In der Nacht zu Montag wurde auf das private Wohnhaus des Berliner Kultursenators Joe Chialo im Bezirk Pankow ein Farbanschlag verübt. Dabei wurde die Fassade großflächig mit roter Farbe beschmiert. Die gesprayten Parolen („Meet the Demands“, „Genocide Joe Chialo“) verweisen auf propalästinensische Aktivisten als mutmaßliche Urheber des Anschlags. Es ist nicht die erste solcher Farbschmierereien in Berlin. Bereits im vergangenen Monat hatten Unbekannte das Gebäude des Berliner Tagesspiegels mit Farbe beworfen und ein rotes Dreieck an die Fassade geschmiert, das Symbol, mit dem die terroristische Hamas Gebäude ihrer Feinde und potenzieller Attentatsopfer markiert.
Der Anschlag auf Chialos Wohnhaus hat eine andere Qualität. Die Täter demonstrieren, dass sie wissen, wo der Kultursenator wohnt. Ihr Ziel ist offenkundig die Einschüchterung im privaten Lebensumfeld, ein Angriff auf die Intimsphäre und die Familie des Senators. Die an sein Wohnhaus gesprayte Parole „Genocide Joe Chialo“ hat mehr als eine Bedeutung: Einerseits weist sie Chialo eine Verantwortung für das Vorgehen der israelischen Armee zu, das die Aktivisten zum „Genozid“ erklären – also für politische und militärische Entscheidungen, die weit vom politischen Verantwortungsbereich eines Berliner Kultursenators entfernt sind. Aber die Parole lässt sich ebenso als unverhohlene Drohgebärde gegen Joe Chialo persönlich verstehen.
Exklusiv Farb-Attacke in Berlin:„Ich ducke mich nicht weg“
Der Berliner Kultursenator Joe Chialo über die Angriffe auf seine Person und sein Wohnhaus, das Antisemitismusproblem des Berliner Kulturbetriebs und die Frage, warum er gerade jetzt weiter seiner Arbeit nachgehen wird.
Die gleiche Parole trug ein kleines Grüppchen Demonstranten auf einem Transparent mit sich, als sie vor elf Tagen lautstark einen öffentlichen Auftritt Chialos störten. Nach Beleidigungen und Tätlichkeiten der Demonstranten musste Chialo seine Rede abbrechen und den Ort unter Polizeischutz verlassen.
Die zweite an sein Wohnhaus gesprayte Parole, „Meet the Demands“ („Erfüllt die Forderungen“) verweist auf die bei der eskalierten Mini-Demonstration erhobene Forderung nach der weiteren öffentlichen Finanzierung des Neuköllner Kulturzentrums Oyoun. Weil das Kulturzentrum seine Räumlichkeiten auch Gruppen zur Verfügung gestellt hatte, die der antiisraelischen Boykott-Bewegung BDS nahestehen und deshalb aus Sicht der Berliner Kulturverwaltung unter Antisemitismusverdacht stehen, hatte Chialo die weitere Finanzierung des Kulturzentrums aus Landesmitteln beendet. Seitdem ist er zur Zielscheibe propalästinensischer Aktivisten geworden. Der Anschlag auf sein Wohnhaus ist dabei offenbar ein weiterer Schritt der Eskalation und Enthemmung.