Jazz:Die Höhen der Trompete

Jazz: Jung, wild, traumwandlerisch: der Trompeter Vincent Eberle.

Jung, wild, traumwandlerisch: der Trompeter Vincent Eberle.

(Foto: Unterfahrt)

Vincent Eberle ist die nächste Münchner Jazz-Hoffnung

Von Oliver Hochkeppel

Sein vor einem Jahr erschienenes, aber gerade erst in der Unterfahrt präsentiertes Debütalbum "Holding" ist Anschauungsunterricht genug: Den warmen Balladenton beherrscht der junge Trompeter Vincent Eberle ebenso traumwandlerisch wie rasante Bebop-Linien oder hymnische Flächensounds. Die ganze Jazz-Geschichte seines Instruments spiegelt sich in seinem Spiel, und doch hat er in seinem Ton wie bei seinen Kompositionen schon mit Mitte 20 eine eigene Handschrift gefunden. Eberle gehört nicht nur zu den zuletzt zahlreichen herausragenden Absolventen der Jazzabteilung der Münchner Musikhochschule, er hat sich gewissermaßen an ihre Spitze gesetzt: Ende März gewann er mit seinem Quintett den "Neuen Deutschen Jazzpreis", der mit 10 000 Euro zu den höchstdotierten gehört, vor allem aber mit früheren Preisträgern wie Michael Wollny, Tim Allhoff oder Der Rote Bereich höchstes Renommee genießt.

Stets bewerben sich mehr als hundert Bands ohne Altersbeschränkung um die Teilnahme am Finale, eine Fachjury sortiert dann ein Dutzend aus, und der wechselnde Kurator, stets ein internationaler Jazzstar, bestimmt die drei Bands, die sich schließlich in der Mannheimer Feuerwache der Entscheidung des Publikums stellen. Vielleicht war es ein Vorteil für Eberle, dass diesmal ein Trompeter der Kurator war, der Amerikaner Wallace Roney. Doch gegen das Sebastian Böhlen Sextett und die Gruppe Salomea musste er sich erst noch selbst durchsetzen.

Was ihm nicht zuletzt deshalb gelang, weil seine Begleiter ebenfalls allesamt zu den Münchner "jungen Wilden" gehören, die derzeit nicht nur die deutsche Jazzlandschaft aufmischen. Die Gitarre spielt bei ihm mittlerweile der vielversprechende Paul Brändle, und die Rhythmusgruppe wird komplett von keinen Geringeren gestellt als von LBT, dem Trio des Pianisten Leo Betzl, des Bassisten Maximilian Hirning (der in Mannheim auch den Solistenpreis gewann) und des Schlagzeugers Sebastian Wolfgruber. Die drei gehören seit dessen Gründung dem Kollektiv der Jazzrausch Bigband an und sind inzwischen selbst mit zahlreichen Preisen dekoriert. So hatten sie bereits 2016 den Hansjürg Henzler Nachwuchswettbewerb gewonnen, bevor ihnen das als Teil des Vincent Eberle Quintetts im Jahr darauf erneut gelang; soeben sind sie fürs Finale des BMW Welt Jazz Award nominiert worden.

Solche Kollegen hat Eberle nur gewinnen können, weil er seit jeher dieselbe Leidenschaft für den Jazz teilt. Der Freisinger, der am dortigen Josef-Hofmiller-Gymnasium sein Abitur machte, fand früh zu seinem Instrument und setzte ebenso früh und entschlossen seine Entscheidung für den Musikerberuf um. Mit einer eigenen, aus Schulfreunden zusammengesetzten Bigband war er 2011 Preisträger bei Jugend jazzt, im selben Jahr nahm er das Studium der Jazztrompete bei Claus Reichstaller auf, dem Leiter der Jazzabteilung, 2013 belegte er auch noch Kontrabass bei Paolo Cardoso. Parallel dazu saß er in Harald Rüschenbaums Landes-Jugendjazzorchester, mit dem er auf eine große Asien-Tournee ging. Als Erasmusstudent studierte er 2014/15 ein Jahr in Graz. Hier in München macht er derzeit seinen Master in Trompete und Komposition, aber eigentlich ist er schon ein Meister.

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