Italo-Pop:Spaghetti Carbonara! Meeresduft! Sommerliebe!

Gianna Nannini

Janis Joplin zum Vorbild: die italienische Sängerin Gianna Nannini.

(Foto: dpa)

Zwischen Sehnsuchtsort und Urlaubsklischee: Italo-Pop ist Herzensmusik. Zum 60. Geburtstag von Gianna Nannini offenbaren wir unsere liebsten Hits.

Gianna Nannini: "Voglio il tuo Profumo"

Das verstehen wir: Ich will dein Parfum. Die Sängerin will unbedingt wissen, welches Parfum ihre beste Freundin benutzt, damit sie auch so gut duftet. Sie will es ihr aber nicht verraten. Alternative: Die Sängerin will ihrem Geliebten, bevor er zur Arbeit geht, das After Shave abschwatzen, um die Trennung bis zum Abend besser zu verkraften.

Darum geht's wirklich: Ich brauche/ will deinen Geruch. Die Sängerin will diesen Duft verinnerlichen - und steht im Übrigen auf Frauen.

Perfekt für neckische Spiele zwischen Schlafzimmer und Bad, wenn einer von beiden (nach dem Sex oder nach dem Sport) endlich gerne duschen würde.

Violetta Simon

Domenico Modugno: "Nel blu dipinto di blu"

Das verstehen wir: Bierzelt. Volaaaaaare, ooooooh oooooh, cantaaaaaaaare, ooooohooooo, bla bla blaa bla bla blaa bla bla blaaaaa...

Darum geht's wirklich: Klar, ums Fliegen, um die Liebe, die blauen Augen. Aber auch: ums Träumen und um eine Sehnsucht, die weit mehr ist, als die nach der nächsten Mass Bier. Von einem Traum ist die Rede, der so nie zurückkehren wird, ein Traum, in dem man alles hinter sich lässt. Die Erde verschwindet langsam, langsam tief unten, und es geht unendlich weiter ins "blu dipinto di blu", ins "in Blau gemalte Blau" (so der eigentliche Titel des Liedes), und da muss man jetzt wirklich kein Romantiker sein, um das poetisch zu finden. Klar, am Ende kommt die irdische Einlösung des Versprechens: die Geliebte mit den blauen Augen. Langweilig. Aber da kann man sich ja dann auch einfach weiter "bla bla bla" denken.

Perfekt für Tage, an denen es zuviel wird und man wirklich allem entfliehen möchte. Und für Boybands, die die maximale Gefühlsgestik einstudieren wollen, aber das ist ein anderes Thema.

Elisa Britzelmeier

Zero Assoluto: "Per Dimenticare"

Das verstehen wir: Italo-Pop-Beats vermitteln das Gefühl, auf einer Vespa durch die Gegend zu düsen. Idealerweise im Sommer, bei Sonne und ein bisschen Wind im Haar.

Darum geht's wirklich: Die Ex heiratet. Wer würde da nicht fliehen (oder auf jeden Fall alles, um "zu vergessen", so der Songtitel)?

Perfekt für den schlimmen deutschen Nieselregen - dieser Song holt den Sommer zurück!

Carolin Gasteiger

Gino Paoli: "Sapore di Sale"

Das verstehen wir: Sale und mare und unbeschwerte Tage am Strand.

Darum geht's wirklich: Um was wohl? Amore!

Perfekt für die letzte Kurve nach dem letzten Hügel, für den Moment, wenn man nach hunderten Kilometern Autofahrt zum ersten Mal das Meer erblickt - und sich auf die kommenden Tage Dolce Vita freuen kann.

Michael Neißendorfer

Paolo Conte: "Via con me"

Das verstehen wir: "It's wonderful, it's wonderful" heißt es im Refrain - aber die Melodie ist irgendwie auch traurig, wehmütig. Klar, wirklich schöne Lieder müssen immer ein wenig traurig klingen, wie alles Schöne auch immer ein bisschen Wehmut in sich trägt!

Darum geht's wirklich: Um Alltagsflucht ("Weg, weg, komm weg von hier. Nichts hält dich mehr an diesem Ort, nicht einmal diese hellblauen Blumen") und natürlich eine neue Liebe, Risiko inklusive ("Weg, weg. Komm mit mir, steige ein in diese ungewisse Liebe, verpass das nicht, für nichts auf der Welt").

Perfekt für Pasta kochen und dabei zu viel Rotwein trinken, gerne alleine und an einem Regentag. Das hat auch damit zu tun, dass das Lied eine wichtige Rolle im wundervollen Film "Bella Martha" spielt, in dem es um eine sozial ziemlich schwer vermittelbare Köchin geht.

Hannah Beitzer

Alice: "Per Elisa"

Das verstehen wir: Aufgrund von Kindheitsurlauben am Atlantik statt an der Adria leider kein einziges Wort. Außer vielleicht den Titel. Aber auch da ist kaum mehr als eine dumpfe Ahnung, dass "Für Elise" auf dem Klavier irgendwie irgendwie anders klang.

Darum geht's wirklich: Eifersucht. Ein klassischer Diss-Track, wie man im Rap sagen würde. Er hat eine Neue (Elisa), sie sagt ihr die Meinung.

Perfekt für Überraschungsmomente auf der Youtube-Party-Playlist. Und als Beweisstück, dass Italo-Pop nie besser als in den Achtzigern war.

