Süddeutsche Zeitung

Ironie-Ausstellung:Kunst ist, wenn man trotzdem lacht

Lesezeit: 3 min

Witz, komm raus, du bist umzingelt: Unter dem Motto "Aus Ernst wird Spaß - das Ironische in der Kunst" versammelt eine Ausstellung in Berlin Bilder und Videos von Künstlern, die lustig sein sollen. Das glückt nicht immer. Aber wenn, dann richtig.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

"Bin arm" - mit diesen Worten begrüßt den Besucher die Ausstellung am Rosenthaler Platz in Berlin. Nur diese beiden Begriffe, auf weißem Untergrund. An sich noch kein Grund zur Erheiterung, im Gegenteil. Die Kunst ist - oft sehr zu Unrecht - in vielen Fällen leider eine brotlose, das Künstlerdasein meist alles andere als ein Zuckerschlecken.

Aber: Dadurch, dass der Künstler, Sebastian Rogler, diese erst mal aktualitätsbezogene Zustandsbeschreibung auf ein Emailleschild geschrieben hat, wird sie zu einer ehernen Aussage. Und damit lachhaft. Denn niemand kann heutzutage sagen, ob er, einmal arm, für immer arm bleiben wird. Das Schild aber manifestiert die Aussage zur Allgemeingültigkeit - und verschiebt damit die Intention ein kleines Stück in Richtung Unsinn. Was einigermaßen lustig ist.

Ironie ist nicht automatisch verständlich

Ein gelungenes Beispiel für Ironie, die der Deutsche Künstlerbund in seinem Projektraum mit der Ausstellung "Aus Ernst wird Spaß - das Ironische in der Kunst" zeigen will, denn: Der Betrachter muss lachen. Ob er will oder nicht. "Ironie ist unterhaltsam, politisch, macht Spaß, regt zum Denken an, verändert, setzt in Erstaunen und zwingt zum Lachen. Ohne Ironie wäre das Dasein einfach nicht zu ertragen!", postuliert der Künstlerbund vollmundig. Allein: Das stimmt nur zum Teil.

Nicht jeder versteht Ironie, nicht jedem gibt sie das gleiche, und was ironisch sein will, funktioniert auch nicht bei jedem. Die Ausstellung zeigt das ganz gut - wenn auch manchmal ungewollt.

Etwa ein Drittel der rund 120 Exponate ist nur grenzwertig komisch. Wenn überhaupt. Fünf übereinander gespickte plattgefahrene Frösche etwa, drei zusammengeknüllte Papiertüten mit der Aufschrift "Alles wird gut" oder die Zurschaustellung eines nackten Hintern, diese drei Arbeiten mögen zwar auch ironisch intendiert sein - aber sind sie deshalb bemerkenswert? Nicht unbedingt. Andere erschließen sich ohne die ironische Intonierung beim Sprechen oder ohne weitere Erläuterung erst einmal gar nicht.

Wieder andere Exponate sind ganz lustig, ein paar echte Perlen sind auch dabei. Für sie lohnt sich der Besuch.

"Ist das der große Wurf?" fragt ein Bild von Ingke Günther den Betrachter, die Worte sind aus Papier geschnitten. "Nein, aber das macht nix", antwortet es zugleich. "Er lebte bis zu seinem Tod", leuchtet es an anderer Stelle in roter Schreibschrift aus der Hand von Hildegard Skowasch von der Wand. Auch überzeugend. Christo trägt in einer aktuellen Zeichnung des Karikaturisten Peter Gaymann seine Frau und Muse Jeanne Claude huckepack über der Schulter - verschnürt und eingepackt. Sie zischt: "Ich hasse dich!"

Manches geht über einen schnellen Gag nicht hinaus. Anderes ist tiefgründiger - und damit punkten in dieser Ausstellung erstaunlicherweise vor allem die Videos. "Sorry curator, I never meant to hurt you. I never meant to make you cry, but tonight I'm cleaning out my concept", singt etwa die Künstlerin "annette hollywood" nach der Melodie von Eminem im Rap-Style, im Video mit wenigen Kunstgriffen und Sonnenbrille mal als Künstler verkleidet, mal als Kurator. Zwischen den beiden entsteht ein Wortkampf über das, was Kunst eigentlich sein soll - und was aus ihr gemacht wird.

Was Kunst eigentlich soll

Richtig witzig ist ein Video von Herbert Wentscher, das nur ein Räucherstäbchen bei der Arbeit zeigt. Im Hintergrund verliest eine Stimme einen derart urkomischen Text über das Wesen des Meditierens und der allzu naiven Hingabe an die Esoterik, dass es eine helle Freude ist. Kostprobe: "Ab und zu ein Mantra singen, kann ich Stunden so verbringen/War ich vorher noch bedrückt, bin ich jetzt schon fast entrückt/Wenn die Glöckchen leise klingen, höre ich den Kosmos schwingen/Was gibt's schöneres zu tun, als in der Versenkung ruh'n?".

Auch ein bisschen politisch oder ansatzweise bissig wird es hier: "Wir sind Friedensnobelpreisträger 2012", ist ein Foto von Rainer Görß und Ania Rudolph unterschrieben, das einen Obdachlosen mit Plastiktüte beim Müllsuchen in der U-Bahn-Haltestelle zeigt, daneben ein derart demolierter EC-Automat, dass es tatsächlich aussieht wie im Krieg. Und Martin A. Dege gelingt mit einer per Foto dokumentierten Installation zur Krise, die in der Sonne schmilzt, eine gelungene Parodie auf die Gutgläubigkeit gegenüber Dax und Wirtschaft.

Abgesehen von diesen Perlen: Womöglich hätte es der Ausstellung geholfen, weniger Exponate und davon nur die treffenderen zu zeigen. Für das Nachdenken über Ironie an sich allerdings kann sie hilfreich sein. Auch, um zu merken, dass nicht alles, was ironisch gemeint ist, automatisch gut ankommt.

"Aus Ernst mach Spaß - Das Ironische in der Kunst", Rosenthaler Str. 11, Berlin, noch bis 14. Juni.

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