James Bond: seine Frauen, seine Autos - und seine Gegner:Ein Film ist nicht genug

Nächste Woche kommt der neue Bond in die Kinos - hier ist vorab von Aston Martin bis Octopussy - schon mal eine kleine Kulturgeschichte des nötigen Zubehörs für einen richtig guten Agententhriller.

Das Girl

Ein Film ist nicht genug

Sie ist der Über-Vamp, die Mutter aller Bond-Girls, das Maß aller Dinge: Honey Ryder alias Ursula Andress, die als Schaumgeborene in "James Bond jagt Dr. No" aus den Fluten steigt.

Martini

Ein Glas Martini, Bonds Lieblingsgetränk.

(Foto: Foto: ddp)

Warum sonst hätte sich Halle Berry in "Stirb an einem anderen Tag" an der gleichen Szene versucht? Erklärt man also Andress' Strandspaziergang zum anzustrebenden Ideal der Bond-Erotik, so muss man feststellen: Das neue Bond-Girl heißt Daniel Craig. Der hat nämlich auch einen überaus prächtigen Körper, den er in "Casino Royale" ebenfalls durch die Gischt stolzierend präsentiert. Eva Green, die neue Frau an Bonds Seite, hat diese Schlussfolgerung bei der Londoner Premiere des Films denn auch gleich bestätigt. Craig habe durchaus etwas von einem Bond-Girl.

Was, im Lichte der Bond-Tradition mit ihrer Ahnengalerie weiblicher Liebes-Opfer von 007, nichts anderes bedeuten kann als eine radikale Rollenumkehrung. Als Doppelagentin Vesper Lynd ist es nämlich diesmal die 26-jährige Green, die dem Craig'schen Bond das Herz bricht.

Sie offenbarte unlängst, die Rolle erst unter dieser Voraussetzung angenommen zu haben. Dieses Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr. Eva Green wurde als verführerisches Herz der Ménage à trois in Bertoluccis Paris-Elegie "Die Träumer" (2003) bekannt; sie trägt den Film fast alleine.

Es könnte sogar sein, dass die kritische Fangemeinde Eva Green einen der oberen Ranking-Plätze auf der Liste beliebtester Bond-Gespielinnen zuweist: Als ihren Lieblings-Bond bezeichnete sie nicht etwa Craig, sondern, natürlich: Sean Connery.

Ein Film ist nicht genug

Brosnan als James Bond

Pierce Brosnan, der Nach-der-Wende-Bond, war ebenfalls sehr erfolgreich bei den Frauen.

Der Drink

Zwei Bond-Zitate gehören zum Weltkulturerbe. "Mein Name ist Bond, James Bond" zum einen. Und: "Geschüttelt, nicht gerührt". Letzteres bezieht sich auf einen Drink, der schon im ersten Kinofilm "Dr. No" (1962, mit Sean Connery) auftaucht.

Darin wird ein Wodka Martini mit den Worten serviert: "Wie Sie gesagt haben, geschüttelt, nicht gerührt" - "shaken, not stirred". Man hat lange gerätselt, was das eigentlich soll. Normalerweise wird ein Wodka Martini im Rührglas auf Eis verrührt und dann in ein vorgekühltes Martiniglas abgeseiht. Der exotisch anmutende Schüttel-Drink passt aber eben deshalb so gut zu einer Figur, die Ian Fleming zufolge auf dem Terrain der Kulinarik allwissend sein soll. Typisch dafür ist eine Szene in "Der Hauch des Todes" (1987, mit Timothy Dalton), in der Bond seinen Chef blamiert.

Er weist ihn daraufhin, dass der Champagner, den M ausgewählt hat, "nicht akzeptabel" sei. Schon in "Im Angesicht des Todes" (1985, mit Roger Moore) nippt Bond nur kurz am Glas und sagt: "Mmmja, gut, 75er Bollinger". Bond ist Hedonist und weltläufiger Kenner. Einmal, in "Liebesgrüße aus Moskau" (1963, mit Sean Connery), erweist sich das als lebensrettend. Bond erkennt den Schurken im Zugrestaurant daran, dass der zur Seezunge roten Chianti bestellt. Natürlich muss der Barbar sterben, zu Recht.

Es ist also ein Skandal, wenn der neue Bond, Daniel Craig, in "Casino Royale" auf die Frage "geschüttelt oder gerührt" antwortet: "Sehe ich aus, als ob ich einen Scheiß darauf gebe?" Unfassbar. Erstens: Geschmacksmoleküle besitzen mehr Masse als Alkoholmoleküle. Durch das Schütteln gelangen sie an die Oberfläche, der Drink schmeckt besser.

Zweitens: Der geschüttelte Martini ist gesünder, weil sich darin die freien Radikalen, zum Beispiel aggressive Wasserstoffperoxid-Moleküle, besser auflösen. Craig hält die freien Radikalen offenbar für Leute, auf die man schießen muss. Idiot. Trink doch Cola.

Ein Film ist nicht genug

Der Bond

"Es juckt mich am Hintern", sagt Bond in einer ziemlich unangenehmen Szene mit zusammengepressten Zähnen zu seinem Gegenspieler Le Chiffre, "könnten Sie wohl mal ..." Ein Satz und eine Situation, die bei allen bisherigen Bonds unsagbar ordinär gewesen wäre, die Daniel Craig aber problemlos und brutal meistert.

Das Pendel schlägt bei ihm ins Extrem aus, diese superdelikate Balance zwischen selbstgewisser Eleganz und snobistischem Larifari, mit der die Serie sich in jedem Film und mit jedem neuen Bond herumschlagen musste. Und die George Lazenby noch nicht so recht hinkriegte, der im ersten Takeover, "Im Geheimdienst Ihrer Majestät", zu sehr äußerlich den Dressman gab und dann als tragischer Ehemann endete - später hat er sich dann in der Emmanuelle-Serie verdingt.

Das Gegenstück zu Craig ist der federleichte Roger Moore, der auch in den härtesten Konfrontationen seine Vergangenheit als Simon Templar und als Lord Brett Sinclair nie verleugnet. Er ist der Bond der letzten Jahre vor der Wende, vor der Auflösung der Supermacht-Konstellation, als der Kalte Krieg sich selbst nicht mehr richtig ernst nehmen mochte. Dies ist der Bond, an dem die Nach-Wende-Thronfolger Timothy Dalton und Pierce Brosnan sich orientierten, immer hin- und hergerissen zwischen der Treue zu seinem coolen britischen Stil und den Versuchen, der Figur neues Profil, mehr Tiefe zu verleihen.

Brosnan im nordkoreanischen Kerker, in seiner Einsamkeit und Verlassenheit, in "Die Another Day" - das ist dann schon mehr kalt als cool, auf dem Weg zu Craig. Und natürlich konnte auch Connery wirklich kalt sein in seinen frühen Filmen, weil es der Job eben erforderte. Diese unvergleichlichen Momente, wenn er einen Gegner wirklich abschätzt und seinen Körper auf den folgenden Kampf einstellt - und natürlich ebenso, wenn Honey Ryder oder Pussy Galore ihm entgegentreten.

Connery war ein ziemlich realistischer Bond. Er werde das etwa sechs Jahre machen, nicht länger, hat er erklärt, als er seinerzeit diesen Job übernahm.

Ein Film ist nicht genug

James Bonds Auto

Bonds Auto aus "Stirb an einem anderen Tag": der Aston Martin V12 Vanquish.

Das Bond-Auto

Nein, hier geht es nicht um Rammböcke, Ölspritzen, um rotierende Nummernschilder, Eisbrecher und Unterwasserausrüstung. Hier geht es um das Auto selbst, das wichtigste Requisit, die Zaubermaschine, die den Helden unbesiegbar macht.

In den frühen Bond-Abenteuern haben die Wagen noch phantastische Qualitäten: Das erotische Understatement-Wunder Aston Martin DB 5, der Lotus Esprit, der aussah wie ein Messer auf Rädern, auch der Blechphallus Toyota GT 2000: das waren Fahrzeuge aus dem automobilen Märchenland, Streitwagen für Halbgötter. Dann geschah etwas Trauriges: Man kam darauf, dass James-Bond-Filme nicht nur unerfüllbare, sondern auch erfüllbare Träume verkaufen könnten.

Ein Film ist nicht genug

Bald fuhr Bond nicht mehr handgefertigte, hochgezüchtete Orchideen-Autos, sondern Fließbandprodukte wie den Einkaufsflitzer BMW Z3 oder den Dienstwagen fürs mittlere Management, den BMW 750iL. Zur selben Zeit stellten viele Zuschauer fest, dass sie seit Januar schon mehr exotische Länder bereist hatten als Bond im ganzen Film - Weihnachtsurlaub nicht mitgerechnet! In der neuen Folge ist endlich wieder ein Aston Martin zu sehen, der DBS. Nur leider ist es keiner mehr. Der Autobauer wurde 1987 von Ford übernommen, der im Film deshalb auch seinen Focus platzieren durfte.

Ein Film ist nicht genug

Gottfried John

Gottfried John steht ebenfalls in der langen Tradition der deutschen Fieslinge, gegen die James Bond die Welt retten muss - auch wenn John in "Goldeneye" einen Russen spielt.

Wenn Bond Ford Focus fährt, dann ist jedes Auto ein Bond-Auto. Schließlich hat sich auch die Bond'sche Spezialausstattung allgemein durchgesetzt: Ein Druck auf den Schlüssel - magisch öffnen sich die Türen. Der Bildschirm am Armaturenbrett zeigt an jedem Ort der Erde den Fluchtweg an. Und wenn es so aussieht, als sei der Fahrer wirklich erledigt, dann - peng - knallt ihm ein weiches Kissen ins Gesicht, das Schlimmeres verhindert - eine modifizierte Version des Düsenantriebs. Was würde Q dazu sagen?

