Israel:"Haben die Araber wirklich so einen großen Einfluss?"

Israel: Mit seinem Bericht trat Claude Lanzmann eine Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken los.

Mit seinem Bericht trat Claude Lanzmann eine Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken los.

(Foto: AFP)

"Shoah"-Regisseur Claude Lanzmann behauptet, ein Berliner Hotel habe Israels Vorwahl von der Telefonliste gestrichen - auf Bitten arabischer Gäste. Was das Hotel und Touristen dazu sagen.

Von Sofia Glasl und Thorsten Schmitz

Die Nachricht klingt, als würde sie alle Befürchtungen über die bevorstehende Islamisierung bestätigen. Der französische Regisseur Claude Lanzmann, dessen berühmtestes Werk der zweiteilige Dokumentarfilm "Shoah" ist, berichtete in der FAZ über ein beunruhigendes Erlebnis: Er habe im Berliner Hotel Kempinski auf der Ländervorwahlliste in seinem Zimmer die Nummer Israels nicht finden können. Ein Mitarbeiter des Hotels habe ihm daraufhin gesagt, Israel sei gestrichen worden - auf Wunsch der arabischen Gäste.

Twitter und Facebook liefen binnen Stunden heiß. Das Hotel veröffentlichte eine erschrockene Erklärung: Es gebe "keine Anweisung seitens der Hoteldirektion und auch nicht von der Kempinski AG, die israelische Vorwahl nicht in die Ländervorwahlliste aufzunehmen", hieß es. Die Länderliste umfasse ohnehin nur 35 der weltweit 193 Vorwahlen. Eine E-Mail des Kempinski-Marketings ergänzt kurz darauf: "Es gab keinen dezidierten Grund, dass das Land Israel auf der Liste nicht benannt war und wir haben die Vorwahl selbstverständlich ergänzt."

Im Restaurant des Kempinski sitzen Ruth und Schmuel Levanski. Seit drei Tagen sind sie in Berlin. Gesehen haben sie so ziemlich alles, was mit dem Holocaust zu tun hatte, das Mahnmal im Tiergarten, das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen, das Gleis 17 in Wannsee, von dem aus die Juden Berlins in die Vernichtungslager deportiert wurden. Vor gut einer Stunde haben sie von Lanzmanns Artikel erfahren. Ihr junger israelischer Reiseführer hat sie am Morgen angerufen. Sein Freund arbeitet beim israelischen Fernsehen, er habe gesagt, heute Abend werde in den Hauptnachrichten über Lanzmanns Erzählung berichtet.

Am Donnerstagnachmittag veröffentlicht der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman in Berlin schon mal eine Stellungnahme: "Wir waren entsetzt und erschüttert über den Vorfall. Es ist an sich schon eine große Schande. Dass es sich aber in Deutschland ereignet hat und gerade in dieser Hotelkette, ist eine noch größere Schande. Das bedarf keiner Erklärung. Wir erwarten, dass die Leitung des Hotels die richtigen Konsequenzen zieht."

Und wenn aber wirklich nicht alle Länder aufgelistet waren?

"Sagen Sie", fragt Schmuel Levanski, "haben die Araber bei Ihnen in Deutschland wirklich so einen großen Einfluss?" Wenn es stimme, dass es nur Zufall sei, dass Israels Vorwahl in den Telefonlisten des Kempinski nicht aufgelistet ist, "brauchen wir uns ja keine Sorgen machen", sagt er. "Aber was, wenn das kein Zufall ist?"

Anfrage in anderen Luxushotels. Die Sprecher äußern sich mit größter Vorsicht, einige gar nicht. Viele betonen, dass alle Gäste willkommen sind, dass eine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Gruppen nicht gebilligt werde. Das Berliner Hotel Adlon verweist als Teil der Kempinski Hotelgruppe an die zentrale Pressestelle. Das Hotel Bayerischer Hof in München möchte sich zu dem Vorfall ebenso wenig äußern wie das Hotel Königshof. Das Münchner Hotel The Charles teilte zur Telefonliste mit, darauf seien überhaupt keine Ländervorwahlen verzeichnet. Im Café des Kempinski in Berlin sitzen ein Vater und sein in der Stadt studierender Sohn, beide stammen aus dem Oman. Dass Israels Vorwahl in der Telefonliste des Hotels bislang nicht auftaucht und dies aufgebrachte Diskussionen ausgelöst hat, davon erfährt der Vater erst im Gespräch. Er wisse von Hotels in der Schweiz etwa, die darauf achteten, dass "die Gefühle von Arabern nicht verletzt" würden. Er selbst hat "nichts gegen Israel", sagt er: "Dort gibt es doch auch gute Menschen."

Anm. d. Red.: Wie die FAZ in ihrer Freitagsausgabe berichtet, hat das Kempinski-Hotel Israels Vorwahl inzwischen wieder auf die Telefonliste genommen. "Es habe 'keinen dezidierten Grund' für die Nichtnennung Israels gegeben, man habe aber 'die Vorwahl selbstverständlich ergänzt.'"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: