25 Jahre Privatfernsehen:Kinder, wie die Zeit vergeht

Moderationstalent Reinhold Beckmann schmiss sich an die Fußballfans "ran" und irgendwann kletterten Menschen in einen Container. Die Highlights aus 25 Jahren Privatfernsehen in Bildern.

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Potofski, dpa

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Im Roman des Schriftstellers George Orwell steht 1984 für Schreckliches, aber was tatsächlich vor 25 Jahren nach Deutschland kam, war das Privatfernsehen, das von Orwell später den Namen Big Brother für eine Container-Show klaute. Das werbefinanzierte TV verdankt sich den Unionsländern. Im Jahr 1984 verspricht es ein Businessmodell und neue politische Meinungsmacht gegen das öffentlich-rechtliche Sendersystem. Vom Plan blieb vor allem der Unterhaltungsfaktor. Ein Rückblick.

"Anpfiff" mit Uli Potofski

Die Frisur war verwuschelt, irgendwie fühlte man sich an die Muppet Shows erinnert, doch es war der große Einbruch des Privatfernsehens in eine öffentlich-rechtliche Domäne: RTL zeigte von 1988 bis 1992 die aktuelle Samstags-Zusammenfassung der Fußball-Bundesliga. Mit den Millionen des RTL-Gesellschafters Bertelsmann war das möglich - und Potofski, der Wuschel-Moderator, lächelte schön dazu.

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"ran" mit Reinhold Beckmann

Als RTL von der teuren TV-Bundesliga genug hatte, wollte der Konkurent noch höher hinaus. Sat.1 warb aus den Reihen der ARD das Talent Reinhold Beckmann ab und vertraute ihm die neue Fußball-Bundesliga-Sendung an. Sie war erstmals so etwas wie eine richtige Show, ja, in einer Saison durften die Moderatoren sogar die große Showtreppe hinunter steigen wie früher der große Lou van Bourg bei der Sendung "Der Goldene Schuss". Die Sat.1-Sendung warf sich richtig ran an die Zuschauer, und folglich hieß sie auch so: "ran".

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"Kerner" mit Johannes B. Kerner

Bei "ran" beförderte auch Johannes B. Kerner seine Karriere erheblich. 1992 vom Sender Freies Berlin als TV-Sportreporter zu SAT.1 gestoßen, stieg er bei dem Privatsender kometenhaft auf. Bereits in seiner ersten Sendung bewies der junge Moderator große Souveränität, als er - nachdem sämtliche Leitungen zusammengebrochen waren - ungerührt und mit Witz weitermoderierte. 1996 debütierte Kerner dann auch als Talker. Mit seiner Show "Kerner" zeigte er sich in Gesprächsrunden um Neurosen, Beziehungskisten und Alltagsprobleme als stets um Harmonie bemühter Diskussionspartner. Der damalige SAT1-Programmchef Fred Kogel hatte noch Großes vor mit dem blonden Sonnyboy, doch der wollte nach fünf Jahren weg vom Privatfernsehen und wechselte 1997 lieber zum ZDF. Das SAT1-Angebot an Abend-Unterhaltungssendungen sei für ihn nicht attraktiv genug gewesen, ließ Kerner offiziell verlauten.

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"Tutti Frutti" mit Hugo E. Balder

Das sogenannte Länderquiz hat keiner verstanden. Aber es ging ja auch nicht um Geographie-Kenntnisse bei "Tutti Frutti", auch nicht um gesunde Ernährung, sondern vielmehr um die simple Tatsache, dass gut gebaute Frauen ihre Brüste enthüllen. Das alles war farbenprächtig und für RTL sehr kostengünstig. Die Sache brachte Aufmerksamkeit und mitten drin im bunten Geschehen stand der moderierende Allrounder des Untrerhaltungsgeschäfts, der zerknitterte Hugo E. Balder mit seinem großen Früchte-Lächeln.

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"Talk im Turm" mit Erich Böhme

Der Sonntag ist fernsehtechnisch schon seit Jahrzehnten "Tatort"-Revier. Aber danach, nach 21.45 Uhr, wenn der Mörder ermittelt ist, da gab es wenig, an dem sich der Zuschauer festhaken konnte, bis er schließlich vom Schlaf übermannt ins Bett ging. Das änderte sich, als Erich Böhme kam und bei Sat.1 das Genre der politischen Talkshow etablierte. Heute ist das kaum mehr vorstellbar, dass ein langjähriger Spiegel-Chefredakteur im Privatfernsehen mit Gästen über aktuelle gesellschaftliche Themen plaudert. Aber das gab es wirklich, und von manchen Sendungen hätten Sabine Christiansen und Anne Will im Ersten prima lernen können.

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Margarethe Schreinemakers mit "Margarethe Schreinemakers"

So etwas gab es nicht einmal im internationalen Fernsehen: Eine Frau, die zur besten Sendezeit mit irgendwelchen Zeitgenossen plaudert und plaudert, die über Stunden hinweg Schicksale und Sensationen präsentiert und ihrem Sender Spitzenquoten beschert. So war das mit Margarethe Schreinemakers auf Sat 1, und der Erfolg war so groß, dass RTL-Chef Helmut Thoma von der "Königin der Long-Talkshow" sprach und sie für viel Geld zu sich holte - doch ein Steuerskandal legte die Dame ziemlich lahm.

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"Big Brother", der Menschen-Zoo

Die Idee hatte John de Mol, der Gott-sei-mit-uns des Privatfernsehens, der rasende Holländer, der mit seiner Firma Endemol ein Format nach dem anderen ausspuckte, bis schließlich der Leben gewordene Menschen-Zoo herauskam: "Big Brother". Hier werden unbekannte Zeitgenossen wochenlang unter Kamerabeobachtung gesetzt mit der Folge, dass die Öffentlichkeit alles mitbekommt, das Fluchen, die Witze, die Berührungen. In den Niederlanden wurde die Show ausprobiert und löste große Proteste aus. Das half nichts, sie kam auch nach Deutschland. Nachdem die großen Privatsender der ersten Generation abgewunken hatten, ließ sich mit RTL 2 ein kleiner Sender der zweiten Generation darauf ein. Das brachte anfangs gute Quoten und viel Geld, doch inzwischen ist "Big Brother" auch ökonomisch nur ein "Little Brother".

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Late-Night-König Schmidt

Anfangs war die Skepsis groß, ob das wirklich gut geht mit Harald Schmidt in der Rolle des täglichen Late-Night-Moderators auf Sat.1. Ein deutscher David Letterman? Schmidt hat etwas gebraucht, um zu eigener Form zu finden, doch als er das Letterman-Mäßige abgelegt hatte, lief es ganz gut für den Entertainer, der eine Band, Gäste, Chinesen, einen falschen Bundestagsabgeordneten und viele mhr integrierte und mit Playmobil-Figuren Theaterstücke nachspielen ließ. Nach ein paar Jahren hatte Schmidt genug von der nächtlichen Front und wechselte lieber zur ARD, die auch für weniger Präsenz gut zahlt.

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"Peep" mit Verona Feldbusch

Im Privatfernsehen zählte die schöne Oberfläche, der Charme der Nicht-Bildung und ein Hauch Erotik. Das alles brachte die Hamburgerin Verona Feldbusch (heute: Pooth) perfekt ein, die bei RTL 2 das Lifestyle-Magazin "Peep" moderierte. Sie piepste sich so erfolgreich druch ihre persönliche Peep-Show, dass sie später beim großen Schwestersender RTL sogar die eigene Show "Veronas Welt" bekam. Natürlich half ihr auch die Teilzeitehe mit dem Pop-Unternehmer Dieter Bohlen bei der Karriere. Noch heute ist Verona gern gesehener Gast auf Galas, auch wenn sie in letzter Zeit ohne ihren Mann, den Pleiteunternehmer Franjo Pooth, erscheint.

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"GZSZ" mit Jeanette Biedermann

Den privaten Sendern haben die Deutschen die Erkenntnis zu verdanken, dass sich die komplexe Welt auf mehrere hundert Quadratmeter Sperrholzkulisse reduzieren lässt. Man nehme: junge, hübsche Schauspieler, Dialoge aus dem Alltag, nicht allzuviel Handlung, ein bisschen Romanze und ganz viel Eifersucht, und lasse das Ganze täglich spielen. So wurde "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" (längst markentechnisch zu "GZSZ" veredelt) zur Mutter aller Daily Soaps - und das Sternchen Jeanette Biedermann stieg aus der Sperrholzkulisse zur gut beschäftigten Fachkraft im deutschen Entertainment auf.

