LiteraturHätte sie gewollt, dass wir das lesen?

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Die amerikanische Schriftstellerin Joan Didion starb 2021.
Die amerikanische Schriftstellerin Joan Didion starb 2021. (Foto: Michael A. Jones/Imago Images)

In den USA wurde ein neues Buch von Joan Didion veröffentlicht. Es besteht aus persönlichen Protokollen ihrer eigenen Psychotherapie.

Von Johanna Adorján

Am 11. Oktober 2000 betrat Joan Didion die Praxis ihres Psychoanalytikers Roger MacKinnon, setzte sich und fing direkt an zu weinen. Sie ging nun fast schon ein Jahr zu ihm, und so etwas war noch nie vorgekommen. Didion, damals 65 Jahre alt und auf der ganzen Welt berühmt und gefeiert für die Präzision, Eleganz und Kälte ihrer Prosa, neigte nicht zu Gefühlsausbrüchen. Sie war eine sehr kontrollierte Frau. Als sie einmal an Brustkrebs erkrankte, erfuhr in ihrem Umfeld niemand außer ihrem Mann davon. Sie erzählte es nicht einmal engen Freunden und Freundinnen, die selbst an Krebs erkrankt waren oder Krebserkrankungen überstanden hatten, so sehr war ihr daran gelegen, sich nicht schwach zu zeigen. Jetzt macht ihr neues Buch den ganzen sorgfältig gewahrten Schein zunichte. Es ist das erste Buch seit 2011, bei dem sie als Autorin fungiert – ob sie das nun gewollt hätte oder nicht.

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