Süddeutsche Zeitung

James Blunt:Positives Denken

Der Sänger will sich nicht mehr über negative Reaktionen in der digitalen Welt ärgern. Die Songs seines neuen Albums "Afterlove" kombiniert er auf Tour mit den Hits, die sein Publikum hören will

Interview von Constanze Radnoti

Mit "You're Beautiful" ließ er einst Herzen höher schlagen - oder trieb Menschen zur Weißglut. Inzwischen mache er auch Musik zum Tanzen, schrieb James Blunt kürzlich auf Twitter. Das stimmt zwar, vergessen, wie man Balladen schreibt, hat er dennoch nicht. Zu überprüfen ist das nun in seinem Konzert in der Olympiahalle. Ein Gespräch über München, politische Verantwortung und darüber, ob James Blunt heute glücklicher ist als früher.

SZ: Sie haben gerade das Oktoberfest verpasst.

James Blunt: Das ist schade, aber wissen Sie was? Wir schmeißen einfach unser eigenes Oktoberfest.

Als Sie 2004 im Feierwerk zum ersten Mal in München gespielt haben, waren zwölf Zuhörer da. Angeblich haben Sie damals jedem ein Bier gekauft.

Das war ein wirklich besonderer Auftritt. Damals haben mich nur wenige Leute gekannt. Seitdem ist München für mich ein ganz besonderer Ort.

Jetzt spielen Sie in der Olympiahalle vor tausenden Leuten. Vermissen Sie die persönlichere Atmosphäre aus frühen Tagen?

Ich stehe mit nur fünf Musikern auf der Bühne und schaffe es so, dass sich diese großen Hallen sehr klein und persönlich anfühlen und die Show die Leute wirklich hineinzieht.

Spielen Sie noch gelegentlich in kleineren Locations?

Als ich mein neues Album im März veröffentlicht habe, um die Songs auszuprobieren. Inzwischen bin ich aber mit Ed Sheeran in den Vereinigten Staaten unterwegs und spiele wieder größere Shows. Ich teste alles an den Amerikanern, damit ich weiß was ich tue, wenn ich zu den wichtigen Leuten nach Deutschland komme.

Ihre Single "Ok", die Sie mit Robin Schulz aufgenommen haben, war im Sommer ein großer Erfolg. Wie kam es zu der Kollaboration?

Ich habe den Song damals in einer ruhigeren Version geschrieben, die mir aber nicht wirklich gefallen hat. Aber Robin, der ein Freund von mir ist, mochte den Song. Also hat er ein bisschen an ihm herumgeschraubt und einen Hit für uns geschaffen. Jetzt rockt der Song. Auf Tour spiele ich aber wieder das Original, nicht Robins EDM-Version.

Auch einige Songs auf Ihrem neuen Album "The Afterlove" sind schneller und fröhlicher als Ihre alten Stücke. Sind Sie glücklicher als früher?

Es stimmt, dass manche Songs schneller sind. Aber eigentlich ist das Album nur abwechslungsreicher. Ein paar der neuen Songs sind sehr emotional und berührend, andere sind fröhlich und handeln von meiner Familie, andere sind traurig, weil ich von Menschen singe, die ich in den vergangenen zwei Jahren verloren habe.

Trotzdem ist immer noch einer Ihrer ersten Songs Ihr bekanntester - "You're Beautiful". Fühlen Sie sich von dem Song verfolgt?

Nein, ich liebe "You're Beautiful" oder auch "Goodbye, my Lover". Diese Songs wollen die Leute hören. Also spiele ich sie auch jetzt wieder, obwohl die Tour "The Afterlove Tour" heißt. Mir gefällt, dass ich in dem Konzert Songs von fünf Alben spielen kann.

Auf Twitter sind Sie inzwischen bekannt für Ihre Reaktionen auf negative Tweets.

Ich finde es komisch, dass wir uns immer auf ein oder zwei negative Aussagen stürzen. Jeden Abend kommen zehntausende Menschen zu meinen Konzerten, und trotzdem reden wir von den wenigen negativen Tweets. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass wir mehr auf die Leute achten, die etwas Gemeines sagen.

Wollen Sie etwas daran ändern?

Nein, so ist das einfach. Wenn man Musik macht, gefällt das manchen Leuten und anderen nicht. Ich habe wirklich Glück, dass ich viel positive Resonanz bekomme. Also freue ich mich einfach, dass die Leute zu meinen Konzerten kommen.

Es gibt immer mehr Promis, die sich auf Twitter politisch äußern. Kommt das für Sie auch infrage?

Ich schreibe lieber Songs darüber. Auf dem neuen Album ist ein Lied, das sich mit der Politik von Donald Trump beschäftigt. Und wie Politiker versuchen, uns gegeneinander aufzubringen. Musik bringt uns zusammen, das ist der Unterschied zur Politik. Ich singe auf der ganzen Welt vor völlig unterschiedlichen Menschen. Trotz ihrer Unterschiede weckt Musik die gleichen Emotionen in ihnen. Deshalb ist es so besonders, Musik live zu spielen.

Fühlen Sie selbst auch eine politische Verantwortung?

Nein, ich bin für niemanden ein Vorbild. Ich stehe nur auf der Bühne und singe vor Fremden, die Schulter an Schulter nebeneinander stehen. Ich habe sehr viel Glück, dass ich das tun darf. Ich finde, das sollte man feiern.

James Blunt, Freitag, 13. Oktober, 20 Uhr, Olympiahalle

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Quelle:
SZ vom 13.10.2017
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