Jeff Bridges zum 70.:Wichtigste Aufgabe: aus dem Weg gehen

Polygram Working Title DR THE BIG LEBOWSKI de Ethan et Joel Coen 1998 USA avec Jeff Bridges coc

Marihuana und Cocktails, Bowling und Kidnapping: Jeff Bridges in "The Big Lebowski" (1998).

(Foto: Imago)

Als "Dude" in "The Big Lebowski" wurde er eine lärmige Kultfigur. Noch lieber verkörpert er leise Momente des amerikanischen Traums. Nun wird Jeff Bridges 70.

Von Fritz Göttler

Er ist ein Widescreen-Mann, ein Mann der weiten Bilder. Die Fotos, die er seit vielen Jahren bei den Dreharbeiten seiner Filme macht und auf seinem Blog und in Fotobänden veröffentlicht, sind ungewöhnlich breit, dank seiner Widelux-Kamera. Alle sind auf diesen Bildern zu finden, mit denen er arbeitete, vom Vater Lloyd bis zu Francis Ford Coppola, und vor allem eine fantastische Atmosphäre, zwischen Konzentration und Lässigkeit. "Die Widelux ist eine launische Dame, a fickle mistress", schreibt Jeff Bridges in dem Band "Pictures", "ihr Viewfinder ist nicht exakt, und es gibt keine Möglichkeit, die Schärfe manuell nachzuziehen." Er mag das, hat das in all seiner Arbeit gesucht, diesen Verzicht von Veredelung, der alles menschlich macht und aufrichtig.

Für seinen Vater Lloyd, einen erfolgreichen Hollywoodschauspieler, war klar, dass auch der Sohn beim Film landen sollte, also hat er ihn Ende der Fünfziger in ein paar Folgen seiner erfolgreichen TV-Serie "Sea Hunt / Abenteuer unter Wasser" mitspielen lassen. Jeff wäre selber gern Musiker und Sänger geworden, zu den tollen Momenten seines Lebens zählt er immerhin Bühnenauftritte an der Seite von Neil Young und Kris Kristofferson, und in "Masked and Anonymous" spielte er neben Bob Dylan. Einen Oscar als bester Hauptdarsteller bekam er 2010, als er den müden alten Countrysänger Bad Blake aus Texas verkörperte in "Crazy Heart" von Scott Cooper.

Die erste starke Filmrolle war 1971 in "The Last Picture Show / Die letzte Vorstellung", von Peter Bogdanovich, nach dem Roman von Larry McMurtry. Jugend Anfang der Fünfziger in der texanischen Provinz, schwarz-weiße Western und Sex. Ein Film, der selbst ein schöner kleiner Countrysong ist. Mit den gleichen Akteuren führte Bogdanovich zwanzig Jahre später die Geschichte fort, "Texasville", und Jeff Bridges hätte offenbar Spaß daran, jetzt, noch mal zwanzig Jahre später, erneut eine Fortsetzung zu drehen. America, lost in transition, verloren im Übergang.

Mutig trat er gegen den monströsesten Lover der Kinogeschichte an, in einer Neuverfilmung von "King Kong"

Loser aus Leidenschaft, lautstark und prollig und großsprecherisch ist Jeff Bridges in "The Big Lebowski" von Ethan und Joel Coen. Er ist "The Dude", eine Kultfigur, womöglich wider Willen. Der Stoff, aus dem er gemacht ist - Marihuana und White-Russian-Cocktails, Bowling und Kidnapping -, ist wohl erfolgsträchtig, aber schön sind dann doch die Momente, wenn alles sich dämpft zu einem Anflug von Besinnlichkeit. Und natürlich haben sich um Jeff Bridges die irrsten Teamplayer geschart, John Goodman, Steve Buscemi, John Turturro. Den amerikanischen Traum hat Jeff Bridges gern auf eine eigene stille Weise verkörpert. Gleich anfangs hat er einen jungen Boxer gespielt, in "Fat City" von John Huston. Später war er dann ein müder Westernheld Wild Bill Hickock, für Walter Hill, und Marshal Cogburn in "True Grit", wieder für die Coens, und Preston Tucker, der geniale dynamische Autokonstrukteur im elegischen Film von Francis Ford Coppola - ein Künstler, den die Industrie brutal niedermachen sollte.

Mutig trat er, im Kampf um die Liebe Jessica Langes, gegen den monströsesten lover der Kinogeschichte an, in einer Neuverfilmung von "King Kong", und in "The Contender", 2000, von Rod Lurie, war er ein ruhiger Präsident der USA. Der Film zeigt, dass, was heute in Washington sich abspielt, nicht wirklich neu ist. Diskretion als Ehrensache: "Aus dem Weg zu gehen", schrieb er (nicht nur) zu seiner Arbeit mit der Widelux, "scheint eine der wichtigsten Aufgaben für mich als Künstler zu sein." Am Mittwoch wird Jeff Bridges siebzig Jahre alt.

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