James Franco und die Kunst:Denn sie wissen nicht, was er tut

Er ist Schauspieler, Schriftsteller - und jetzt auch Künstler: Leute wie James Franco haben es schwer - auch wenn sie so hübsch sind. Die Kunstwelt kann ihn nicht leiden, Hollywood auch nicht so sehr. Mitte Mai findet nun trotzdem seine erste große Ausstellung im Museum of Contemporary Art statt. In "Rebel" geht es um Sex.

Anne Philippi

Zwei Eames Chairs. Mehr stellt das Museum of Contemporary Art Los Angeles an diesem Nachmittag für James Franco und seinen Interviewer nicht auf die Bühne. James Franco braucht kein Hollywood-Brimborium wie Fiji Water oder Kale-Plätzchen. Dabei könnte er sich Allüren durchaus leisten. James Franco ist schließlich das, was man einen Filmstar nennen kann. Er lacht beim legendären Hotel Chateau Marmont auf den Plakattafeln über dem Sunset Boulevard für Gucci, er spielt in Blockbustern wie "Planet der Affen" und "Spider-Man", er moderiert Oscar-Verleihungen, er gilt als "hot shit" und das ohne übliche Paparazzifotos mit Kappe im Gesicht und Mocca Latte im Starbucks-Becher.

James Franco "Rebel" Ausstellung im Museum of Contemporary Art

James Francos Ausstellung "Rebel" nimmt Bezug auf den Filmklassiker "Denn sie wissen nicht, was sie tun".

(Foto: Reuters)

James Franco ist eine Ausnahme. Er steht nicht für das Hollywood aus den Illustrierten, sondern ist ein komischer Kauz, der als Veganer bei McDonalds gearbeitet hat, um sich sein Schauspielstudium zu finanzieren. Einer, der sich im Danny Boyle-Film "127 Hours" als Bergsteiger-Autist sehr überzeugend seinen Arm abhackt. Er ist nun auch Schriftsteller: Seine Kurzgeschichtensammlung "Palo Alto" wurde von der New York Times gelobt. Franco besitze das Talent, in seinen Texten "Gefahr heraufzubeschwören", hieß es da.

Und er ist Künstler. Performance-Künstlerin Marina Abramovic engagierte ihn für ihr Projekt im MoMA. Der Galerist Javier Perez zeigte James' Arbeiten in Berlin. Und Mitte Mai wird das Filmgesicht James im MOCA seine erste große Museums-Ausstellung eröffnen. Die trägt den Titel "Rebel", weil er den Film "Rebel without a cause" ("Denn sie wissen nicht, was sie tun") dafür ausschlachten wird. Aufwendig. Eine Suite des Chateau wird da aufgebaut.

Francos Publikum ist jung

Ganz alleine wollte er die Ausstellung dann doch nicht stemmen. "Ich arbeite besser mit anderen zusammen und ich laufe erst zur Hochform auf, wenn ich einen Dialog mit der Arbeit eines anderen beginne. Da fühle ich eine Art Verantwortung." Francos Kollaborateure können sich sehen lassen: Paul McCarthy, Douglas Gordon, Harmony Korine, Aaron Young, Ed Ruscha und Terry Richardson haben mitgearbeitet.

Die Kunstwelt kann Franco nicht leiden. Und die Filmwelt auch nicht so recht. Sie wollen ihre Welten schön getrennt lassen. Leute wie James, die in den Gattungen hemmungslos herumwühlen, haben es schwer. Auch wenn sie so hübsch sind wie James.

James' Zuhörer sind an diesem Nachmittag auch nicht unbedingt das Kulturpublikum, das sonst zu den MOCA-Symposien kommt. Teenager bereiten die Smartphones zum Fotografieren, Facebooken und Twittern vor. James' Publikum ist jung. Es hat die Pubertät knapp hinter sich. Ganz nah an der Bühne sitzen dann doch ein paar ältere Kunstaffine, darunter James' zukünftige Literaturprofessorin an der University of Southern California, wo er seinen Doktortitel machen will. Die Frau ist entzückt. "Ihm reicht Hollywood einfach nicht aus."