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"Wer wird Millionär" mit Günther Jauch

Die Frage, wer Millionär wird, hat Günther Jauch für sich schon lange beantwortet. Es ist schon einige Jahre her, dass der gelernte Journalist mit der etwas biederen Wirkung die erste Million vereinnahmen konnte. Gelernt hat er beim Bayerischen Rundfunk, doch das Privat-TV bot die Chance, als Macher von "stern-TV" auf RTL groß herauszukommen. Als dort ein Skandal um gefälschte Filme hochkam, hatte Jauch mit der ganzen Sendung praktischerweise nicht so viel zu tun. Er machte weiter Karriere und übernahm das Quizformat "Wer wird Millonär?". Hier läuft er mit Stirnkräuseln und Jungenlächeln zur Höchstform auf. Nur eine politische Talkshow blieb Jauch, dem Millionär aus Potsdam, bislang versagt.

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Wigald Boning und Olli Dittrich mit "Samstag Nacht"

Das ganze politische Kabarett, so etwas wie "Scheibenwischer", das war nichts für die kommerziellen Sender. Aber Comedy, gehaltvolles Blödeln für die Jungen, das passte gut ins Konzept. Und so wurde RTL zum Pionier und leistete sich viele Jahre lang mit "Samstag Nacht" ein starkes Stück Unterhaltung. Wigald Boning und Olli Dittrich wurden dadurch bekannt, und beuten ihren Ruf seitdem in vielen Formen aus. Boning als Buchautor und Mann von "Clever" auf Sat.1, Dittrich mit "Dittsche" in der ARD.

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Werner Schulze-Erdel mit "Ruck Zuck"

Es musste von Anfang an viel gespielt werden im privaten Fernsehen, denn das ist a) billig und macht b) allen Spaß. Als Prototyp darf die Show "Ruck Zuck" auf Tele 5 gelten, einem Sender, der schon vor 25 Jahren dabei war, dann zwischenzeitlich ins DSF umgewidmet wurde, ehe er dann vor einigen Jahren einfach als Tele 5 neu startete. Das ging ruck-zuck, genau wie der Aufstieg der Show mit Werner Schulze-Erdel, dessen Lächeln so unwiderstehlich war.

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"Richterin Barbara Salesch"

Irgendwann hatten die Leute genug mit den Bekenntnis-Nachmittags-Talkshows der Arabella Kiesbauer und des Johannes B. Kerner. Da kam eine aus den USA importierte Idee gerade recht: Die Fernsehgerichtsshow. Sie hat den Vorteil, dass sich hier der gleiche Quatsch wie bei Arabella erzählen lässt - nur noch deftiger und frivoler. Es wirkt, dank der Kulisse des Gerichtssaals und einer temperamentvoll-ausgeglichenen Richterin, ja alles irgendwie echt. So hat es die Juristin Barabara Salesch auf Sat.1 zu Ruhm gebracht.

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Stefan Raab als Samstagsabendstar

Das Genre der großen Samstagabendsshow galt als dem Tode geweiht. Sicher, im ZDF versucht Thomas Gottschalk ("Wetten, dass...?") seit Jahren, dem Zahn der Zeit zu trotzen. Doch eine wirkliche Belebung gelang erst auf Pro Sieben, dem Spielfilm- und Seriensender, der dem bei Viva sozialisierten Wort- und Spaßkünstler Stefan Rabb die tägliche Sendung "TV Total" gab. Hier übte Raab weiter - und legte dann mit bunten Abenden am Samstag los, bei denen er zum Beispiel in mehreren Disziplinen gegen einen Wettbewerber antritt. So entstand "Schlag den Raab!", eine Ego-Show über mehr als vier Stunden, nach denen erstaunlicherweise oft der gewichtige Gastgeber als Sieger feststeht.

Foto: ddp Texte: jja/pak/mel

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