Ein Film ist nicht genug

Der Deutsche

Ein Film ist nicht genug

Deutsche gehören zum Bond-Film wie Aston zu Martin. Obwohl die Schweizerin Ursula Andress und der Österreicher Klaus Maria Brandauer strenggenommen nichts in der Galerie jener verloren haben, die dem perfiden Albion seit je dazu dienen, seine Siege (WK II., Wembley) zu überhöhen, hat man das im Vereinigten Königreich noch nie so genau genommen.

Bereits 1963 spielte die gebürtige Wienerin Lotte Lenya in "Liebesgrüße aus Moskau" als KGB-Offizierin Rosa Klebb ein lesbisches Mannweib mit rot gefärbtem Haar und deutschem Akzent, das mit der Giftspritze der NS-Ärzte zu Werke ging, bevor Gert Fröbe als Auric Goldfinger sich 1964 ebenfalls auf bewährte Methoden aus dieser Zeit besann und seine Widersacher vergaste.

Ein Film ist nicht genug

Dass der hässliche Deutsche im Bond-Setting eher fürs Schütteln als fürs Rühren zuständig ist - dabei sollte es jedenfalls bleiben: von Karin Dor 1965 in "Man lebt nur zweimal" über Ilsa Steppat 1968 "Im Geheimdienst ihrer Majestät" und Curd Jürgens 1977 in "Der Spion, der mich liebte".

1987 war Andreas Wisniewski ein Killer in "Der Hauch des Todes", in "Goldeneye" spielte Gottfried John einen russischen General, Götz Otto 1997 in "Der Morgen stirbt nie" den Handlanger Stamper, und Claude Oliver Rudolph 1999 in "Die Welt ist nicht genug" einen Colonel. In "Casino Royale" sollte eigentlich Ulrich Matthes den Oberbösewicht geben. Der sagte ab, weil er lieber Theater spielen wollte.

Statt seiner hat ein Deutscher es diesmal wieder nur als Assistenz-Irrer in den Film geschafft - Clemens Schick, der über sein Rollenprofil sagt: "Man steht hinter dem Chef und guckt böse." Und doch gehört uns bereits seit 1962 eine Hauptrolle in jedem Bond-Abenteuer. Denn seither verlässt sich der Agent bereits auf die Produkte der Firma Walther aus dem sauerländischen Arnsberg.

James Bond und die Action

Bond setzte die Maßstäbe, aber mittlerweile müssen andere Filmhelden wie Ethan Hunt aus der "Mission Impossible"-Serie spektakulärere Stunts hinlegen - und noch mehr Leute umbringen.

Zunächst war die legendäre PPK seine Handfeuerwaffe, seit 1997 ist es die P99, der auch Craig nun sein Leben anvertraut. In deren Gestalt aber ist eine Deutsche das einzige Bond-Girl, dem der Agent nie untreu wurde. Maid in Germany eben.

Ein Film ist nicht genug

Die Action

Den Gegner mit der Kufe eines Helikopters zur Strecke zu bringen, das sind die hohen Weihen der Action-Kunst - so machte Roger Moore 1981 "In tödlicher Mission" Blofeld den Garaus nach einem Luftkampf. Pierce Brosnan gab seinen Einstand fünfzehn Jahre später mit einem Bungee-Sprung von einer Staumauer.

Ein Film ist nicht genug

Die Hauptbestandteile in der Bond-Rezeptur waren lange die Action und das gefährliche Spielzeug aus der Geheimdienst-Trickkiste - der Messerschuh aus "Liebesgrüße aus Moskau", ein Sender in Pillenform in "Thunderball" oder Brosnans explosive Armbanduhr. Daniel Craig muss sich mit einem Defibrilator zur Autoreanimation begnügen - nicht gerade das glamouröseste Stückchen Ausrüstung, mit dem Bond auf die Jagd geschickt wird.

Was die spektakulären Stunts und die Gadgets angeht, hat ihm der wagemutige und in High-Tech hochgerüstete Ethan Hunt mit den "Mission: Impossible"-Filmen den ersten Platz streitig gemacht - weshalb wohl halsbrecherische Stürze und wilde Erfindungen im neuen Bond eher Randerscheinungen sind.

Was die Frauen-Action betrifft, für die Ang Lee mit "Crouching Tiger, Hidden Dragon" und Tarantinos "Kill Bill" Maßstäbe gesetzt haben, ist die Entwicklung bei Bond absolut rückläufig - Halle Berry, die Brosnan bei seinem letzten Auftritt beistand, in "Stirb an einem anderen Tag", sorgte für ziemlich viel Wirbel - aber Craigs "Casino Royale"-Gefährtin Eva Green ist ein eher zartes Seelchen - der wird schon vom Zuschauen schlecht.

(SZ vom 18.11.2006)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: