Die Filmstarts vom 26. März auf einen Blick, bewertet von den SZ-Kritikern. Rezensionen ausgewählter Filme folgen.
Das andere Rom
(siehe Kritik).
Baden-Württemberg von oben
Lena Abushi: Kuckucksuhren, moderne Automobile, Weinberge und romantische Schlösser. Woran sollte man sonst denken, wenn man über Baden-Württemberg fliegt? Die Dokumentarfilmer Peter Bardehle und Julia Zant erfüllen alle Erwartungen aus der Vogelperspektive, aus dem Helikopter heraus. Den Kommentar zu den beeindruckenden Bildern spricht Schauspielerin Nina Hoss, Archivmaterial vertieft den geschichtlichen Hintergrund - filmisch aber passiert hier nur der Erwartbare.
Flowers of Freedom
Martina Knoben: Überleben in Kirgisien, im Dorf Barskoon, durch das täglich Lkws mit einer hochgiftigen Chemikalie donnern; mit dem Gift wird in einer nahegelegenen Mine Gold abgebaut. Als nach einem Unfall immer mehr Dorfbewohner erkranken, kämpft eine Gruppe von Frauen für die Rechte der Opfer. Mirjam Leuze hat sie über Jahre hinweg begleitet, schließlich schafft es eine von ihnen sogar ins Parlament. Ein immer wieder amüsanter Dokumentarfilm, trotz allem, über einen beeindruckenden Kraftakt.
Forever and a Day
Annett Scheffel: Regisseurin Katja von Garnier betritt mit ihrer Dokumentation über die Farewell-Tour der Scorpions (die letzte, wirklich allerletzte Tour) gleich zweifach heikles Terrain: Da wäre zunächst die Sache mit dem Älterwerden in der Rockmusik: schwierig. Und dann das Genre selbst, das allzu oft ein Problem mit dem eigenen Fan-Sein hat .?? Zwei Hürden, an denen auch dieser Film nicht vorbeikommt. Für Liebhaber eine feine Sache, für alle Anderen reden ältere Herren viel zu viel darüber, dass der Rock 'n' Roll niemals sterben wird.
Home
Susan Vahabzadeh: Knuffige Aliens, die Boovs, stranden auf der Erde und denken, sie täten den Menschen einen Gefallen, wenn sie ihnen ihren Lifestyle aufzwingen und sie nach Australien umsiedeln. Ein besonders knuffiger Boov muss sich verstecken, weil er den Plan mit der Erde versehentlich ins transuniversale Internet gestellt hat, und so lernt er ein kleines Mädchen kennen, das bei der Evakuierung versehentlich vergessen wurde. Tim Johnson hat das inszeniert, so politically correct, wie man es von Dreamworks gewöhnt ist. Das mag pädagogisch wertvoll sein - es macht die Geschichte aber sehr vorhersehbar.
N - Der Wahn der Vernunft
Julia Weigl: Ende der 1920er flüchtet der Franzose Raymond Borremans nach Afrika. Das eurozentrische Weltbild lebt er allerdings bis zu seinem Tod 1988 in seinem Projekt - einer Enzyklopädie Westafrikas - aus: Er kommt aber nur bis zum Buchstaben "N". In seinem Essayfilm mischt der Belgier Peter Krüger wunderbar poetische Kamerafahrten, einen lyrischen Off-Kommentar und psychedelische Percussion-Klänge, kontrastiert afrikanische Spiritualität und Borremans' Kategorisierungsdrang: "Wenn du aufhörst, die Dinge zu definieren, siehst du die Welt, wie sie ist."
Eine neue Freundin
(siehe Kritik).
Der Nanny
Luise Checchin: Zeit mit der Familie ist doch das Wichtigste. Das lehrt uns Milan Peschel, wenn er als rehäugige Nanny wider Willen die verwöhnten Bälger des Immobilienfuzzis Clemens ( Matthias Schweighöfer) vor der emotionalen Verwahrlosung rettet - und den eigenen Kiez gleich mit. Man selbst würde auch gern gerettet: vor den platten Gags, den zur Schauspielerei verleiteten C-Promis, dem Anblick, wie Schweighöfer (auch Regie, zusammen mit Torsten Künstler) es auf einem toten Oktopus treibt. Wobei, das mit der Familienzeit stimmt ja. Nur sollte man die besser nicht mit diesem Film verschwenden.
Ruined Heart
Philipp StaDELMAIER: Der Vorspann als Tätowierung auf der Haut eines Erschossenen; die Liebesgeschichte zwischen Gauner und Hure als rauschhafte Abfolge von Musikstücken und schrillen Happenings ohne Dialog; das Kino als unsignierbares Experiment im Rausch der Fragmente: "This is not a film by Khavn de la Cruz". Der geniale Philippiner erfindet das Filmische neu - in dem er aus seinem Ruin seinen Triumph komponiert.
Something Must Break
Fritz Göttler: Es zerreißt einem das Herz wie schon lange nicht mehr im Kino, dass diese Liebe keine Chance haben soll. Sebastian will als Frau leben, und Andreas sagt ,Ich bin nicht schwul', als er sich in ihn verliebt hat, und das ist gut. Ester Martin Bergsmark baut den Film zwischen großem Melodram und Kitchensink-Kitsch, selbst falsche Töne sind genau am richtigen Platz. Saga Becker ist wunderschön wie von einem anderen Stern als Sebastian: Ich bin nicht von hier. Das sieht man auch, wenn man genau hinschaut. Mir bleibt kaum noch Zeit. Bald bin ich fort.
Tod den Hippies!! Es lebe der Punk
David Steinitz: Ein vollkommen wahnsinniger Punk-Slapstick von Oskar Roehler: Robert flieht Anfang der Achtzigerjahre vor seiner spießigen Freundin und den verdammten Landhippies aus der Provinz nach Westberlin, der autistischsten Stadt des Universums. Dort knutscht Blixa Bargeld mit Nick Cave, und die Miete bezahlt der Held mit dem Geld, das er fürs Spermawegwischen in den Wichskabinen am Bahnhof Zoo bekommt. Auch dabei: Rainer Werner Fassbinder (siehe Feuilleton von Mittwoch).
Stratos
Tobias Kniebe: Dass Filme aus Griechenland zur Zeit oft von Armut und Verzweiflung handeln, liegt irgendwie nahe. Auch der zyprische Regisseur Yannis Economides macht da mit, wenn er einen stoisch-verstockten Auftragskiller namens Stratos durch weitschweifige Szenarien sozialer Verelendung schickt. Wenn schließlich Kinder zur Prostitution angeboten werden, bleibt nur die Kugel für alle. Zieht sich aber fast so lang wie die griechische Finanzkrise.
Die Verfehlung
Rainer Gansera: Schock! Der katholische Gefängnisseelsorger Jakob (Sebastian Blomberg) muss entdecken, dass sein Priesterkollege Jugendliche sexuell missbraucht hat. Die Amtskirche will den Fall vertuschen. Schade, dass Gerd Schneider das brisante Thema im Stil eines TV-Problemfilms-der-Woche abhandelt, die Charaktere zu Statthaltern argumentativer Positionen verdünnt und das Wichtigste vernachlässigt: die Opferperspektive.
Von glücklichen Schafen
Annett Scheffel: Wie so oft rettet der Großvater die Situation: In diesem Fall beschert Vedat Erincin ("Almanya - Willkommen in Deutschland") als mürrischer Alter Kadir Sözens Familiendrama die dringend benötigte, wunderschön dumpfe Alltagsschwere. Das tut gut - bei der leider klischeeanfälligen Story um eine gefallene türkische Frau und alleinerziehenden Mutter (Narges Rashidi).
Zu Ende ist alles erst am Schluss
Fritz Göttler: Skype ist nicht wirklich brauchbar, sagt der Hotelbesitzer, da könne er zwar mit seinem Sohn am anderen Ende der Welt reden, aber die Präsenz fehlt, das physische Anfassen. Weshalb er den jungen Romain als Nachtportier einstellt und doch immer selber auch in der Hotelhalle hockt und eine Flasche nach der andern herbeiholt. Jean-Paul Rouve spielt ihn selbst, der Regisseur des Films, der voll auf die Präsenz seiner Stars - Michel Blanc, Annie Cordy -, setzt, für eine traurigschöne, gelassene Geschichte um die Angst vor dem Altwerden und davor, die Jugend verlassen zu müssen. Und um das Glück, doch noch einmal zurückkehren zu können in die Kindheit.