Nacktszenen mit Gummipenis

James nimmt jetzt im rechten Eames Chair Platz, der linke ist für den Kunstprofessor im schwarzen Rolli reserviert. James kommt verkleidet als junger Wilder. Als Dennis Hopper, als James Dean, als Projektionsfläche für den Rebell 2012. Er trägt ein schwarz-rotes Cowboyhemd, Jeans, Schuhe mit Farbflecken, die von der Arbeit im Atelier erzählen. Sein Haar wirkt ein bischen fettig, die Haut blass. Haare und Haut möchte man nicht anfassen. Ein paar Runden am Strand wären angebracht. Die Augen auf Halbmast. So müde, der James.

Hier sitzt also James Franco als Künstler. James arbeitet hart an seiner Rolle. Gerade hat er mit Seth Rogan einen Film gedreht, in dem er selbst "den Künstler James Franco" spielt. "Einen irrationalen Deppen mit einem Riesenego", erklärt er und schaut auf seine Schuhe mit den Farbflecken.

Worüber will er heute reden? Die Stirnfalte wird deutlicher, die Hand fährt übers Gesicht. Der Blick sagt: Wo bin ich? Wie viel Uhr ist es? Superkünstlerpose. Es geht um James Francos Buch "The Dangerous Book Four Boys", basierend auf Francos Kurzfilm. Darüber will er sprechen. Der Film heißt "Dicknose in Paris". Dazu erzählt der Künstler James eine Geschichte.

Er drehte den Film "Milk" mit Sean Penn. Als Penns Boyfriend musste Franco für bestimmte Nacktszenen einen Gummipenis tragen. Nach dem Dreh lag der Penis herum und James nahm ihn mit nach Hause. Dann kam die Idee für den Film. James setzte sich den Penis mitten ins Gesicht und erfand eine neue, merkwürdige Figur, die mit zwei Freunden nach Paris fährt. Der eine Freund heißt Faulkner, so wie James Francos Lieblingsschriftsteller. In diesem merkwürdigen Werk steckt alles drin, was Franco am Herzen liegt: Verzerrung der glamourösen Welt, der Amerikaner in Paris, der junge Mann, der Künstler sein will, seinen ideologischen Vater sucht und seinen echten gerne los wäre.

An der Oberfläche von Hollywood kratzen

James Francos Publikum hört jetzt genau zu. Klar, die Penisgeschichte ist lustig, aber darum geht es gar nicht so. Hier sitzt ein Hollywood-Typ, der keinen Scientology-Mist erzählt. Oder predigt, man müsse nur durchhalten und Vegetarier sein, um ein Filmstar zu werden. Er empfiehlt stattdessen das Ausprobieren von Identitäten, von Rollen, etwas, das auf "jeder Facebookseite ohnehin schon geschieht. Und das zurecht." James Francos Publikum wirkt zufrieden. Es mochte seinen merkwürdigen Film, seinen Aufruf sich nicht sofort festzulegen, und es spitzt die Ohren, als er von der kommenden "Rebel"-Ausstellung erzählt. Da wird es um Sex gehen. Zumindest um das, was aus dem Sex entstanden ist.

Regisseur Nicholas Ray hatte bei den Dreharbeiten von "Denn sie wissen nicht, was sie tun" eine Affäre mit der damals 16-jährigen Natalie Wood. Dennis Hopper auch. "Mich interessiert, was da genau passierte. Und wo. Ray wohnte im Bungalow Zwei des Chateau Marmont. Dort traf er sich mit Natalie. Und jede Nacht kam James Dean vorbei, der ein riesiges Vaterproblem hatte und eine Autorität suchte." James Franco ist ganz aufgeregt, wenn er von Dean und Hopper spricht. Ein gutes Zeichen.

Es war ein guter Franco-Nachmittag. James hatte erfolgreich an der Oberfläche seiner Stadt Hollywood gekratzt und sie dennoch ganz offensichtlich geliebt. Das Lächeln bei der Buch-Signierstunden erinnerte dann wieder an die Gucci-Ikone im Smoking, direkt über dem Chateau Marmont. Von dort wacht James Franco derzeit über die Zukunft der Unterhaltung.

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