Süddeutsche Zeitung

Literatur:Geschwister-Scholl-Preis für Joe Sacco

Der Journalist und Zeichner erfand den "Comic-Journalismus", eine neue literarische Gattung.

Joe Sacco (61), Journalist und Comic-Zeichner, erhält den diesjährigen Geschwister-Scholl-Preis 2021 für das Buch "Wir gehören dem Land". Die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung werde erstmals für einen Comic verliehen, wie der bayerische Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und die Landeshauptstadt München am Freitag mitteilten. Sacco sei ein Pionier. Mit seinem "Comic-Journalismus" sei er zu einem Bildberichterstatter neuen Typs geworden und habe eine literarische Gattung erfunden. Der Preis soll am 29. November überreicht werden.

Joe Sacco wurde in Malta geboren, wuchs in Australien und in den USA auf. An der Universität Oregon studierte er Journalismus und lebt heute in Portland. Seit 30 Jahren berichtet Sacco als zeichnender Reporter aus Krisen- und Kriegsgebieten, etwa über den Nahostkonflikt und den Bosnienkrieg, aber auch über das Schicksal afrikanischer Migranten in Malta und die Armut im ländlichen Indien.

In "Wir gehören dem Land" erzählt der Journalist von dem Volk der Dene, das in kaum erschlossenen Gegenden der Nordwest-Territorien Kanadas lebt. Der deutsche Titel bringt laut Mitteilung die Weltsicht der Denes auf eine Formel, die das Gegenteil vom Besitzindividualismus darstellt, mit dem die weißen Europäer andere Erdteile kolonialisiert und die dort lebenden Völker verdrängt haben. "Sacco klagt nicht an", heißt es in der Begründung der Jury. "Er dokumentiert, lässt die Menschen sprechen und das Land. Bei den Dene wird darüber beraten und gestritten, wie sie mit den Gefahren und Chancen umgehen sollen, welche die Eingliederung ihrer Heimat in den Verwertungskreislauf des globalen Kapitalismus erzeugt. Die Folgen der Umweltzerstörung und des Kolonialismus sind zwei der großen Themen unserer Zeit."

Das Buch sei im Sinne des Preises geeignet, "dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben". Mit ihrer Entscheidung wolle die Jury auch der Bedeutung gezeichneter Zeitgeschichte in der historisch-politischen Aufklärung und der Arbeit mit Jugendlichen Rechnung tragen. Der Preis wird seit 1980 jährlich an ein aktuelles Buch vergeben. Bisher ausgezeichnet wurden unter anderen Joachim Gauck, Roberto Saviano und Anna Politkowskaja.

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