Jazz:Winterklangbilder

Stefanie Boltz Pressefoto

Boltz spielt ihr drittes Album.

(Foto: Uli Zrenner-Wolkenstein)

Stefanie Boltz präsentiert ihr drittes Album im Künstlerhaus

Von Oliver Hochkeppel

Musik vermag einen immer dann besonders zu ergreifen, wenn man den besonderen Zauber des Komponisten oder Interpreten spürt. Da kann es nie schaden, wenn ein Musiker die Bandbreite seiner Ausdrucksmöglichkeiten erweitert. Die Münchner Sängerin Stefanie Boltz hat dies schon immer gemacht, war immer neugierig und risikobereit. Das hört man auch bei ihrem neuen, soeben bei GLM als Album erschienenen Programm "Midwinter Tales", das sie nun in der Reihe "Jazz and Beyond" im Künstlerhaus vorstellt.

Im Elternhaus von Stefanie Boltz lief vor allem Klassik. Sie aber entdeckte und studierte dann Jazz, ging nach Berlin, wo sie nicht nur als Studiosängerin arbeitete und in den A-cappella-Gruppen Slixs und The Croonettes praktische Erfahrung sammelte, sondern auch als DJ "Rare Grooves" und "Vintage Funk" auflegte. Inzwischen betreibt sie die eigene Agentur "Fine Artist", die nicht nur sie selbst und Sven Faller, sondern auch Kollegen wie LBT und Sebastian Studnitzky betreut. Und sie programmiert als künstlerische Leiterin Konzertreihen und Festivals, zum Beispiel auf Gut Sonnenhausen. Der Durchbruch als Sängerin kam 2010 im Duo Le Bang Bang mit dem Bassisten Sven Faller. Gemeinsam entkleideten sie allerlei Liedgut von Jazz-Standards bis zu Rock- und Pop-Hits radikal und ließen es in minimalistischen Versionen völlig neu erklingen. Daraus leitete Boltz von 2014 an ihre eigenen Projekte ab, die mit größerer Instrumentierung und mehr eigenen Songs weiter in Richtung Pop gingen.

"Midwinter Tales" ist nun das dritte Album unter ihrem Namen, und auch wenn es der Titel und das Erscheinungsdatum nahelegen, ist es kein Weihnachtsalbum. Die Jahreszeit rund um die Wintersonnenwende, wenn die Tage kurz geworden sind, wenn man sich am Kamin einfindet und womöglich zur Ruhe kommt, wenn die Sehnsucht nach dem Frühling nicht mehr weit ist - diese Atmosphäre liefert ihr hier den Stoff. Und wieder erweist sich Boltz als sensible Geschichtenerzählerin. Welch unterschiedliche Assoziationen sich mit dem Mittwinter verbinden lassen, zeigen schon die vier Cover-Songs, die sie ausgewählt hat: Ist Gordon Lightfoots "Song For A Winter's Night" eine klassisch melancholische Sehnsuchts-Hymne und "Christmas Card From A Hooker In Minneapolis" von Tom Waits ein Country-Blues mit realistischer, mit der Hoffnung auf ein Licht am Ende des Tunnels unterlegter Lebensbeichte, so geht es mit "So Many Stars" von Sergio Mendes in die heiteren Gefilde der Musica Popular Brazileira. Und der Klassiker "The Sound Of Silence" von Simon & Garfunkel wird zum expressiven Indie-Pop.

Noch weiter auf geht die Tür bei Boltz' eigenen, überwiegend deutschen Stücken, von den fast psychedelischen "April Skies" über Balladen wie "Im Schnee Verbrennen" (wo Schokolade eine große Rolle spielt) und "Sehnsucht" bis zum rockigen "Narkose". Alles singt Boltz mit klassischer Tongestaltung, jazziger Freiheit und großer Überzeugungskraft. Am differenzierten Klangbild und dem abwechslungsreichen Stilmosaik haben auch ihre Begleiter großen Anteil. Auf dem Album steuern die Cellistin Fanny Kammerlander viel Wärme, der Schlagzeuger Tilman Herpichböhm auf drei Tracks gehörigen Druck und der Gitarrist Paulo Morello bei "Christmas Card From A Hooker In Minneapolis" ein luzides Solo bei. Im Künstlerhaus bleibt es beim Stamm-Trio, natürlich mit Sven Faller am Bass und Martin Kursawe an diversen Gitarren. In jedem Fall ein Konzert, bei dem man den Winter in einem neuen, musikalischen Licht erleben könnte.

Stefanie Boltz, Samstag, 14. Dezember, 20.30 Uhr, Künstlerhaus am Lenbachplatz

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