Julian Dörr

"Niemand kann das bezahlen"

Nek: "Laura non c'e"

Das verstehen wir: "Lauter Doofe, niemand gescheit" (1:30). Und später: "Niemand kann das bezahlen" (0:27). Die Sätze sind leider seit dem "Agathe Bauer"-Quatsch von Bayern 3 bei diesem Lied in mein Hirn eingebrannt. Ich kann nur noch das mitsingen. Ansonsten verstehe ich irgendwo, dass irgendwas offenbar sehr schwierig ist (difficile). Wahrscheinlich mit einer Laura. Und am Anfang ist er ein Idiot (schifo!). Wahrscheinlich deshalb später die Komplikationen. Oder weil er nie irgendwas bezahlen kann. Und es gibt einen geil spacigen Instrumentalteil.

Darum geht's wirklich: Das musste ich erst googeln. Recherche sagt: Laura ist wohl weg - und das ist nicht gut.

Perfekt für 90er-Partys und Partys zuhause, lange Küchenabende, alles, wo irgendwann auch die Backstreet Boys laufen - aber erst wenn schon allen egal ist, dass sie den Text nicht kennen, können oder verstehen.

Tanja Mokosch

Jovanotti: "A te"

Das verstehen wir: Jovanottis Schmachtfetzen lässt keinen Spielraum: Es geht um die eine, die große, die echte, die wahre Liebe.

Darum geht's wirklich: Jovanottis Ehefrau. Manche munkeln aber auch, es gehe um die Liebe zur Musik.

Perfekt für jeden Moment. Aber Vorsicht: Dieser Song lässt Tränen kullern!

Carolin Gasteiger

Antonello Venditti: "Roma Capoccia"

Das verstehen wir: Muss schön sein, die Stadt zu lieben, aus der man kommt, und dann auch noch ihren verrückten Dialekt zu sprechen.

Darum geht's wirklich: Rom ist die schönste Stadt der Welt, wo die Sonne wie eine Orange über den sieben Hügeln steht.

Perfekt, um Italiener damit beeindrucken zu wollen, dass man dieses Lied kennt, und dann von ihnen ausgelacht werden.

Esther Widmann

Spliff: "Carbonara"

Das verstehen wir: Eine Supersause! Das Lied stammt aus dem Jahre 1982, da war ich 13 Jahre alt und die Welt stand mir offen. Ein Lebensgefühl wie eine Mischung aus Sonnenbräune, langen Haaren und Spaghetti - überall. Ein Lied von Spliff, einer Gruppe, von deren Mitgliedern mit Sicherheit niemand Italienisch kann. Doch mit diesem Lied konnte man es plötzlich. Und irgendwie reicht der Wortschatz bis heute.

Darum geht's wirklich: Um meine bis heute einzigen Sätze Italienisch, die ich jedes Mal bei einem Italienbesuch in einem Restaurant anwende, schon allein weil sie soooo schön klingen: Carbonara i una coca cola. Also eigentlich um: Lul und lal. Tatsächlich variiere ich das bei einem längeren Italienaufenthalt auch um una Pizza oder una Spaghetti Bolognese.

Perfekt für Achtzigerjahre-Feten, laue Sommerabende auf einer Piazza, Strandgelümmel und Erinnerungen an den ersten Schwarm, der meines Erachtens Jeannette hieß und wundervolle lange blonde Haare hatte.

Lars Langenau

Jovanotti: "Serenata Rap"

Das verstehen wir: "Serenata rap, serenata metropolitana, serenata rap - amore mio!" Mehr nicht. Italienischer Rap ist schwierig zu verstehen, vor allem, wenn man nie über den Grundwortschatz herausgekommen ist.

Darum geht's wirklich: Im 90er-Jahre-Video sitzt einer, der aussehen will wie ein Musiker (Indie-Mütze), aber als Bauarbeiter Geld verdienen muss, auf einem Stahlträger, der an einem Kran über der Beton-Vorstadt baumelt. Aber er hat einen Blumenstrauß in der Hand und Leichtigkeit im Herzen und eigentlich will er nur mit una canzone der ganzen Welt rappen, dass er total verknallt ist.

Perfekt für warme Abende auf der Piazza Navona in Rom, im Lounge Chair, einen Aperol Soda in der Hand und den Stadtstaub auf der Haut. Geht auch für die Hinfahrt auf der Vespa. Dann aber Augen auf lassen.

Dorothea Grass

Francesco Guccini: "Bologna"

Das verstehen wir: Als ich das Lied das erste Mal hörte, nicht mehr als "Bologna", aber das reichte ja auch schon, um euphorisch zu sein. Schließlich sollte ich in dieser Stadt für eine Weile leben und wie kann man sich besser darauf einstimmen als mit italienischen Liedzeilen. Zum Abschied aus Deutschland überreichte mir eine gute Freundin glücklicherweise ein schmales Buch, in roten Leinen gebunden. Der Titel: "Bologna und Emilia-Romagna - eine literarische Einladung". Gleich auf den ersten Seiten fand ich das Lied wieder, diesmal auf Deutsch übersetzt: "Bologna ist Klein-Paris, Märkte, Bistros, ein Hauch von Rive Gauche, wo Sartre salbungsvoll Reden schwingt." Wenige Monate später verstand ich dann nicht nur die italienischen Verse im Original, sondern vor allem: Guccini beschreibt die Stadt so gut wie niemand anderer. Er besingt all das, was Bologna ausmacht. Die linke Bohème und die Revoluzzer, die Villen und den Schmuck, die Märkte und Bistros.

Darum geht's wirklich: Bologna, wirklich nur Bologna.

Perfekt für Besuche in der Emilia-Romagna - und ebenso perfekt in Momenten, in denen einen die eigene Stadt schwermütig macht.

Pia Ratzesberger

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