieles leichter gefallen.

"Joe the Plumber" wird Kriegsreporter: "Du musst deine Chance nutzen": Multi-Jobber Joe Wurzelbacher.

"Du musst deine Chance nutzen": Multi-Jobber Joe Wurzelbacher.

(Foto: Foto: AFP)

Denn ein Klempner ist Kriegsreporter per se: Er fährt von frühmorgens bis spätnachts zu Klienten und erlöst sie, mal mit leichtem, mal mit schwerem Gerät, vom materiellen Kummer, während sie ihm ihren seelischen beichten. Später erzählt er dann seiner Frau oder seinen Kumpels in der Kneipe davon. Und vom Reden zum Schreiben, vom Wasserrohrbruch zum Raketeneinschlag, ist es dann nur ein kleiner Schritt.

So hat jetzt der zur konservativen US-Wahlkampf-Ikone aufgestiegene Klempner Joe Wurzelbacher ("Joe the Plumber") eine neue Aufgabe gefunden: Als "Joe der Kriegsreporter" will der Handwerker aus Holland, Lucas County, Ohio im Auftrag der konservativen Internetseite Pajamas TV für zehn Tage nach Israel reisen und aus der Perspektive israelischer Bürger über den Konflikt mit der Hamas berichten.

In einem ersten Video auf Pajamas TV wird Wurzelbacher von Roger L. Simon, dem Hut und eine locker gebundene Krawatte tragenden Chef der Website, in einer Live-Schaltung nach New York City interviewt. Zuerst wolle er nach Tel Aviv reisen, um mit Soldaten und Zivilisten zu sprechen und die Storys "straight from the horse's mouth", also aus erster Hand zu erfahren.

Die US-Nachrichtensender hatten sich über diese "bizarre Personalie" lustig gemacht und Joes Mission mit den medialen Irrwegen von peinlichen Casting-Show-Kandidaten verglichen: Gaza als Joes privates Dschungelcamp. Nun räumte er im Pajamas-Interview rhetorisch geschickt ein, dass er tatsächlich über keinerlei anerkannte journalistische Qualifikation verfüge und attackierte im Gegenzug die etablierten Journalisten: Sie würden zu oft vergessen, dass ihre Aufgabe darin bestünde, die Fakten unvoreingenommen wiederzugeben, und das könne wohl niemand so gut wie er. Er wollte dann auch noch über den Präsidenten von Iran reden, Mahmud Ahmadinedschad, verzichtet aber darauf, weil er den Namen nicht richtig aussprechen könne.

Mit Gott und Rohrzange

Die einfachen Leute sollen mir in Israel ihre Geschichten erzählen und sagen, was sie denken und fühlen", sagte Wurzelbacher dem US-Fernsehsender WNWO in Toledo, Ohio. "Vielleicht kann ich dort ja eine richtige Geschichte rausholen."

Der Klempner war in der Endphase des US-Präsidentschaftswahlkampfs im Herbst 2008 zu unerwarteter Prominenz gelangt, als er den demokratischen Kandidaten Barack Obama bei einer Kundgebung offen für dessen Steuerpläne kritisierte. Obamas republikanischer Gegenkandidat John McCain hatte Wurzelbacher daraufhin eine herausgehobene Rolle in seinem Wahlkampf eingeräumt, unter Republikanern in den USA wurde er schnell zum Inbegriff des rechtschaffenen konservativen Amerikaners. Im Wahlkampf hatte Wurzelbacher einem Republikaner zugestimmt, der sagte, dass jede Stimme für Obama eine Stimme für den Tod Israels sei.

Fraglich ist, ob Israel ihn überhaupt in den Gaza-Streifen einreisen lassen wird. Jedenfalls ist Joe Wurzelbacher bestens auf den Job als Kriegsreporter vorbereitet, nicht nur durch seinen Klempner-Job, auch durch sein christliches Dasein: "Ich werde sehr gut von Gott beschützt, glaube ich. Das heißt nicht, dass er einen Minenwerfer für mich stoppen wird, aber du musst deine Chance nutzen."

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