Joe Caroff wird 100:Eine Größe für sich

Artwork 007 Logo

Für das Logo von James Bond bekam Caroff 300 Dollar.

(Foto: Artwork: SZ/Fotograf: Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Mit Entwürfen wie dem Bond-Emblem oder dem Plakat zur "West Side Story" prägte Joe Caroff die Moderne. Nun wird einer der bekanntesten Unbekannten des Grafikdesigns 100 Jahre alt.

Von Gerhard Matzig

Joseph "Joe" Caroff, der an diesem Mittwoch 100 Jahre alt wird und sich selbst in seinem New Yorker Apartment lediglich mit einer Uhr beschenken will (souverän: als würde es sich langsam lohnen, sich näher mit der Zeit zu beschäftigen), ist ein bescheidener Mensch. Für die Erfindung eines global herumgereichten Logos, das jeder Mensch kennt, hat er 1962 ein Pauschalhonorar von 300 Dollar erhalten. Keinen Cent mehr. Es ist das 007-Zeichen, bei dem die James-Bond-Nummer, also die 7, zum Abschluss der Doppel-Null als "Lizenz zum Töten" symbolhaft die Form einer Walther PPK annimmt. Die 7 ist also die Pistole und der Schütze in einem. Bonds Chefin "M" formuliert es so: Er sei als Doppelnull doch nur eine "Waffe auf Beinen". Eine 7, eine Waffe, ein Bond.

Joe Caroff wird 100: Zu bescheiden, um sich selbst als Marke zu begreifen: Joseph Caroff.

Zu bescheiden, um sich selbst als Marke zu begreifen: Joseph Caroff.

(Foto: Simone Bloch/Wikipedia)

Wie brillant das Logo ist, das das halbe Bond-Universum zur einprägsamen Chiffre verdichtet, zeigt sich daran: Seit fast einem halben Jahrhundert hat es sich kaum verändert. Immer noch ist es zu sehen auf James-Bond-Tassen, T-Shirts, Bettwäschesets, Kugelschreibern, Feuerzeugen, Handyhüllen und Thermoskannen, die Martinis halbliterweise durchschütteln. Wie es sich gehört.

Auf seinen Brief an Barbara Broccoli, ob er nicht im Abspann auftauchen könne, erhielt er nie eine Antwort

Kürzlich wurde Caroff gefragt, ob er seine grandiose 007-Idee, deren Geldwert unschätzbar sein dürfte, nicht besser hätte vermarkten sollen. Caroff sagt: "Ich habe vor vielen Jahren Barbara Broccoli, die Produzentin der Bond-Filmreihe, angeschrieben und gefragt, ob ich denn vielleicht als Designer des Logos in den Abspann aufgenommen werden könnte, so wie Caterer oder Fahrer. Aber auf meinen Brief erhielt ich nie eine Antwort." Der Mann, der so viele Marken erfunden hat, ist zu bescheiden, um sich selbst als Marke zu begreifen.

James Bond 007 Logo Joe Caroff

Lizenz zum Töten über die Jahrzehnte.

(Foto: Wikipedia)

Im Kulturleben, das dem Grafikdesigner so viel Zeichenhaftigkeit zu verdanken hat in Form von Markenzeichen, Buchumschlägen oder ikonischen Filmplakaten (von "West Side Story" über "Yeah! Yeah! Yeah!", "Cabaret", "Der letzte Tango in Paris" bis hin zu Schlöndorffs "Tod eines Handlungsreisenden"), sieht er sich in der Rolle des Dienstleisters. Etwa auf Höhe des Caterers. Dabei ist er der kongeniale Schöpfer von Bildwelten, die die Moderne geprägt haben.

Im Grafikmagazin ist ein Beitrag von Thilo von Debschitz erschienen, der Caroff als "lebende Legende" wiederentdeckt und als einen der bekanntesten Unbekannten des Grafikdesigns zum 100. Geburtstag porträtiert. In dem Text kommt auch Volker Schlöndorff zu Wort: "Ich habe ihn eingeladen, sich ,Death of a Salesman' anzuschauen. Er kam sehr schnell auf die Idee, für den Titel auf dem Filmplakat Schreibschrift zu verwenden, um das ,Literarische' der Vorlage zu unterstreichen. Vielleicht auch, als sei es eine Unterschrift unter Willy Lomans Testament."

Das ist das Großartige an dieser Illustration: Sie öffnet Räume über das Naheliegende hinaus. Jede gute Grafik berührt die Menschen auch jenseits des Augenscheins. Jede gute Grafik ist wie jeder gute Film und jedes gute Buch eben auch ein Motor des Sinnlichen und ein Treibriemen der Emotionen. So ist auch das Plakat für "West Side Story" entstanden: kongenial zu Stephen Sondheims Texten, Arthur Laurents' Buch und Leonard Bernsteins Musik. Die Welt, in der die Geschichte spielt, Hell's Kitchen, wo sich die Sharks und die Jets bekämpfen wie einst die Capulets und Montagues, wird in ihrer Vertikalität und Enge, in ihrem Versperrtsein und ihrer Aussichtslosigkeit, die man wörtlich nehmen muss, auf den Punkt gebracht.

Joe Caroff wird 100: Aussichtslosigkeit auf den Punkt gebracht: Caroffs Filmplakat zur "West Side Story"

Aussichtslosigkeit auf den Punkt gebracht: Caroffs Filmplakat zur "West Side Story"

(Foto: Courtesy Everett Collection/ddp)

Ein Blick aufs Plakat, auf die schwarzen Buchstaben, die sich auf leuchtendem Rot zu Barrikaden und Feuerleitern, zu Mauern und Schranken verdichten, dabei voller Tanz und Bewegung, voller Sound und Hoffnung sind - besser, ja souveräner kann ein Plakat der Kunst, von der zu künden ist, nicht dienen. Joe Caroff ist unter den großen Gestaltern der Zeit eine Größe für sich. Die Uhr hat er sich verdient, sie zeigt sein Jahrhundert.

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