Interview:Till Brönner, Hollywood-Star des Jazz

Lesezeit: 2 Min.

Wunderknabe des Jazz: Till Brönner. (Foto: Andreas Bitesnich)

Der Trompeter hat eine Million Tonträger verkauft - eine gigantische Zahl für einen Jazz-Musiker. Doch in diesem Metier kann der Erfolg auch zum Hindernis werden.

Von Harald Hordych

Till Brönner eilt der Ruf eines Tausendsassas voraus. Jazz-Trompeter, klar, aber zugleich auch Musikproduzent, Moderator einer eigenen Radiosendung, Sänger, Fotograf. Damit ist er einer der wenigen Menschen, die vielfältiges Talent mit dem eher selten zu vergebenden Prädikat Wunderkind verbinden können. Denn das war Brönner auch schon. Allerdings in einer Disziplin, die den Nachteil mit sich bringt, als elitär und hermetisch verschlossen zu gelten: Jazz ist eine Musiksparte, die sich bei weitem nicht jedem erschließt.

Und das ausgerechnet der Wunderknabe an der Trompete irgendwann beschlossen hat, seine Musik für größere Publikumsschichten zu öffnen, das hat Brönner zwar große Erfolge auf dem CD-Markt, aber auch viel Kritik bei den selbst ernannten Experten aus der Jazz-Community eingebracht. Fahrstuhl- oder Kaufhausmusik würde er machen, allzu gefällig in die Pop-Ecke schielen, kommerziell denken, so lauten die gängigen Vorwürfe. Eine Million verkaufte Tonträger ist für einen Jazzer eine gigantische Zahl, aber sie ist für einen großartigen Musiker in diesem Metier auch eine Art künstlerischer Ballast.

"Die Ratschläge von betagten Jazz-Herren nahmen kein Ende"

Die Frage ist, wie sehr belastet das einen Mann, der in diesem Jahr als einziger Deutscher in einem All-Star-Jazzorchester im Weißen Haus auf Einladung der Obamas auftreten durfte? Der gleich für seine erste, mit 23 aufgenommene Solo-Platte "Generations of Jazz" den Preis der Deutschen Schallplattenkritik bekommen hat? Der mit 20 Jahren nach nur drei Semestern an der Musikhochschule Köln in die Rias Big Band aufgenommen wurde? "Die Ratschläge von betagten Jazz-Herren nahmen kein Ende. Ich war verletzt und dachte: Um Gotteswillen!", erzählt Brönner im Interview über die Herausforderung, ein Jazz-Musiker zu sein.

Es ist warm in Berlin. Und Brönner, der auch schon als Model gearbeitet hat und der auf seinen PR-Fotos nicht wie Till Brönner, sondern eher wie ein sehr guter Schauspieler aussieht, der einen Jazz-Musiker namens Till Brönner in einer sehr ordentlich Hollywood-Produktion darstellt, sieht genauso aus wie auf seinen Abbildungen: sehr gut und sehr freundlich. Man könnte Brönner für ein glattes Erfolgsmodell halten. Seine ausgeprägte Oberflächenwirkung wird tatsächlich in vielen Interviews so sehr thematisiert, dass er sich manchmal fragt, ob es nicht auch andere interessante Themen in Bezug auf seine Person geben könnte. Ja, die gibt es durchaus. Zum Beispiel die Frage, warum der private Brönner so gut wie nicht in den Medien vorkommt.

Was sich im Gespräch bald vor allem abzeichnet, ist ein überraschender Hang zur Melancholie und Brönners Unfähigkeit, sich aufzuspielen oder sich dem Gegenüber als wichtiger Protagonist einer doch sehr anspruchsvollen Musikerkaste zu präsentieren. Brönner, 45, spricht über Jazz wie andere Leute über ihr Auto, er macht keine große Sache daraus, etwas Alltägliches und Normales steckt hinter all seinen Erfolgen und eine große Liebe zum Detail. Brönner, in Viersen geboren, in Rom und Köln aufgewachsen, geht sehr normal mit seinem Ruhm um. Das Treffen findet in einem Lokal am Gendarmenmarkt statt, gleich ist Generalprobe und Brönner muss zwischendurch seinen Wagen umparken. Als er zurückkommt, hat er seine Trompete mitgebracht, sie glänzt und blinkt nicht, sie wirkt wie ein Gegenstand, der jeden Tag im Einsatz ist.

Im Interview erzählt Till Brönner, warum er ein Instrument spielen wollte, das wie ein Revolver aussieht und trotzdem die Zeit der Gesetzesbrecher im Jazz vorbei ist, warum er noch immer Angst vor dem Moment hat, wenn sein Solo beginnt, was Jazzer im Gegensatz zu Musikern aus dem klassischen Bereich machen können, wenn Ihnen ein Fehler unterläuft und warum es nichts bringt, zu Drogen zu greifen, wenn man den Jazz neu erfinden will.

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